Die Ratten der Lüfte sind am westlichen Ortsrand von Ditzingen ein Problem. Die Lösung kommt die Stadt teuer: 50 000 Euro kostete ein Taubenturm – der vor der Einweihung inspiziert werden darf.

Ditzingen - Vier Tauben sollen es richten, ihre Artgenossen anlocken und dafür sorgen, dass die Bewohner des westlichen Ortsrands vom aggressiven Kot der Vögel verschont bleiben. Giesela Mayer ist überzeugt davon, dass diese vier die anderen Tauben im Umkreis von rund einem halben Kilometer anlocken werden. Tauben seien Schwarmtiere. „Also bringen sie andere zum Fressen mit“, sagt die Vorsitzende des Ditzinger Tierschutzvereins. Futter gibt es von nächster Woche an im neuen, für 50 000 Euro vom Gemeinderat beschlossenen Taubenturm genug.

 

Noch ist der Turm nicht besiedelt. Am Samstag, 13. Mai, lädt der Ditzinger Tierschutzverein zunächst zu einem „Tag des offenen Taubenturms“ ein. An jenem Nachmittag können sich die Bürger an der Hirschlander Straße ein Bild davon machen, wie es gelingen soll, sie von den Tauben zu befreien, die sie als Plage empfinden. Der aggressive Taubenkot beschädigt unter anderem Markisen, Zisternen und Fotovoltaikanlagen. Als der Unmut laut wurde, hat sich Mayer selbst ein Bild davon gemacht. Sie schätzte den schnell wachsenden Bestand auf rund 70 Tiere.

Ein beliebter Standort

Der westliche Ortsrand ist bei Tauben ausgesprochen beliebt. Mayer hat dafür eine einfache Erklärung: Dort, wo heute Wohnhäuser stehen, wurde früher Mais angebaut – ein gefundenes Fressen für die Stadttauben. Diese kamen immer wieder, brachten als Schwarmtiere neue Tauben mit, ließen sich nieder und brüteten. Weil Tauben als ausgesprochen standorttreu gelten, blieben sie dort. Weil die Tiere zudem lebenslang auch ihrem Partner treu bleiben, hatten sie auch in dieser Hinsicht keinen Grund, ihren Platz zu verlassen. Sie brüteten dort immer und immer wieder, sieben bis acht Mal im Jahr, stets zwei Eier.

Die vier Locktauben befinden sich seit vier Wochen in einem Provisorium unmittelbar neben dem Turm, sie gehören zu einem Schwarm von insgesamt 15 Tauben. Die vier Tiere hat der Verein laut Mayer aufgepäppelt. Sie waren beispielsweise verletzt in die Obhut genommen worden. Sie sind beständig in dem Provisorium, während die anderen umherfliegen. Die vier seien wegen des Bezugs zum Menschen zahmer als andere – aber gleichwohl weiterhin auch freie Vögel. „Ich darf kein Wildtier domestizieren“, verweist Mayer auf das Tierschutzgesetz.

Die Zeit drängt

Just aus diesem Grund drängt nun die Zeit für den Tag des offenen Taubenturms. Die vier Locktauben sollen zwingend in die Freiheit entlassen werden – selbst wenn sie freiwillig rückkehren. Im Turm schlafen, fressen und brüten sie. Ehrenamtliche tauschen die gelegten Eier dann gegen Gipseier aus. So will die Stadt die Population eindämmen. Dass dies gelingen kann, zeigen die Erfahrungen eines Taubenschlags, der ebenfalls in der Kernstadt ist. Am Fuchsbau seien es anfänglich 13 Tiere gewesen, nun kämen kontinuierlich 70.

Eine Plage, wenn auch nicht so groß wie in Venedig

Wie in vielen Orten gibt es auch in der Strohgäu-Kommune inzwischen so viele Stadttauben, dass die Räte die Plage eindämmen wollen. Bereits 2013 gab es die Idee, einen Taubenturm zu planen. Der Plan lag vor, als die Ditzinger Stadträte 2015 darüber berieten. 70 000 Euro sollte der Turm kosten. Das war den Räten zu viel, sie suchten nach Alternativen.

Die Stadträte diskutierten lange über die Idee, natürliche Feinde der Tauben anzusiedeln, etwa einen Greifvogel. Die Verwaltung lehnte dies ab. Sie war der Meinung, es gebe keine vernünftige Alternative zum Taubenturm, auch wenn die Ansiedlung eines Falken, einer Falknerei sogar, ein touristisches Moment sei. Der Gemeinderat folgte ihr.


Manche Stadträte waren angesichts der hohen Kosten skeptisch. Sie argumentierten, dass es nicht bei einem Turm bleiben würde. In der Tat besteht allein in der Kernstadt ein Problem auch rund um den Laien. Dort finden die standorttreuen Tauben mit Bäckereien und Cafés laut dem Tierschutzverein ebenso Futteroasen vor wie am westlichen Ortsrand.