Während die englischen Royals der Tradition verhaftet sind, geben sich die Königshäuser im Norden Europas eher unprätentiös und aufgeschlossen für Neues.

Kultur: Tim Schleider (schl)

London - Lange Zeit dachten hierzulande die kritischen Geister gern, das Phänomen der Monarchie als Staatsform erledige sich früher oder später von selbst. Ein Staatsoberhaupt auf Lebenszeit und auf einem Thron erschien ihnen als Relikt vordemokratischer Zeiten, das früher oder später überall vom republikanischen Wind verweht werden würde. Für die Deutschen selbst war die Trennung von den Fürsten auch zweifellos ein notwendiger politischer Modernisierungsschritt. Viele unserer europäischen Nachbarn sehen dagegen auch weiterhin überhaupt keinen Widerspruch zwischen moderner Demokratie und konstitutioneller Monarchie. Hier ein kleiner Überblick:

 

Das Zentrum der Monarchie

Das Zentrum ist und bleibt das englische Königshaus. Gerade die Auftritte von Elizabeth II. im vergangenen Jahr zum Thronjubiläum, bei den Olympischen Spielen in London und als James-Bond-Girl in einem wunderbar selbstironischen Film des Regisseurs Danny Boyle haben die Sympathie- und Popularitätswerte der britischen Monarchie gefestigt. Rein staatsrechtlich ist die Queen auf höchst mittelalterliche Weise auch weiterhin das Zentrum des Gemeinwesens – ohne geschriebene Verfassung beziehen alle staatlichen Institutionen ihre Existenz allein auf sie – und zugleich bleibt England ja das Mutterland des Parlamentarismus überhaupt. Bezeichnenderweise wollen viele Schotten zwar 2014 für die Unabhängigkeit ihres Landes stimmen, aber keineswegs auf die Monarchie verzichten. Politisch kein Problem: Elizabeth II. besitzt neben vielem anderen auch den Titel Königin der Schotten und hier als Elizabeth I. eine eigene, historisch traditionsreiche Krone.

Die liberalen Häuser im Norden

Die Ultramodernen finden wir im Norden Europas. Die skandinavischen Staaten Norwegen, Schweden und Dänemark zählen zweifellos zu den liberalsten und pluralistischsten Gesellschaften der Welt. Ihre Königshäuser empfinden die meisten Menschen dort vor allem als Symbole staatlicher und kultureller Unabhängigkeit. Leicht fällt ihnen diese Haltung auch durch die Ausstrahlung der aktuellen Kronprinzengeneration. Haakon in Oslo, Frederick in Kopenhagen und Victoria in Stockholm sind nebst ihren Ehepartnern Prototypen einer modernen, unprätentiösen Generation, die sich vor allem als Repräsentanten und weltoffene PR-Experten im Dienst ihrer Länder begreifen. Und zu solchen Ultramodernen zählen zweifellos auch die Niederlande, die nun einen Thronwechsel zelebrieren werden.

Politisch bedeutende Familien

Die politisch Wichtigen in Europa sind auf höchst unterschiedliche Art die Königshäuser in Madrid und Brüssel. Seit dem Tod des Diktators Franco im Jahr 1975 garantiert Juan Carlos in Madrid den Rechten zum Trotz die Demokratie in seinem Land. Die spanische Gesellschaft ist heute vor allem dank der langen Regierungszeiten der Sozialisten überraschend modern. Aber sie ist auch tief gespalten in ein liberales und ein konservatives Milieu. Letztlich ist es die de jure konservative Institution des Monarchen, die das Land über all die Jahre stabilisiert hat. Und wenn die Belgier nicht ihren König Albert hätten, dann gäbe es nun wirklich gar nichts mehr, was die drei Volksgruppen der Flamen, Wallonen und Deutschen politisch noch zusammenhalten würde. Ansonsten jedenfalls ist das belgische Staatswesen seit Jahr und Tag in Erosion begriffen.

Die Winzlinge unter den europäischen Monarchien finden wir in Luxemburg, Liechtenstein und Monaco – drei Kleinstaaten, die es ohne die Historie der Fürstenhäuser (und ihrer Steuergesetzgebung) längst nicht mehr geben würde. Und auch der Vatikan gehört dazu. Gerade hat ein neuer Wahlmonarch hier auch das weltliche Zepter übernommen.