2019 wird Thomas Zehetmair Chef des Stuttgarter Kammerorchesters. Schon vorab hat er sich mit dem Traditionsensemble im Theaterhaus als Solist und als Dirigent präsentiert.

Stuttgart - Es ist ein Abend zwischen den Welten: Das Stuttgarter Kammerorchester ist ein Orchester im Kleinformat; sein designierter Chefdirigent Thomas Zehetmair, der sich am Mittwochabend vor seinem Amtsantritt im Herbst 2019 schon einmal im Theaterhaus präsentiert, ist ein dirigierender Geiger; zu hören sind neben Mozarts Sinfonia Concertante für Violine und Viola (KV 364), einem Zwitter zwischen Solokonzert und Concerto grosso, zwei Bearbeitungen ursprünglicher Kammermusikwerke für größere Streicherbesetzung. Und am Ende des Abends ist man obendrein noch hin- und hergerissen zwischen Zustimmung und Zweifel.

 

Bei Schuberts Jugendwerk wird deutlich, worauf es Zehetmair ankommt: Deutlich liegt hier der Schwerpunkt auf der Ausdifferenzierung des Klangs. Es mag gut sein, dass ein Streicher am Dirigentenpult den Musikern guttut, man hört aber auch, dass der 56-Jährige die Balance zwischen Leiten und Loslassen mit seinem zukünftigen Ensemble noch austarieren muss. Das gilt auch für die Bearbeitung von Beethovens spätem Streichquartett op. 131, die sich zwar um lebendige Wechsel zwischen solistischen und kollektiven Passagen bemüht, insgesamt indes etwas künstlich Aufgeblähtes, zuweilen gar Strukturverwässerndes hat. Die Radikalität des späten Beethoven erscheint zuweilen wie weichgespült, und im Zeitalter der vom ersten Streicherpult aus geleiteten historisch informierten Ensembles leuchtet auch die Notwendigkeit eines Dirigenten nicht unbedingt ein.

Beweglicher Dialog mit feinen Zwischentönen

Schöne Momente vor allem im Bereich des Leisen, Zurückgenommenen gibt es allerdings, und sie sind es auch vor allem, die Mozarts Sinfonia concertante spannend machen. Das Künstlerehepaar Thomas Zehetmair und Ruth Killius (Bratsche) formt die Soloparts zu einem beweglichen Dialog mit feinen Zwischentönen. Dessen Spannung fußt auf der Risikobereitschaft der beiden Protagonisten, zehrt zuweilen aber gleichermaßen von jener Kantigkeit bei Phrasierung und Tonformung, die Zehetmair um eines starken Ausdrucks willen in Kauf nimmt; sie sind zum Markenzeichen des Österreichers und seines Quartetts geworden. Etwas unentschieden wendet sich der dirigierende Geiger mal zum Publikum, mal zum Orchester. Das weite, schwierige Reich der Mitte ist ein Terrain, dessen Schönheiten er gemeinsam mit dem Kammerorchester noch näher wird erkunden müssen.