Das Stuttgarter Tierheim hat Welpen vorzeitig vermittelt. Vorerst sind sie in Tollwutquarantäne.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Das Glück schien vollkommen. „Bruno hat sich gut eingelebt, er ist Menschen gegenüber aufgeschlossen und freut sich über andere Hunde“, sagt Neele Otten. Das ist nicht selbstverständlich. Denn Bruno ist einer der 93 Hundewelpen, die zusammen mit 21 Katzenbabys aus einem illegalen Tiertransport befreit wurden und ins Tierheim Botnang kamen. Die Tiere stammen vermutlich aus einer Qualzucht und sollten illegal von der Slowakei nach Spanien geschmuggelt werden.

 

Neele Otten hatte im Internet davon gelesen. „Das hat mich betroffen gemacht, bei uns hier im Norden gibt es solche Transporte nicht“, sagt die 21-Jährige, die aus Schortens an der Nordsee kommt. Als kurz darauf der Hund ihrer Mutter starb, beschlossen sie, sich um einen Pudelwelpen aus dem Transport zu bewerben. Sie wurden auserwählt – und Otten holte Bruno, der damals noch René hieß, in Stuttgart ab. „Etwas Besseres als Bruno hätte uns nicht passieren können“, sagt die Auszubildende.

Das Tierheim darf derzeit keine Welpen vermitteln

Doch nun gibt es Probleme. Laut Albrecht Stadler vom Amt für Öffentliche Ordnung in Stuttgart hat sich der slowakische Besitzer gemeldet. Er fordert seine Welpen zurück. Tatsächlich sind sie rein rechtlich gesehen momentan noch dessen Eigentum.

Stadler erklärt das tierschutzrechtliche Vorgehen in solch einem Fall: Zunächst werde eine Beschlagnahme vollzogen. Der Bescheid darüber muss dem Besitzer zugestellt werden. „Da der in der Slowakei sitzt, war das nicht so einfach – wir haben bis heute keinen Zustellungsnachweis“, berichtet der Abteilungsleiter Sicherheit und Ordnung. Somit konnte der zweite Schritt bisher noch nicht eingeleitet werden: die Veräußerung der Welpen beziehungsweise die Enteignung des Besitzers.

Beim Ordungsamt hofft man, dass der slowakische Besitzer die Hunde nie wieder bekommt

Dieser hat sich beim Bundeslandwirtschaftsministerium gemeldet. „Jetzt versuchen wir, mit ihm in Kontakt zu kommen“, so Stadler – natürlich in der Hoffnung, dass er die Welpen nie mehr zurückbekommt. „Wir haben ja all seine Verfehlungen genaustens dokumentiert.“ Allerdings könne man nicht mit Gewissheit sagen, dass alle Papiere der Welpen gefälscht waren – auch wenn man davon ausgehe. „Es könnte aber theoretisch auch sein, dass einzelne Tiere schon über zwölf Wochen alt waren, somit transportiert werden durften und deshalb echte Ausweise hatten“, sagt Stadler. Solange die Eigentumsfrage nicht geklärt sei, sei es jedenfalls nicht rechtmäßig, dass das Tierheim Botnang die Welpen an andere Personen vermittle.

Petra Veiel, Pressesprecherin des Tierheims Botnang, sagt, sie habe von der Forderung des slowakischen Besitzers noch nie etwas gehört: „Dazu kann ich nichts sagen, das schockiert mich.“ Dass das Tierheim die Hunde bei den neuen Besitzern wieder abholen muss hält Martin Pechmann, Assistent der Geschäftsleitung im Tierheim, für ausgeschlossen. „Der Händler dürfte kein Interesse mehr haben, denn er müsste uns den gesamten Aufwand erstatten, und bis alles geklärt ist, wird dieser einen sechsstelligen Betrag erreichen“, so Pechmann. Die Kosten der Verwahrung überstiegen damit den Handelswert der Tiere. Für den Händler wäre dies also ein schlechtes Geschäft.

Amt verhängt Tollwutquarantäne

Normalerweise erhalte das Heim vom Amt Freigabedaten. Offenbar hat man darauf nicht gewartet. Pechmann spricht von einer „Sondersituation“ und meint damit wohl eine Überforderung. Noch nie habe man so schnell so viele Tiere, einige in schlechtem Zustand, aufnehmen müssen. Alle seien von Tierärzten untersucht worden, der Vertragstierarzt habe dann seine Einwilligung zur Vermittlung gegeben. Erst im Nachgang habe es eine Sperre vom Veterinäramt gegeben, sagt das Tierheim. Diese hat Neele Otten am 15. Mai über das Tierheim erreicht. Allen 15 neuen Welpenbesitzern wurde mitgeteilt, dass eine Tollwutquarantäne verhängt worden sei: Das Tierheim schreibt von einer „plötzlich verhängten Auflage“, Stadler indes sagt, die Quarantäne sei bereits in der Nacht im April verhängt worden, in der die Tiere ins Tierheim Botnang gebracht worden seien.

Für das Tierheim jedenfalls bedeutet diese Quarantäne, dass keines der Tiere mehr vermittelt werden darf: „Diese Welpen müssen noch für Wochen bei uns bleiben. Gar nicht auszudenken, was dies in der so wichtigen Prägephase für jeden einzelnen Welpen bedeutet“, sagt Tierheimsleiterin Marion Wünn. Die Kosten wachsen in dieser Zeit weiter.

Alle 15 bereits vermittelten Hunde müssen in Hausquarantäne

Die Welpen, die schon ein neues Zuhause gefunden haben, müssen in Hausquarantäne und dürfen vorläufig nicht mit anderen nicht geimpften Tieren in direkten Kontakt kommen. „Ich war geschockt“, sagt Otten, das Wort Tollwutquarantäne mache anderen Haltern natürlich Angst.