Im ersten Teil unserer Serie lassen wir den Feldhasen (Lepus europaeus) hoppeln. Er kann bis zu drei Meter weite Sätze machen und ist ein Meister der Tarnung. Die intensivierte Landwirtschaft macht ihm aber das Leben schwer.

Fellbach - Feldhasen sind faszinierend: Schnellsprinter, Tarnkappe, Rundumblick und Super-Ohren. Was nach einem Superhelden klingt, ist in Wahrheit ein sehr verletzliches Lebewesen, das überall seltener wird. Auf Fellbachs Feldern findet man ihn dagegen zum Glück noch häufig.

 

Aber woher kommt der Brauch der Ostereier?

Sorry, Kinder! Ihr müsst jetzt ganz stark sein. Also: Der Feldhase bringt keine Ostereier. Damit ist zwar noch nicht endgültig gesagt, dass auch der Osterhase keine Eier legt. Aber da auch dieser ein Hase ist, können wir davon ausgehen, dass da irgendwas durcheinander geraten ist. Säugetiere legen nämlich – mit ganz wenigen Ausnahmen wie dem Schnabeltier in Australien – nie Eier. Hasen machen da keine Ausnahme.

Aber woher kommt der Brauch der Ostereier? Dazu gibt es verschiedene Erklärungen. Hasen wie auch Eier sind Symbole der Fruchtbarkeit. Was liegt da näher, als diese zwei zusammenzubringen, auch wenn es wider die Natur ist. Außerdem kann man davon ausgehen, dass die Menschen früher nach der entbehrungsreichen Zeit des Winters zu Beginn des Frühjahrs vielleicht das eine oder andere Vogelnest, in dem frisch gelegte Eier waren, geplündert haben, um damit ein paar Proteine auf den Teller zu bekommen. Auf der Suche nach diesen Eiern – um die Osterzeit herum – stolperte man sicher auch mal über einen Feldhasen. Wer weiß, vielleicht wurde auch bei dieser Gelegenheit dem Hasen das Eierlegen angedichtet.

Bei Schneefall lassen sich Hasen sogar komplett einschneien – die perfekte Tarnung

Normalerweise ruht der eher scheu und überwiegend nachtaktive Feldhase in einer sogenannten Sasse. Optimal getarnt durch sein erdfarbenes Fell liegt er über Stunden regungslos und so gut wie unsichtbar an diesem Platz, den er mit Bedacht ausgewählt hat. Eine offene Fläche mit gutem Überblick in alle Richtungen, möglichst trocken und warm. Bei Schneefall lassen sich Hasen sogar komplett einschneien – die perfekte Tarnung. Denn anders als sein Verwandter der Schneehase bekommt er im Winter kein weißes Fell. Auf dem Weg zu seiner Sasse unternimmt ein Hase den einen oder anderen Schlenker als Umweg. Die letzten Meter legt er mit einem großen Sprung zurück. So werden seine Feinde ausgetrickst, damit sie seine Spur nicht verfolgen können.

Außerdem haben sie keinerlei Duftdrüsen an den Füßen. Die Natur geht hier auf Nummer sicher. In der Sasse lautet die Devise: ganz ruhig liegen bleiben. Bei herannahender Gefahr bleibt ein Hase so lange es geht regungslos. Erst im allerletzten Moment macht er einen Blitzstart und sprintet davon. Mit seinen berühmt-berüchtigten Haken, die er auf der Flucht schlägt, ändert er so überraschend die Richtung, dass er damit die meisten Verfolger erfolgreich abschütteln kann. Mit seinen langen Hinterbeinen kann er bis zu 80 Kilometer pro Stunde schnell werden und riesige Sätze von drei Metern Weite und zwei Metern Höhe machen.

Das Schnittgut vom winterlichen Baumschnitt ist ein beliebter Leckerbissen

Die Rammler, so heißen die männlichen Hasen, vollführen manchmal regelrechte Boxkämpfe und Wettrennen, wenn sie um die Gunst der Häsinnen buhlen. Der Name des Gewanns Hasentanz kündet von diesen stürmischen Schlachten der Hasen. Fast zwei Dutzend Junge kann eine Häsin theoretisch zur Welt bringen – in einem Jahr! Feldhasen sind strikte Vegetarier. Sie ernähren sich hauptsächlich von grünen Pflanzenteilen: Blättern, Trieben, Knospen. Im Herbst kommen auch Körner und Samen dazu, im Winter knabbern Hasen gerne auch mal an Holz. Das Schnittgut vom winterlichen Baumschnitt ist ein beliebter Leckerbissen.

Pro Tag kommt die Masse von über einem Kilogramm zusammen, die ein ausgewachsener Hase verzehrt. Trinken muss er dagegen gar nicht, denn er entnimmt der Nahrung genug Feuchtigkeit.

Jedes Jahr werden mehr Hasen in Deutschland überfahren als Fellbach Einwohner hat

Im Blinddarm eines Feldhasen wird der Nahrungsbrei von Bakterien mit Vitaminen angereichert. Allerdings muss das Ganze zunächst ausgeschieden werden, damit diese Vitalstoffe verwertet werden können. Der Hase nimmt also diesen speziellen Kot wieder auf und deckt so seinen Vitaminbedarf. Koprophagie – in diesem speziellen Fall Caecotrophie – heißt dieses sonderbare Verhalten im Fachjargon.

Doch all diese Superkräfte haben Meister Lampe in den letzten Jahrzehnten wenig genutzt. Eine vielerorts intensivierte Landwirtschaft und die Zerschneidung der Landschaft durch Baugebiete und Straßen haben den standorttreuen Feldhasen das Überleben schwer gemacht. Jedes Jahr werden mehr Hasen in Deutschland überfahren als Fellbach Einwohner hat. Komplett abgeerntete und wildkrautfrei gespritzte Felder lassen nicht genügend Futter übrig. In einer von Monokulturen dominierten, ausgeräumten Landschaft findet sich keine Deckung. Beutegreifer lassen den verbliebenen Hasen keine Chance. Erfreulicherweise gibt es aber auf dem Schmidener Feld noch viele Feldhasen. Stellenweise zählt man mehr als 30 Exemplare auf einem Quadratkilometer. Das sind sehr gute Werte verglichen mit vielen Landstrichen in Deutschland. Die Chancen für eine Begegnung mit einem Hasen zu Ostern stehen also gut – egal, ob er die Eier mitbringt oder nicht.

Steckbrief

Die Hinterbeine und vor allem die Ohren des Feldhasens sind außergewöhnlich lang. Die Oberseite ist braun, die Unterseite etwas heller beige bis weiß. Während das Sommerfell eher heller erdbraun ist, erscheint das Winterfell grau getönt. An den Ohren und der Schwanzunterseite dient weißes Fell als Signalgeber (Stichwort „Lampe“). Die Gesamtlänge des Feldhasens beläuft sich auf rund 75 Zentimeter, die Tiere wiegen im Schnitt vier bis fünf Kilogramm.

Hasen werfen drei bis viermal im Jahr ein bis fünf Junge. Paarungszeit ist von Januar bis Oktober. Die Häsin wählt den Partner aus, sie paart sich aber mehrmals in kurzer Zeit, sodass es innerhalb eines Wurfs mehrere Väter gibt. Die Tragzeit dauert 42 Tage, die frisch geborenen Jungen sind Nestflüchter, die zweimal am Tag gesäugt werden. Eine Häsin kann sogar während der Tragzeit bereits ein weiteres Mal trächtig werden. Sie trägt dann Embryonen verschiedener Stadien in ihrer Gebärmutter. Das nennt man Superfötation.

Feldhasen sind kurzsichtig. Außerdem reagieren die Tiere als sogenannte Bewegungsseher besonders auf Bewegungen. Wer ruhig stehen bleibt, kann von einem Feldhasen eigentlich nicht gesehen werden. Dafür erkennt er jedoch jeden, der sich anschleichen möchte, umso besser. Mit dem absoluten Rundblick von praktisch 360 Grad sieht ein Feldhase gleichzeitig nach vorne und auch nach hinten. Die Augen stehen soweit seitlich am Kopf, dass das Sehfeld vorne und hinten binokular (beidäugig) ist.

Die Feldhasen ernähren sich vorwiegend von grünen Blättern, von Wildkräutern und Gräsern. Auch Feldfrüchte, Triebe und Knospen sowie Baumrinde stehen bevorzugt auf dem Speiseplan der Tiere. Ihre natürlichen Feinde sind Rotfüchse, Rabenvögel, Greifvögel und Wildschweine.