In Mosambik hat sich eine ganz besondere Zusammenarbeit zwischen Mensch und Vogel entwickelt, von der alle Beteiligten profitieren.

Stuttgart - Brrrrrr hmm“ schallt eine laute Männerstimme durch den lichten Trockenwald im Niassa-Reservat im Norden von Mosambik. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: Plötzlich fliegt ein schlanker, brauner Vogel zwischen den weit auseinanderstehenden Bäumen, flattert aufgeregt und ruft ein durchdringendes „Tirrr Tirrr“. Dann fliegt der von Wissenschaftlern Indicator indicator genannte Vogel davon, und der Mann aus dem Volk der Yao folgt ihm rasch. Schließlich sind es meist keine 800 Meter, bis der auch „Großer Honiganzeiger“ genannte Vogel den Menschen zu einem Bienenstock geführt hat, berichten Claire Spottiswoode von der ccccc und ihre Kollegen in der Zeitschrift „Science“.

 

Dann geht es an die „Ernte“: Die Menschen vom Volk der Yao halten sich die Insekten mit dem Rauch eines Feuers vom Leib und knacken den oft in einem Astloch versteckten Bienenstock mit Hilfe von Werkzeugen. Die Mühe lohnt, immerhin gilt der so erbeutete Honig noch heute als äußerst nahrhafter Leckerbissen, der im Wirtschaftssystem der Yao eine erhebliche Bedeutung hat. Der Große Honiganzeiger hat es weniger auf den Honig als vielmehr auf das Wachs der Bienenwaben abgesehen, das die Menschen für ihn übrig lassen – und an das der Vogel ohne ihre Hilfe nicht herankäme, weil er sich nicht gegen die stechwütigen Bienen wehren kann. Die Kooperation lohnt sich also für beide Seiten.

Die Vögel können Bienenwachs verdauen

Zwar gibt es viele Beispiele einer erfolgreichen Kooperation zwischen Mensch und Tier. Nur geht es dabei vom Jagdhund bis zum Jagdfalken normalerweise um Tiere, die in menschlicher Obhut leben. Allein der Große Honiganzeiger scheint eine solche Zusammenarbeit freiwillig zu suchen. Anders als die meisten anderen Vogelarten können die zur Familie der Spechte gehörenden Honiganzeiger Bienenwachs mit Hilfe spezieller Pilze und Bakterien verdauen. Um die Verteidigung der Bienen zu unterlaufen, kommen die Vögel gern in den kühlen frühen Morgenstunden zu den Stöcken, wenn die Insekten noch träge und relativ wehrlos sind. Oft fressen sie auch das Wachs aus einem verlassenen oder von einem Honigdachs ausgeraubten Bienenstock. Da auch Menschen immer wieder Honig sammeln, beobachten die Vögel die Zweibeiner wohl ebenfalls aufmerksam.

Allerdings rentiert es sich für den Vogel kaum, Menschen zu verfolgen, die aus ganz anderen Gründen im Trockenwald unterwegs sind und etwa Holz oder Früchte sammeln. Sie sollten also Honigsucher von anderen Zweibeinern unterscheiden können. Dabei aber können sie sich auf die lauten „Brrrrrrr hmm“-Rufe der Yao verlassen. „Genau diesen Ruf habe ich von meinem Vater gelernt, weil man damit die Honiganzeiger spezifisch anlocken kann. Ich rufe so bei keiner anderen Gelegenheit, sondern nur dann, wenn ich wirklich Honig suche“, erklärte jeder der zwanzig befragten Yao.

Deutlich höhere Erfolgsrate

Waren die Forscher mit den Honigsuchern unterwegs und spielten sie aus kleinen Geräten deren „Brrrrrrr hmm“-Rufe ab, kamen in rund zwei Drittel aller Fälle die Honiganzeiger rasch angeflogen und versuchten, ihnen den Weg zu einem Bienenstock zu zeigen. Spielten die Forscher dagegen das Gezwitscher anderer Vogelarten ab, tauchten die Vögel nur in einem Drittel der Fälle auf. Tönte aus dem Lautsprecher die Stimme des Honigsuchers, der seinen eigenen Namen oder das Yao-Wort für den Großen Honiganzeiger nennt, lag die Quote sogar nur bei einem Viertel. Fanden die Menschen mit Hilfe ihrer „Brrrrrrr hmm“-Rufe und der Vögel in 54 Prozent aller Fälle mindestens einen Bienenstock, sackte der Erfolg ohne diese Laute auf klägliche 17 Prozent.

Woher aber wissen die Vögel, dass sich die Kooperation mit den so rufenden Yao lohnt? Geerbt dürften sie dieses Wissen kaum haben, weil Menschen in anderen Regionen Afrikas sich zwar ebenfalls vom Großen Honiganzeiger zu Bienenstöcken führen lassen, dabei aber ganz anders rufen. Von ihren Eltern lernen die Küken ebenfalls kaum, weil Honiganzeiger ähnlich wie der Kuckuck ihre Eier von anderen Vogelarten ausbrüten lassen. „Vielleicht lernen sie die Bedeutung der „Brrrrrrr hmm“-Rufe, wenn sie Artgenossen in der Nähe eines Bienenstockes belauschen“, vermutet Claire Spottiswoode.