Thekla Schlör, die neue Leiterin der Göppinger Arbeitsagentur, sieht ihr Haus für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt. Bei der beruflichen Integration von Geflüchteten und Zuwanderern besteht aus ihrer Sicht allerdings noch Nachholbedarf.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Seit rund sechs Wochen führt Thekla Schlör die Geschäfte der Göppinger Arbeitsagentur. Die Nachfolgerin von Wilfried Hüntelmann hält das Feld in den Landkreisen Esslingen und Göppingen für weitgehend gut bestellt. Sie hat aber auch Bereiche ausgemacht, in denen es aus ihrer Sicht noch einiges zu tun gibt.

 
Frau Schlör, gab es keine spannendere Aufgabe für Sie, als ausgerechnet die Leitung des properen Arbeitsagenturbezirks Göppingen zu übernehmen?
Ehrlich gesagt nicht. Ich hatte schon viele Funktionen in der Bundesagentur für Arbeit und habe mich ganz bewusst für die Leitung einer Arbeitsagentur entschieden. Ich bin ein Fan der Basisarbeit: für die Menschen in der Region, für die Betriebe und mit den Netzwerkpartnern. So intensiv wie als Agenturleiterin geht das in kaum einer anderen Funktion.
Aber das Feld ist doch eigentlich bestellt: Die Arbeitslosenquote befindet sich im permanenten Sinkflug, die Maßnahmen zur Vermittlung und Qualifizierung der Arbeitssuchenden laufen. Wo sehen Sie da die Herausforderungen?
Der Agenturbezirk Göppingen hat mit den beiden Landkreisen zwei Gesichter. Der Esslinger Landkreis ist eher städtisch geprägt, der Göppinger ein bisschen ländlicher. In den verschiedenen Strukturen stecken unterschiedliche Herausforderungen. Gemeinsam ist und bleibt, die Entwicklungen am Arbeitsmarkt frühzeitig zu erkennen und jederzeit handlungsfähig zu sein.
Sie sind seit gut einem Monat in Göppingen. Wie schätzen Sie die vorhandenen Netzwerke und Kooperationen ein, auf die Sie ja als neue Agenturchefin zurückgreifen müssen?
Mein Eindruck nach ersten Gesprächen und Begegnungen ist, dass es ein vitales und gutes Netzwerk gibt. Die Zusammenarbeit ist sehr intensiv. Das bestätigen mir auch die Partner und meine Mitarbeiter.
Was ist der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Das Thema Fachkräftesicherung in allen Facetten. Dazu zählt die Begleitung von Menschen zu einem Berufsabschluss, die Erwerbstätigkeit von Frauen, das Qualifizieren von Bewerbern aus anderen Ländern – und die Zuwanderung. Am besten wäre es, die Leute schon in ihrem Heimatland durch Deutschkurse und die Anerkennung von Berufsabschlüssen für eine Tätigkeit hier bei uns vorzubereiten. Das läuft bisher noch nicht gut. Und damit meine ich nicht nur Geflüchtete, sondern auch Menschen aus osteuropäischen Ländern, die häufig ohne Deutschkenntnisse und verwertbare Qualifikationen zu uns kommen, die aber anfangen wollen „zu schaffen“, wie die Schwaben sagen.
Muss man vielleicht beim Thema Fachkräftemangel mal andere Wege einschlagen? Es gibt Fachkräfte-Allianzen und viele andere Ansätze. Das Ei des Kolumbus scheint man aber noch nicht gefunden zu haben.
Ich glaube ohnehin nicht an das Ei des Kolumbus (lacht). Um Fachkräfte zu gewinnen und zu sichern, muss man mehrere Wege gehen. Das ist auch der Grund, warum wir die Fachkräfteallianzen mit den Partnern am Arbeits- und Ausbildungsmarkt gegründet haben. Gemeinsam legen wir die Kernthemen und konkrete Ansätze in den beiden Landkreisen fest. Eines unserer Themen ist der Übergang von der Schule in den Beruf. Es mag wie eine Plattitüde klingen, weil man es schon oft gehört hat, aber dennoch: Kein Jugendlicher darf verloren gehen. Und zwar nicht nur im Sinne der Jugendlichen selbst, sondern auch im Interesse der Betriebe.
Ist es ein Problem, dass mittlerweile viele Arbeitsverhältnisse, die neu begonnen werden, befristet sind?
Es stimmt schon: Heute wird mehr befristet als vor 25 Jahren. Aber die überwiegende Zahl neuer Arbeitsverhältnisse wird immer noch unbefristet abgeschlossen. Viele schaffen nach einer Befristung auch den Sprung in ein Dauerarbeitsverhältnis. In der Industrie, im Handwerk oder im Handel wird übrigens seltener befristet als im öffentlichen oder im sozialen Bereich.
Ist die Arbeitsagentur Göppingen für all die Aufgaben entsprechend aufgestellt?
Ja, das Haus ist gut aufgestellt. Und da beziehe ich die Jobcenter in den beiden Landkreisen mit ein. Wäre das anders, hätte die Arbeitsagentur Göppingen nicht die guten Ergebnisse, die sie aktuell hat. Von daher kann ich meine Aufgaben auch gelassen angehen, weil ich auch ein gutes Team habe.
Sind Sie denn überhaupt schon in Göppingen angekommen? Wohnen Sie inzwischen hier?
In der Region und an meinem Arbeitsplatz bin ich schon angekommen. Aktuell wohne ich allerdings noch in Schwäbisch Hall. Ich werde aber hoffentlich bald den Mietvertrag für eine Wohnung in Göppingen unterschreiben und ziehe dann demnächst um.
Wie lange läuft denn Ihr Vertrag bei der Göppinger Arbeitsagentur? Zuletzt haben es die Chefs hier ja nicht lange ausgehalten.
Mein Vertrag mit der Bundesagentur für Arbeit ist unbefristet (lacht). Ich habe einige Jahre in unserer Zentrale in Nürnberg gearbeitet und kämpfen müssen, wieder in einem Agenturbezirk arbeiten zu können. Meine Pläne hier sind durchaus auf Dauer ausgelegt. Es kann aber trotzdem passieren, dass ich in fünf oder sieben Jahren ein Angebot bekomme, das mich dann mehr reizt. Aber im Moment habe ich mich bewusst für eine Arbeitsagentur und speziell für die in Göppingen entschieden.