Es ist eines der häufigsten Krankheitsbilder am Knie: der Meniskusriss. Therapien gibt es einige. Doch was ist im Fall der Fälle richtig?

Stuttgart – Operieren oder nicht? Bei Meniskus-Problemen stellen sich die Frage viele Betroffenen – vor allem, wenn bereits eine leichte bis mittelschwere Arthrose im Knie vorhanden ist. Der Meniskus besteht aus zwei halbmondförmigen Knorpel-Faser-Geflechten. Er ist der Stoßdämpfer im Knie, verteilt den Druck und schützt den Gelenkknorpel. Doch er kann im Laufe der Jahre degenerieren und auch ganz plötzlich reißen. Letzteres passiert insbesondere infolge von Drehbewegungen wie beim Skifahren. Aber auch bei der Gartenarbeit kann es urplötzlich „ratsch“ machen.

 

Eine Studie aus Boston hat nun untersucht, welche Therapie im Fall der Fälle am besten geeignet wäre. Das im New England Journal of Medicine veröffentlichte Ergebnis lautet: Eine Operation muss nicht sein, denn eine physikalische Therapie würde den gleichen Erfolg bringen. An der randomisierten Multicenterstudie nahmen 351 Patienten über 45 Jahre teil. Kontrolluntersuchungen erfolgten nach sechs und zwölf Monaten. Dabei wurden die beiden Gruppen sechs Monate nach Behandlungsbeginn anhand des Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC) verglichen. Tatsächlich war sechs Monate nach OP und anschließender Physikalischer Therapie beziehungsweise Physikalischer Therapie allein kein großer Unterschied beobachtbar, was die funktionelle Besserung, das heißt Belastbarkeit und Beweglichkeit des Kniegelenkes anbelangt. Doch die Studie hat ihre Schwachpunkte. „Sie war nicht verblindet, so dass jeder Patient genau wusste, zu welcher Gruppe er gehört. Das kann das Therapieergebnis durchaus beeinflussen, je nachdem wie ein Patient die jeweilige Vorgehensweise einschätzt“, bemängelt der Sportorthopäde Andreas Imhoff von der Technischen Universität München.

Bei Jüngeren wird oft zur OP geraten

Nikolaus Streich, Leiter der Sportorthopädie und -traumatologie des Universitätsklinikums Heidelberg sieht noch einen weiteren Kritikpunkt: „Innerhalb der ersten sechs Monate sind 30 Prozent der Patienten aus der Gruppe „Nur Physikalische Therapie“ doch noch zu einer OP umgeschwenkt. Das erschwert einen Vergleich.“

Doch wie ist die Situation in Deutschland? Bei jüngeren Menschen gilt: hat der Patient noch keine Kniearthrose, was bei jüngeren Menschen meist der Fall ist, „raten wir bei einem Meniskusriss oder Anriss zur Kniegelenkspiegelung, das heißt zur Operation. Das gilt vor allem, wenn der Meniskusschaden unter Belastung über mehrere Wochen starke Schmerzen verursacht und zudem Einklemmungen und Blockaden auftreten. Die Physiotherapie behandelt nur den Schmerz, aber nicht den gerissenen Meniskus. Er bleibt im Gelenk und kann jederzeit wieder einreißen und das Gelenk blockieren“, so Andreas Imhoff.

Ab etwa 40 bis 50 Jahren – und nur hierfür ist ein Vergleich mit der US-Studie möglich – kann bereits eine leichte bis mittelschwere Arthrose im Knie vorliegen. Ab diesem Alter gewinnt die physikalische Therapie an Bedeutung. „Tritt der Meniskusschaden plötzlich auf, operieren wir häufiger, insbesondere, wenn die Arthrose nur leicht ausgebildet ist und bislang keine Schmerzen verursacht hat. Ist die Arthrose schmerzhaft und der Meniskusschaden langsam durch Degeneration entstanden, behandeln wir eher konservativ“, sagt Nikolaus Streich. Die Entscheidung sei aber letztlich individuell zu treffen.

Bei Älteren ist das Nähen oft sinnlos

Wenn der Meniskusriss operativ versorgt werden muss, wird versucht, so viel wie möglich vom Meniskus zu retten, denn ohne Dämpfer im Knie entsteht häufig Arthrose: Bei jüngeren Menschen werden angerissene Menisken wieder zusammengenäht. Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich aber die Durchblutung des Gewebes. „Bei älteren Menschen kann je nachdem wo der Meniskus an- oder gerissen ist, das Nähen sinnlos sein, weil die Nahtstellen nicht mehr zusammenwachsen. Der Faden ist irgendwann überlastet und die Naht geht wieder auf“, warnt Nikolaus Streich. Fehlt mehr als ein Meniskusdrittel, ist ein Implantat in Erwägung zu ziehen: Entweder der Meniskus eines seltenen menschlichen Spenders oder ein künstlicher Meniskus aus kollagenem Bindegewebe oder künstlichem Werkstoff.

Allerdings müssen zunächst überhaupt noch Meniskusreste vorhanden sein, um das Implantat daran annähen zu können. Bei entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen sind beide Implantate nicht einsetzbar. Für die meisten Patienten, die älter als 50 Jahre sind, sind Implantate daher keine Option.