Polizei und Jäger warnen: Durch die Winterzeit fallen die Hauptverkehrszeiten in die Dämmerung, in der auch Wildtiere wechseln. Die Zahl der Unfälle mit Rehen und Wildschweinen nimmt deutlich zu.

Wer die Verkehrsnachrichten verfolgt, bekommt es mit: Die Meldungen über „Behinderungen durch ein totes Tier auf der Fahrbahn“ nehmen in den vergangenen Tagen zu. Für die Polizei, die Verkehrsexperten und erst recht für Jäger ist dies keine Überraschung. „Durch die Zeitumstellung fallen jetzt die Hauptverkehrszeit am Morgen und der Feierabendverkehr in die Zeit der Dämmerung. Dies ist auch die Zeit, in der Rehe, Wildschweine, Hasen und andere Wildtiere über die Straßen wechseln“, sagt Klaus Lachenmaier vom Landesjagdverband.

 

Tiere wechseln in der Dämmerung

Die Tiere richten sich nicht nach der Armbanduhr, sondern nach der Sonne. Auf der Suche nach Nahrung werden viele in der Übergangszeit zwischen Tag und Nacht aktiv. Nicht nur die größeren, sondern auch kleinere Arten wie Marder, Eichhörnchen, Igel und Katzen versuchen, im Schutz der Dunkelheit von einem Teil ihres Reviers zum gegenüberliegenden zu gelangen. Eine Gefahr für Vierbeiner und Autofahrer.

Am häufigsten kommen im Herbst Rehe und Wildschweine unter die Räder. „Die Deckung und die Früchte auf den Feldern sind verschwunden. In ihren Familienverbänden, den Rotten, begeben sich die Wildschweine auf Wanderschaft, um sich den nötigen Winterspeck anzufuttern“, sagt Lachenmaier. Hinzu komme, dass im Herbst auch der verkehrsunerfahrene Nachwuchs auf den Beinen ist. Teilweise werden die Jungtiere verstoßen und streunen auf der Suche nach einem eigenen Revier umher. „In der vorabendlichen Dämmerung sind momentan zudem auch Hundebesitzer unterwegs, die die Wildtiere aufscheuchen“, sagt Michael Frey.

Vier überfahrene Rehe auf der Filderlinie

Der Rohracker Jäger ist in diesem Jahr bereits viermal von der Polizei alarmiert worden, als auf der Mittleren Filderlinie oder auf der Hedelfinger Filderauffahrt ein Reh angefahren wurde und es erlöst werden musste. Auch Roland Hafenrichter, Jagdpächter aus Rotenberg, hat dieses Jahr bereits vier Rehe aufgrund eines Verkehrsunfalls und weitere vier Rehe durch wildernde Hunde verloren. Exakte Zahlen, ob sich die Wildwechselunfälle im Herbst in Stuttgart häufen, kann die Polizei nicht liefern. „Aber pro Jahr werden uns mehr als hundert Verkehrsunfälle mit Wildtieren gemeldet“, sagt eine Polizeisprecherin. Die Dunkelziffer ist – wenn es kleine Tiere betrifft – vermutlich hoch.

Geblendete Rehe bleiben stehen

Jäger, Experten der Automobilclubs und der Polizei bitten um defensives Verhalten. „Lieber Fuß vom Gas und immer bremsbereit sein. Vorausschauendes Fahren und erhöhtes Gefahrenbewusstsein helfen, folgenschwere Wildunfälle zu vermeiden“, rät Holger Bach, der Abteilungsleiter Verkehr und Umwelt beim ADAC Württemberg. Denn Wildtiere können meist die Geschwindigkeit von Autos nicht einschätzen und warten selten am Straßenrand, bis die Gefahr vorüber ist. Rehe haben sogar die Angewohnheit, dass sie auf der Straße stehen bleiben, wenn sie geblendet werden, und Igel rollen sich instinktiv zusammen.

Tempo drosseln

Das Tempo spielt eine entscheidende Rolle. 20 Kilometer pro Stunde weniger können Leben retten – auch das des Autofahrers und der Insassen. Gerade in der Dämmerung und bei Nacht sollten Autofahrer besonders vorausschauend fahren und mit angepasster Geschwindigkeit unterwegs sein. Schon Tempo 80 statt 100 verkürzt den Bremsweg um etwa 24 Meter und kann so dazu beitragen, einen Aufprall zu vermeiden. Immerhin wirkt ein 20 Kilo schweres Reh bei einem Aufprall auf ein 100 Stundenkilometer schnelles Fahrzeug mit einer Kraft von fast einer halben Tonne. Und ein ausgewachsenes Wildschwein wiegt ein Vielfaches.

Ein Tier kommt selten allein

Gerade bei den Schwarzkitteln gilt es, Lachenmaiers Tipp zu beherzigen: „Die Tiere wechseln selten allein die Straßenseite.“ Hinter einem weiblichen Reh springen oft Jungtiere aus dem Wald, und Wildschweine sind meist in Rotten unterwegs. Daher gilt auch hier: abblenden, bremsen, im Schritttempo weiterfahren, auch hupen kann helfen, sprungbereite Tiere zu vertreiben.