Für die einen ist er ein Zaubergerät, für die anderen völlig überflüssig: ein Thermomix. Wir waren bei einem monatlichen Treffen von Thermomixfreunden in Filderstadt dabei.

Filderstadt - Rosenkohlsuppe, Brot mit Curry-Dattel-Aufstrich und ein Himbeereis – all das zaubert an jenem Mittwochabend kein leibhaftiger Koch, sondern ein Automat, landläufig als Thermomix berühmt und berüchtigt. Je nach Sichtweise. Denn längst ist bekannt: Der Kochautomat polarisiert. Bei den einen würde das Gerät nie über die Küchenschwelle kommen, bei den anderen ist er der Star. Sandra Weinmann gehört zweifellos zu Letztereren. Die 42-jährige Frau aus Bonlanden lädt an jedem dritten Mittwoch im Monat ins Café Kara in der Filderklinik, um das Wunderding ins rechte Licht zu rücken.

 

Der Automat erledigt den großen Rest

Die Bonländerin ist sogenannte Gruppenleiterin. So heißen in der Thermomixwelt Leute, die an Abenden wie jenem im Café Kara für die Maschine, die aus Köchen Küchenhilfen macht, werben. „Für das Café im Krankenhaus habe ich mich ganz bewusst entschieden“, sagt sie. „Hier herrscht eine unverbindlichere Atmosphäre, und die Gäste fühlen sich nicht gleich dazu gedrängt, einen Thermomix zu kaufen.“ Wobei es ehrlicherweise genau darum geht.

Und weil sich dies am besten in der Praxis erklärt, läuft Sandra Weinmanns Thermomix gerade auf Hochtouren. Der Bildschirm navigiert Schritt für Schritt durch das gewählte Rezept. Nach und nach werden die Zutaten hinzugefügt, und der Automat erledigt den Rest. Beispiel Himbeereis: Das Gerät fordert zunächst Zucker. Innerhalb weniger Sekunden verwandelt es den Rohrzucker in Puderzucker. Anschließend werden gefrorene Himbeeren und Sahne hinzugegeben. Nach drei Minuten kann das Eis gelöffelt werden. Und wer bis dahin noch Zweifel hatte: Das, was am Ende rauskommt, schmeckt.

Die Eltern zeigen sich neugierig – und skeptisch

Sandra Gwinner ist eine von denen, die sich den Thermomix einmal aus der Nähe ansehen wollten. „Eine Freundin von mir besitzt schon einen Thermomix, den ich auch schon ausprobiert habe“, erklärt die 32-Jährige aus Aichtal. Nun wolle sie sich selbst einen kaufen, sich vorher aber noch einmal informieren. „Ein paar Wochen habe ich schon gebraucht, um mich zu dem heutigen Kauf zu entscheiden.“ Im Schlepptau hat sie ihre Eltern. Neugierig, aber mit Skepsis beobachten Vater und Mutter, was vor sich geht.

Auf einem Tisch aufgestellt, rührt und mixt der automatisierte Kochtopf vor sich hin. Dann ruft Weinmann plötzlich in Richtung der übrigen Café-Gäste: „Achtung, es wird kurz laut.“ Grinsende Blicke, und im Inneren des Geräts rattert es für einige Sekunden, bevor der Spuk wieder vorbei ist. Die anwesenden Gäste mustern das Resultat im Bauch der Maschine. Sandra Weinmann hat sich im Jahr 2011 ihren ersten Thermomix zugelegt. Um nicht den vollen Kaufpreis berappen zu müssen, entschloss sie sich, die Kosten für das Gerät auch dadurch zu begleichen, indem sie beim Hersteller Vorwerk als Vertreterin anheuert. So wurde sie zur Gruppenleiterin. „Ich habe selbst drei Kinder, die damals noch sehr jung waren“, erzählt sie. „Da war der Thermomix eine naheliegende Entscheidung.“

Der hohe Preis spricht gegen einen Spontankauf

Dass das magische Kochgerät von den einen geliebt und von den anderen verachtet wird, ist der Bonländerin bekannt. „Wer den Thermomix noch nie in Aktion erlebt hat und sich kein eigenes Bild von den Funktionen machen konnte, steht ihm erst mal kritisch gegenüber“, sagt Sandra Weinmann. Und der vergleichsweise hohe Preis spreche zunächst gegen eine spontane Anschaffung. Doch wer den Automaten einmal erlebt habe, komme danach vielleicht ins Grübeln.

Was bleibt am Ende des Abends in Bonlanden? Mit traditionellem Kochen hat der Thermomix nichts zu tun. Das hat seine positiven Seiten: Es gibt keine Töpfe, die auf dem Herd vor sich hin köcheln und deren Inhalt vielleicht anbrennt, und es gibt keine Waage, kein Mixer und keinen Rührbesen, die über die Arbeitsfläche verstreut herumliegen und aufgeräumt werden wollen. Eine Schattenseite, die der Automat indes nicht wegzaubern kann: dass es Einheitsbrei kredenzt. Bei leibhaftigen Köchen schmeckt Rosenkohlsuppe einfach unterschiedlich gut.