Die Südwest-CDU hat ihren Parteivorsitzenden Thomas Strobl nicht zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2016 gewählt. Vorerst behält er alle Ämter. Doch es ist ungewiss, was er in Zukunft in der CDU noch für eine Rolle spielen wird.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Am Montag reist Thomas Strobl nach Köln. Er wird sich dabei wie ein Abstiegskandidat auf der Fahrt zum nächsten Auswärtsspiel fühlen. Dabei steuert er mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar einem Erfolgserlebnis entgegen. Die Frage ist bloß, was das noch wert ist. Strobl will sich am Dienstag auf dem CDU-Parteitag in seinem Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender bestätigen lassen. Es gibt kaum Zweifel, dass ihm das gelingt. Viele rechnen sogar mit einem „Mitleidsbonus“.

 

Strobl muss jetzt auch um den Landesvorsitz bangen

Welche Rolle kann Strobl in der CDU nach seiner gescheiterten Kandidatur noch spielen jenseits von Stuttgart? 2012 avancierte er zu Merkels Stellvertreter an der Spitze der Bundespartei. Allerdings gibt es drei davon. Manche lästern, die Zahl der Stellvertreterposten sei damals extra erhöht worden, damit Strobl überhaupt zum Zuge kommt. Er hatte allerdings ein besseres Ergebnis als sein nordrhein-westfälischer Kollege Armin Laschet erreicht. Strobls Gegner deuten das damalige Votum als „Vorschuss auf die Spitzenkandidatur in Baden-Württemberg“. Daraus ist nun nichts geworden. Der 54-jährige CDU-Mann aus Heilbronn muss auch um den Landesvorsitz bangen. Wenn er den verliert und der neue Hoffnungsträger in der Südwest-CDU ihm die Gunst versagt, dann bleibt die Rolle als Merkels Vize ein Zwischenspiel mit Ablaufdatum.

Strobl steht vor einer unfertigen Karriere, die jetzt einen schweren Knacks erlitten hat. Keiner weiß, ob der Schaden noch zu reparieren ist. Nach der letzten Bundestagswahl hätte er dank eines fulminanten Ergebnisses in Baden-Württemberg sogar Minister in Merkels Kabinett werden können – wenn sein Schwiegervater Wolfgang Schäuble nicht noch Lust gehabt hätte, im Finanzministerium zu bleiben. Die Kanzlerin hat Strobl einen Job als Parlamentarischer Staatssekretär angeboten, wahlweise im Verkehrs- oder im Verteidigungsministerium. Doch solche Posten gelten als Sackgasse für die Karriere: „Du kriegst einen Titel, Dienstwagen und Chauffeur, hast aber nichts mehr zu sagen“, erklärt ein Kenner des Politgeschäfts. Strobl lehnte ab.

Manche sagen, er könne eines Tages Kauder beerben

Manche seiner Weggefährten meinen, das sei ein Fehler gewesen. „Wenn man aufs falsche Gleis setzt, kann man nur verlieren“, sagt ein hochrangiges CDU-Mitglied mit langjähriger Erfahrung. Strobl habe sich „eine Rolle einreden lassen, der er nicht gewachsen ist“. Andere würden ihm raten, sich jetzt auf seine Funktionen im Parlament zu konzentrieren. Er führt die mitgliederstarke CDU-Landesgruppe und ist einer von zwölf Stellvertretern des Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder. Die Spitzenfunktion unter den baden-württembergischen Abgeordneten wird ihm vorerst keiner streitig machen. Es ist aber auch nicht so, dass alle wie ein Mann hinter ihm stehen. Manche trauen ihm aber zu, dass er Kauder eines Tages beerben könnte. Aber da gäbe es wohl mächtigere Konkurrenz als beim Kandidatenduell im Südwesten.

Hinter Strobls Zukunftsperspektiven prangt ein dickes Fragezeichen. Als Dauerläufer sollte er mit Schwächephasen umzugehen wissen. Den letzten Berlin-Marathon ließ er ausfallen, um sich voll auf die Werbekampagne im Land zu konzentrieren. Falls er der Politik treu bleibt und seine Karriere durch das Votum dieses Freitags nicht vollends vernichtet sieht, steht ihm auf dem weiteren Weg in Berlin ein Marathon ganz eigener Art bevor.