Seit 50 Jahren erreicht Thekla Carola Wied („Ich heirate eine Familie“) als Schauspielerin im Fernsehen ein großes Publikum. Auf dem Erfolg wollte sie sich aber nie ausruhen. Mit 73 hofft sie auf mehr interessante Rollen für ältere Schauspielerinnen.

München - Thekla Carola Wied hofft mit 73 auf mehr interessante Rollen für ältere Schauspielerinnen. Das erste Mal stand sie vor einem halben Jahrhundert vor der Kamera: Im Spielfilm „Spur eines Mädchens“, der im Oktober 1967 ins Kino kam, war sie als psychisch kranke Studentin zu sehen. Ihr nächster Fernsehfilm „Was ich von dir weiß“ läuft am 28. August um 20.15 Uhr im ZDF.

 
Frau Wied, wie schafft man es, so lange kontinuierlich Erfolg zu haben?
Es gibt kein Rezept dafür. Vielleicht ist das Wichtigste, dass ich den Beruf nach wie vor liebe und dafür brenne. Ich hatte nie das Gefühl, ich hätte jetzt genug gespielt. Es ist immer die Sehnsucht da, etwas in mir zu entdecken und in andere Rollen zu schlüpfen.
Welche Rollen haben Sie am liebsten gespielt?
Das waren einerseits die Rollen in den Serien, die mir die Türen geöffnet haben und für die ich bis heute bekannt bin, wie „Ich heirate eine Familie“ oder „Wie gut, dass es Maria gibt“. Da wurde mein komisches Talent entdeckt. Aber auch die Charakterrollen und die dramatischen Rollen habe ich gerne auf der Bühne und der Leinwand gespielt. Mich erfüllt es schon, dass ich in eine mir ferne Figur einsteige und versuche, sie möglichst auszufüllen.
War es schwierig, von der Rolle, die Sie in „Ich heirate eine Familie“ verkörpert haben, loszukommen?
Es war nicht ganz einfach. Das ist klar, wenn man so geprägt ist durch eine Figur, die viele geliebt haben. Danach habe ich viele Angebote für ähnliche Rollen bekommen. Ich habe sie aber oft abgelehnt und zwischendurch immer wieder Theater gespielt. Ich wollte lieber einen Weg gehen, der mir selber spannend erscheint, als mich auf dem Erfolg auszuruhen.
Maria Furtwängler hat vor kurzem eine Studie vorgestellt, nach der es in Film und Fernsehen deutlich mehr Männer als Frauen gibt, vor allem mit steigendem Alter. Mussten Sie als Frau im Fernsehgeschäft mehr kämpfen?
Ich weiß nicht, wie Männer kämpfen müssen. Tatsache ist, dass es weniger ältere Frauen im Fernsehen gibt. Damit hat Frau Furtwängler absolut recht und es ist dankenswert, dass sie darauf aufmerksam macht. Ich sehe immer wieder wunderbare Alte-Männer-Rollen, aber wenige für Frauen, obwohl wir tolle ältere Schauspielerinnen haben. Es wäre also Zeit, daran etwas zu ändern. Am besten noch innerhalb der eigenen Lebenserwartung - die sollen sich beeilen (lacht).
Gibt es da eine konkrete Rolle, die Sie sich wünschen?
Die Rollen kommen auf einen zu. Wenn es eine wunderbare komödiantische Rolle ist, spiele ich die mit der gleichen Hingabe, wie eine ernste oder dramatische Rolle.
Gibt es Themen, die im Fernsehen öfter auftauchen sollten?
Gerade bei den öffentlich-rechtlichen Sendern sind die meisten Zuschauer älter, zwischen 50 und 80 Jahren, und die wollen natürlich auch ihre Themen sehen. Und davon gäbe es genug. Der Film, in dem ich vor drei Jahren gespielt habe, „Sein gutes Recht“, handelt zum Beispiel davon, was ein Mensch macht, wenn er allein ist und beginnt, dement zu werden.
Wie kommt es dann, dass solche Themen nicht so oft behandelt werden?
Man möchte junge Leute begeistern, junges Publikum haben. Ich denke, das ist der Grund..
Ihr nächster Film, „Was ich von dir weiß“ handelt von Menschen mit Lebenserfahrung, die viel mitzuteilen haben.
Ja, er ist nicht leicht anzusehen. Aber sehr lohnend. Es geht um ein Menschheitsthema schlechthin – unseren gebrochenen Umgang mit Wahrheit. Die Menschen können nicht mehr miteinander reden, ihre Probleme nicht mitteilen. Und irgendwann eskalieren natürlich die Lügen.
Wie schafft man es, als Paar zusammen glücklich zu bleiben?
Da gibt es kein Rezept, das muss jeder für sich selber entwickeln. Aber sicherlich nicht mit Sprachlosigkeit. Ich würde sagen, man schafft es nur mit der größtmöglichen Offenheit.
Wird die Angst vor Neuanfängen größer, je älter man wird?
Jeder hat bei einem Neuanfang zu kämpfen. Es ist schwierig, zu sagen, ich will in mir und mit dem anderen etwas verändern, auch wenn es weh tut. Für einen jungen wie für einen alten Menschen.
Was ist ihr nächstes Projekt?
Das ist diese etwas schrille schwarze Komödie mit Andrea Sawatzki. Ich bin im zweiten Teil bei „Von Erholung war nie die Rede“ eingesprungen, und nun gibt es einen dritten Teil. Der wird in Berlin im September gedreht. Ich spiele die Mutter, so eine muffige, freudlose Person.

ZUR PERSON: Thekla Carola Wied wurde 1944 in Breslau (dem heutigen Wroclaw) geboren und ist in Berlin aufgewachsen. Sie hat an der Folkwangschule in Essen Schauspiel studiert und anschließend an zahlreichen deutschen Bühnen gearbeitet. Auch als TV-Schauspielerin war sie schon bald ausgesprochen gefragt und hat in zahlreichen Serien von „Derrick“ bis „Schwarz Rot Gold“ mitgespielt. „Ich heirate eine Familie“ (1983-1986) machte sie bundesweit berühmt.