Der CDU-Politiker Mike Mohring, Spitzenkandidat seiner Partei bei der im Herbst anstehenden Landtagswahl in Thüringen, ist an Krebs erkrankt und erzählt davon in einer berührenden Videobotschaft.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Das Video ist sehr verwackelt. Es zeigt einen Mann mit Strickmütze und struppigem Bart. Sein Bild ruckelt, als hätte die Hand gezittert, die das Mobiltelefon hält, mit dem es aufgenommen wurde. Es ist ein Selfie und richtet sich an ein größeres Publikum. Der Mann mit der Strickmütze hat 37 188 Abonnenten bei Facebook, wo das Video zu sehen ist.

 

Zunächst erzählt der Mann eine Anekdote von einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt des Circus Roncalli in Hamburg, wo er die Mütze gekauft habe. Eigentlich war er wegen des CDU-Parteitags während der Adventszeit in Hamburg. Aber das ist nicht das Thema seiner Botschaft.

„Mein Arzt ist sozusagen mein Friseur“

Erst nach einer langen Minute kommt der Mann auf den Grund zu sprechen, weshalb es diesen verwackelten Videofilm gibt und er eine Wollmütze trägt, wo er doch bisher meist wie ein Dressman auftrat. Er erzählt von einer Operation im Oktober. Die Ärzte hätten dabei „nicht nur Gutartiges gefunden“. Deshalb müsse er sich einer Behandlung unterziehen, die noch andauere. Die Folgen sind nicht zu übersehen: „Mein Arzt ist sozusagen mein Friseur.“

Der Mann aus dem Video ist Mike Mohring, CDU-Spitzenkandidat für die im Herbst anstehende Landtagswahl in Thüringen. In Umfragen liegt seine Partei seit Monaten vorn. Der Krebs hat Mohrings politische Pläne jedoch durcheinandergewirbelt, seine Prioritäten verändert. Eigentlich müsste er sich jetzt auf die heiße Phase des Wahlkampfs vorbereiten. Doch Mohring bittet um Verständnis dafür, dass seine „Kraft jetzt gebraucht“ werde „für die vollständige Genesung“.

Mohrings Anliegen ist der „konservative Markenkern“ der CDU

Der 47-jährige CDU-Mann aus Apolda ist einer der profiliertesten Christdemokraten in den neuen Bundesländern. Zur Politik kam er schon mit 18 Jahren. Damals, kurz nach dem Fall der Mauer, engagierte er sich für die Bürgerrechtsbewegung Neues Forum. 1993 trat er der CDU bei, 1999 kam er in den Landtag, seit 2008 führt er dort die christdemokratische Fraktion. Mohrings Anliegen war stets der „konservative Markenkern“ seiner Partei.

Früher als Kanzlerin Angela Merkel erkannte er, dass man die rechte Konkurrenz, die nach und nach in alle Parlamente einzog, nicht einfach ignorieren kann. Als er dann jedoch nach der Landtagswahl 2014 Gespräche mit der örtlichen AfD führte, um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auszuloten, hatte er es sich mit Merkel verdorben. Prompt fiel er auf dem nächsten Parteitag bei der Wahl zum Bundesvorstand durch. Inzwischen ist Merkel nicht mehr CDU-Vorsitzende, Mohring aber Mitglied des Parteipräsidiums – obwohl nicht sein Favorit Friedrich Merz Merkels Amt übernahm, sondern Annegret Kramp-Karrenbauer.

Die Ärzte sprechen von einer „sehr, sehr guten Prognose“

„Ich denke nicht immer nur an den nächsten Schritt“, hat Mohring einmal gesagt. „Ich denke auch an die folgenden zwei Schritte.“ Doch es lässt sich nicht alles strategisch planen. Das gilt nicht nur für politische Karrieren. Gesundheitlich hat Mohring keine schlechten Perspektiven. Seine Heilungschancen liegen bei 95 Prozent, die Ärzte sprechen von einer „sehr, sehr guten Prognose“. Er werde aber „nicht alle anstehenden Termine wahrnehmen“, kündigt Mohring in dem Video mit der Mütze an. Sein Kalender verrät, welche Wertschätzung er unter Parteifreunden genießt. Zum Politischen Aschermittwoch in Apolda kommen Ralph Brinkhaus, der für die Union im Bundestag das Wort führt, und der Mann, der lange war, was Mohring werden möchte: Thüringens ehemaliger Ministerpräsident Bernhard Vogel.