Nach dem Auffliegen des Schwarzmarkthandels steht die Praxis der Fifa zur Vergabe der Fußball-WM-Tickets wieder einmal in der Kritik. Die ersten Ermittlungsergebnisse der Polizei in Brasilien lassen auch die Fifa in keinem guten Licht dastehen.

Nach dem Auffliegen des Schwarzmarkthandels steht die Praxis der Fifa zur Vergabe der Fußball-WM-Tickets wieder einmal in der Kritik. Die ersten Ermittlungsergebnisse der Polizei in Brasilien lassen auch die Fifa in keinem guten Licht dastehen.

 

Rio de Janeiro - Ein organisierter Schwarzmarkthandel mit WM-Tickets von Fifa-Partnern beim Turnier in Brasilien wirft wieder Fragen über die Praxis der Vergabe von Eintrittskarten durch den Fußball-Weltverband auf.

Wie schon bei vorangegangenen Turnieren wurden auch am Zuckerhut illegal Tickets verschoben. Ob das Ausmaß und die Prominenz der Täter das Ausmaß der WM 2006 erreicht, liegt noch im Dunklen. Doch erste Ermittlungsergebnisse der Polizei in Brasilien lassen auch die Fifa in keinem guten Licht dastehen.

Bei einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag (Ortszeit) in Rio de Janeiro stellte Fifa-Marketingdirektor Thierry Weil seine Sicht der Dinge dar. Demnach hat der Weltverband derzeit keine Kenntnis darüber, ob ein Funktionär aus den eigenen Reihen an den Schiebereien beteiligt war. Wenn es entsprechende Untersuchungen gäbe, hätte die Polizei den Kontakt zur Fifa gesucht, um mit dem Betroffenen zu sprechen, sagte Weil. "Soweit ich das weiß, ist die Polizei aber auf niemanden bei der Fifa zugekommen."

Offenbar gibt es aber Differenzen zwischen den lokalen Behörden und der Fifa in der Philosophie, wie den illegalen Machenschaften um bei den Fußballfans so heiß begehrte Karten, inklusive für das große Finale am 13. Juli im Maracanã, beizukommen ist. Laut brasilianischen Medien hält die Polizei bewusst Informationen vom Weltverband fern, um die Ermittlungen in Fifa-Kreisen nicht zu gefährden. Offenbar misstraut man selbst den Führungszirkeln in Sachen Vertraulichkeit.

Der Verband arbeite eng und gut mit den brasilianischen Behörden zusammen, beteuerte hingegen Weil. Er teilte dann aber verbal mit dem in Südamerika ungeliebten Europa-Argument aus: Dass sich der ermittelnde Polizeibeamte während der laufenden Untersuchungen in den Medien äußere, wäre in Europa nicht vorstellbar.

141 Tickets zurückverfolgt

Weil nannte erstmals Zahlen. Die Fifa habe insgesamt 141 Tickets zurückverfolgt, die ihr von der Polizei zur Verfügung gestellt worden seien. Davon seien einige von Agenturen weiterverkauft worden, die Ticket-Pakete vom Fifa-Vertriebspartner Match Hospitality gekauft hätten. Der Weiterverkauf verstoße gegen die Regeln und sei ein Vergehen. An der grundsätzlichen Praxis, ihren Wirtschaftspartnern Ticketkontingente zur Verfügung zu stellen, will die Fifa aber nichts ändern.

Immerhin scheinen die familiären Bande von Fifa-Vizepräsident Julio Grondona von dem Skandal unberührt. Ein Ticket von Humberto Grondona, dem Sohn des Vertrauten von Fifa-Boss Joseph Blatter, sei nicht unter den sichergestellten Karten gewesen. Grondona Jr. hatte in einem Interview gesagt, er habe Tickets an einen Freund weiter verkauft.

Weil betonte, die Fifa habe bereits mit Grondona gesprochen und werde dies auch erneut tun. Es gebe unterschiedliche Versionen in den Medien. "Wir werden zu Herrn Grondona gehen und das klären", betonte der Fifa-Marketingchef. Derzeit gebe es keine offizielle Ermittlung in diesem Fall. Zudem könne die Fifa wegen des laufenden Verfahrens nur wenige Details nennen - eine andauernde Fifa-Argumentation bei vielen Konfliktthemen.

Nach Angaben des zuständigen Polizeibeamten Fábio Barucke wurden durch das illegale Ticket-System bis zu zwei Millionen Reais (rund 665.000 Euro) pro WM-Spiel eingenommen. "Die Preise variierten je nach Nachfrage wie an der Börse", hatte er mitgeteilt. "Es gab Tickets fürs Endspiel, die am Anfang 10.000 Reais (3330 Euro) und dann 15.000 Reais kosteten (5000 Euro). Sie sagten, wenn Brasilien ins Finale komme, die Preise bei 35.000 Reais (11.600 Euro) lägen." Es gab bereits elf Festnahmen in dem Zusammenhang, weitere sollen folgen.

Weil betonte, dass wenn man zwei Tickets kaufe und davon eines zum gleichen Preis an Freunde oder Verwandte weiterverkaufe, sei das in Ordnung. "Das Problem beginnt, wenn das Ticket zu einem deutlichen höheren Preis weiterverkauft wird. Das wollen wir verhindern."

Schon bei der WM 2006 in Deutschland war das nicht komplett gelungen. Die damaligen Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees, Jack Warner und Ismael Bhamjee, hatten illegale Geschäfte mit Eintrittskarten betrieben. Letzterer wurde umgehend aus Deutschland nach Botswana zurückgeschickt. Warner trat erst im Zuge des Korruptionsskandals um die FIFA-Präsidentschaftskandidatur von Mohamed bin Hammam 2011 von seinen Ämtern zurück.