Es ist ein absolut unscheinbares Vögelchen, das meist unerkannt in unserer Region weilt: Der Wiesenpieper (Anthus pratensis) macht Winterpause in Fellbach. Als Brutvogel kommt er in Feuchtwiesen vor.

Fellbach - Bei einem Feldspaziergang können einem zurzeit alle möglichen kleinen Vögel begegnen, denn es ist Hauptsaison des Vogelzugs. Ein kleiner Piepmatz macht mengenmäßig einen Großteil der Singvögel aus, die bei uns durchziehen, geht aber meist unbemerkt unter. Zwischen den Scharen vieler anderer Kleinvögel, vor allem diversen Finken, Stelzen und Feldlerchen sticht dieser unscheinbare Geselle am wenigsten durch sein Äußeres hervor.

 

Am Kopf hat er eine lebhafte Zeichnung

Dank seiner Färbung, die gut an seinen Lebensraum angeglichen ist, kann man ihn am Boden oder in der Vegetation nur mit Mühe entdecken. Seine Oberseite ist graubraun mit einer kräftigen Strichelung an Rücken und Mantel. Im Schlichtkleid ist sein Gefieder olivgrün überhaucht, die intensiven dunklen Strichel auf der cremeweißen Unterseite erstrecken sich über Brust und Flanken. Nur bei den jungen Wiesenpiepern ist die Flankenpartie noch unbefleckt.

Am Kopf hat er eine lebhafte Zeichnung mit einem undeutlichen Überaugenstreif, einem hellen, aber dunkel eingefassten Bartstreif und einem weißen Augenring. Dadurch bekommt der Wiesenpieper einen „freundlichen“ Ausdruck. Im Flug fallen am ehesten sein eher kurzer Schwank mit hellen Außenkanten und sein sehr dünner Schnabel auf. Am markantesten ist seine flatterhafte Flugweise und vor allem sein Flugruf, ein mehrfach geäußertes scharfes „Isst, Isst, Isst“.

Während die anderen nah verwandten Arten ihre Reise meist in Richtung Süden fortsetzen, bleiben die Wiesenpieper zu einem großen Teil in unseren Breiten.

Oft sitzt er auch auf Zaunpfosten

Auch das Schmidener Feld ist ein Überwinterungsgebiet dieses Singvogels. Im Sommerhalbjahr, also während der Brutzeit von März bis August, ist der Wiesenpieper überwiegend in offenen bis halboffenen Grünlandlebensräumen zu Hause, also auf Wiesen und Weiden, vor allem in Mooren und ähnlichen Feuchtgebieten, besonders gerne in Heiden oder in Salzwiesen und Marschen an der Küste.

In diesen meist baumlosen Landschaften trägt er seinen Gesang in einem eindrucksvollen Singflug vor: Vom Boden oder einer Sitzwarte aus erhebt er sich in einer steilen Flugkurve in die Luft, und vom höchsten Punkt an segelt er mit ausgebreiteten Flügeln und nach oben abgespreiztem Schwanz wie mit einem Fallschirm langsam gleitend wieder hinab.

Oft sitzt er auch auf Zaunpfosten, großen Steinen oder Sträuchern. Bei der Nahrungssuche bewegt sich der Wiesenpieper meist relativ rasch. Er rennt hin und her, wippt dabei – ähnlich wie eine Stelze – mit dem Schwanz und pickt hier und da nach einem kleinen Insekt oder einer Spinne. Sein Nest ist napfförmig und wird am Boden in dichter Vegetation gut versteckt. Doch alle Sorgfalt beim Nestbau ist vergebens, wenn der Lebensraum drumherum nicht mehr intakt ist. Sehr häufige und oft sehr frühe Mahdtermine sorgen dafür, dass heutzutage kaum noch eine der Bruten lebend durchkommt. Da bringt es ihm auch nichts, dass der Pieper theoretisch zwei Jahresbruten mit je vier bis fünf Jungvögeln aufziehen könnte.

Auf den Feldern rings um Fellbach fühlt sich der kleine Singvogel recht wohl

Zusätzlich sorgen Pestizide für zu wenig Insektennahrung und Überdüngung für viel zu dichte Vegetation am Boden. Auch Störungen durch unachtsame Erholungsuchende und freilaufende Hunde können für den Bodenbrüter fatal sein. Entwässerung und Grünlandumbruch, oft für großflächigen Maisanbau, haben schlussendlich viele der Feuchtwiesenlebensräume mittlerweile komplett entwertet. In der gesamten EU sind daher die Bestände des Wiesenpiepers zwischen 1990 und 2005 um gut 50 Prozent zurückgegangen, und es ist fraglich, ob sich dieser Trend wieder umkehren lässt. Auch in Deutschland ist die Art in den meisten Regionen stark gefährdet, nur im küstennahen Flachland kommt sie noch etwas häufiger vor.

Im März werden die Pieper wieder in ihre Brutgebiete im hohen Norden aufbrechen

In Baden-Württemberg kann man die Vorkommen fast an den Fingern einer Hand abzählen, vor allem in Oberschwaben, etwa im Naturschutzgebiet um den Federsee oder im Wurzacher Ried, brütet der Wiesenpieper noch.

Auf den Feldern rings um Fellbach fühlt sich der kleine Singvogel recht wohl, zumindest, solange es keine lange Periode mit Frost und Schnee gibt. In der Winterzeit, wenn es kaum Insekten gibt, deckt er seinen Energiebedarf zusätzlich mit Getreidekörnern und Sämereien. Diese findet er auf den mehrjährigen Blühflächen für die Rebhühner und auf Winterbegrünungen. Damit er die hartschaligen Samen besser verdauen kann, verschluckt er kleine Magensteinchen, die dann wie Mühlsteine bei der Zerkleinerung helfen. Im März werden die Pieper wieder in ihre Brutgebiete im hohen Norden aufbrechen. Solange aber sind sie hier sicherer als in so manchem Durchzugs- und Überwinterungsgebiet, wo immer noch Singvögel mit Netzen und Leimruten gefangen werden.

Steckbrief

Der unscheinbare Wiesenpieper ist etwa 14 bis 15,5 Zentimeter groß. Er ist ein ganz typischer Pieper mit oberseits oliv getöntem, graubraunem Gefieder. Die Unterseite ist beige mit dunkel gestrichelter Brust und Flanken. Auffällig ist seine lange Hinterkralle. Diese unterscheidet ihn vom sehr ähnlichen Baumpieper. Meist kann man die Arten aber schon anhand des Lebensraumes auseinanderhalten. Sind beide im selben Gebiet zu beobachten, etwa in einer Heide, am Rande eines Hochmoors oder jetzt zur Zugzeit auf einem Acker, erkennt man den Wiesenpieper an seinem recht dunkel wirkenden Schnabel und an der etwas diffuseren und nicht so kontrastreichen Kopffärbung – einem mit weniger ausgeprägten Überaugenstreif und einem schmaleren und blasseren Bartstreif.

Außerdem ist die Stimme bei allen Piepern ein wichtiges Unterscheidungskriterium. Während des Vogelzuges kann man mit etwas Glück und gutem Gehör andere Arten, die allesamt unsere Region durchziehen, anhand ihres Flugrufes unterscheiden. Wiesenpieper: „Isst, Isst, Isst“; Baumpieper: „psIE“; Brachpieper: „tschilp“ (ähnlich wie ein Sperling); Rotkehlpieper: „PSieee“.