Thierse hält die Kritik an seinen Lästereien für überzogen. Er sei erstaunt, wie wenig Humor Schwaben hätten, befindet er jetzt auch noch.

Stuttgart - Die Lästerei von Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse über die Berliner Schwaben droht – mangels ernsthafter Themen – fast die Bedeutung einer Staatskrise anzunehmen. Nun lässt sich auch die CDU in Baden-Württemberg auf den Schlagabtausch ein: „Totaler Stuss“ sei Thierses „Geschwätz“, retourniert der Landeschef Thomas Strobl zwar, belässt es aber nicht dabei. Vielmehr schreibt er dem Sozialdemokraten ins Stammbuch: „Multikulti beginnt mit dem Respekt vor den eigenen Landsleuten.“ Zudem habe Berlin – siehe Länderfinanzausgleich – doch über Jahrzehnte eine grenzenlose Solidarität erfahren. Soll das alles plötzlich vergessen sein?

 

Fiese Schwaben, arme Schwaben. Keinen Humor hätten sie, schlussfolgert Thierse aus der Aufregung über seine kleinen Gehässigkeiten – nur weil sie „mit so schweren Kanonen auf heitere Differenz-Beobachtungen schießen“. Preußischer seien sie als die Berliner. Keine Spur von einer Entschuldigung also. Humor hat demzufolge auch Entwicklungsminister Dirk Niebel nicht, obwohl der Liberale gar kein Schwabe ist. Der gebürtige Hamburger und Wahl-Heidelberger nennt den Bundestags-Vize einfach einen „pietistischen Zickenbart“. Wie bitte? Der zauselige Thierse soll einen Ziegenbart haben? Das nun wirklich nicht. Und dann noch pietistisch: Die Pietisten, von denen es ja auch in Baden-Württemberg nicht wenige gibt, mögen sehr fromme Protestanten sein – weltlichen Freuden prinzipiell eher abgeneigt. Aber gleich humorlos? War der frühere Bundespräsident Johannes Rau zum Beispiel ein Mann ohne Witz? Nein, das Gegenteil war er. Ohnehin liegt auch Niebel ein wenig neben der Sache, denn Thierse ist ein Katholik. Wenn aus dieser Retourkutsche bloß nicht noch eine Religionskrise erwächst.