Wie operiert man einen Lungenkrebs – und was kann ein Operationsroboter dabei leisten? Wann hilft eine Operation bei Rippenbrüchen? Privatdozent Dr. Gerhard Preissler ist Chefarzt der Thoraxchirurgie am Robert Bosch Krankenhaus (RBK) und gibt Einblicke in sein Fachgebiet.
Dr. Preissler, die Thoraxchirurgie des RBK Lungenzentrums Stuttgart ist als Exzellenzzentrum ausgezeichnet. Was bedeutet das?
Die Zertifizierung zeichnet hochspezialisierte thoraxchirurgische Zentren aus, die besonders viele Operationen durchführen – sogenannte High-Volume-Zentren – und strenge Qualitätskriterien erfüllen. Auch die wissenschaftliche Leistung und die Tätigkeit als Ausbildungszentrum werden bewertet. Deutschlandweit gibt es derzeit nur 13 solcher zertifizierter Zentren, in Süddeutschland – mit uns – lediglich zwei.
Was ist eigentlich der Thorax?
Der Thorax ist der Brustkorb, mit Rippen, Brustbein, Brustwirbelsäule sowie den umgebenden Muskeln und dem Weichteilmantel. Er schützt die Lunge und das Herz und ermöglicht zusammen mit dem Zwerchfell die Atmung.
Bei welchen Beschwerden oder Erkrankungen sollte man sich an einen Thoraxchirurgen wenden?
Thoraxchirurgen sind Spezialisten für alle Operationen an Brustkorb, Lunge und Mittelfellraum. Das Spektrum reicht von Rippen- und Brustbeinbrüchen über Lungenkollaps, Pleuraerguss, Vereiterungen des Brustfellraumes, angeborenen Fehlbildungen des Brustkorbs bis hin zu Tumorerkrankungen der Organe im Brustkorb.
Insbesondere die Tumorchirurgie ist ganz wichtig in unserem Fachbereich. Dazu gehören Operationen bei Lungenkrebs oder den selteneren Tumoren, wie zum Beispiel den Thymomen. Auch entfernt der Thoraxchirurg Tochtergeschwülste anderer Krebsarten, sogenannte Metastasen, aus der Lunge.
Sarkome am Brustkorb – bösartige Tumoren der Rippen oder der Muskeln und des Bindegewebes – behandelt auch der Thoraxchirurg.
Sie haben bereits die Tumorchirurgie angesprochen, insbesondere bei Lungenkrebs. Wie läuft eine solche Operation typischerweise ab?
Kleinere Lungenkarzinome können heute meistens minimalinvasiv operiert werden. Über kleine Schnitte seitlich am Brustkorb werden eine Videokamera und Instrumente eingeführt. Der Chirurg sieht das Innere des Brustkorbes während des Eingriffs dann auf einem Monitor.
Um das Risiko eines Rückfalls möglichst gering zu halten, wird bei der Operation eines Lungenkarzinoms immer eine sogenannte onkologisch radikale Operation durchgeführt. Dazu gehört, dass der betroffene Lungenlappen und die benachbarten Lymphknoten systematisch entfernt werden.
Bei sehr kleinen Tumoren entfernt man heute oft nur ein sogenanntes Lungensegment anstelle des ganzen Lungenlappens. Das schont gesundes Lungengewebe und verbessert die spätere Atemfunktion. Technisch sind diese Eingriffe jedoch sehr anspruchsvoll, da man die feinen Verzweigungen von Gefäßen und Bronchien innerhalb des Lungenlappens exakt kennen muss, um den Tumor vollständig und radikal zu entfernen.
OP-Roboter sind in vielen Bereichen auf dem Vormarsch. Setzen Sie am RBK auch OP-Roboter ein?
Ja, am RBK setzen wir bei vielen minimalinvasiven Eingriffen den „DaVinci-Xi“ Operationsroboter ein. Er unterstützt den Chirurgen mit vier Greifarmen. Einer dieser Greifarme führt die Kamera, mit den anderen bedient der Chirurg feinste Zangen und andere Instrumente. Das erlaubt Arbeiten mit höchster Präzision und einem fantastischen dreidimensionalen Kamerabild. Insbesondere Lungenkrebsoperationen können wir so hervorragend durchführen.
Sie behandeln am RBK auch Zwerchfelllähmungen. Wie entstehen diese Lähmungen und welche Folgen haben sie?
Eine Zwerchfelllähmung entsteht, wenn die Zwerchfellnerven geschädigt werden, etwa durch Nervenentzündungen oder Verletzungen während einer Operation. Das Zwerchfell spielt eine sehr wichtige Rolle bei der Atmung. Seine Nerven verlaufen von der Halswirbelsäule abwärts durch den Brustkorb bis zum Zwerchfellmuskel. Ist einer dieser Nerven geschädigt, kann sich das Zwerchfell nicht mehr richtig bewegen und bleibt gelähmt: Es wölbt sich weit in den Brustkorb, drückt auf die Lunge und erschwert die Atmung deutlich.
Und wie genau sieht die Behandlung in solchen Fällen aus?
Der Chirurg kann durch eine minimalinvasive Zwerchfellraffung wieder Platz für die Lunge schaffen. Dabei wird das gelähmte Zwerchfell so vernäht, dass es stramm aufgespannt bleibt. Ein Kunststoffnetz auf der Oberfläche des Zwerchfells gibt Stabilität.
Auch diese Operation führen wir am RBK mit dem „DaVinci“ OP-Roboter durch.
Rippenbrüche zählen zu den häufigeren Verletzungen im Brustbereich und werden oft konservativ behandelt. Kann ein operativer Eingriff dennoch sinnvoll sein?
Oft brechen mehrere Rippen gleichzeitig und an verschiedenen Stellen, sodass der Brustkorb eingedrückt ist und spitze Bruchstücke Lunge und Zwerchfell verletzen können. Das kann zu inneren Blutungen und dauerhaften Beeinträchtigungen der Atmung führen.
Mit einer Operation kann man die gebrochenen Rippen wieder in ihre normale Form bringen und mit Metallplättchen fixieren. Der Heilungsprozess ist deutlich weniger schmerzhaft und die Rippen heilen nicht schief zusammen.
Was hat es mit der Trichterbrust auf sich – und warum kann sie problematisch werden?
Bei einer Trichterbrust handelt es sich um eine angeborene Knickbildung im Brustbein. Meist zeigt sich die Einwölbung am unteren Ende des Brustbeins schon im Kindesalter. In der Wachstumsphase des Kindes kann diese zunehmen und zu Beschwerden wie einem Druckgefühl im Brustkorb und Kurzatmigkeit führen. Ein stark ausgeprägter Trichter vermindert den Platz für Lunge und Herz; besonders die rechte Hälfte des Herzens hat deutlich weniger Raum und kann sich bei Belastung nicht so gut mit Blut füllen. Dadurch steigt langfristig auch das Risiko für Herzerkrankungen.
Wie lässt sich eine Trichterbrust operativ korrigieren?
In der Regel behandeln wir die Trichterbrust mit der sogenannten „NUSS“-Operation, einer minimalinvasiven Methode, die auf den Chirurgen Donald Nuss zurückgeht. Dabei führen wir in Schlüssellochtechnik über kleine Schnitte einen oder zwei Metallbügel hinter das Brustbein ein. Diese Bügel drücken das eingesunkene Brustbein nach vorn und richten es auf. Etwa drei Jahre verbleiben sie im Körper, damit sich das Brustbein dauerhaft in der neuen Position stabilisieren kann.
Info: Mehr erfahren zur Thoraxchirurgie auf der Webseite des Robert Bosch Krankenhaus.




