Die Körpersprache ist für Hund oder Pferd wichtiger als Worte. Der Mensch kann sie erlernen - und mit dem Tier kommunizieren.

Stuttgart - Lassie, Fury und Flipper haben es vorgemacht, der Pferdeflüsterer Robert Redford zog nach: Mensch und Tier können miteinander kommunizieren, und das geht weit über einzelne Kommandos hinaus. Während manch einer noch immer die Kommunikation mit Tieren zusammen mit dem Heiligen Franz von Assisi und seiner Vogelpredigt ins Reich des Glaubens verbannen möchte, sind Tierhalter schon lange überzeugt, dass ihre Liebsten sie verstehen, und dass auch sie selbst die Zeichen der Tiere deuten können. In der Tat steckt hinter der Tierkommunikation eine seriöse Wissenschaft. Biologen und Ethnologen haben daraus einen Beruf gemacht.

Ein gut ausgebildeter Hund wie der Border Collie Rico, der es ins Fernsehen und in das Fachmagazin "Science" geschafft hat, kann mehr als 200 verschiedene Wörter lernen. Damit übertrifft das Vokabular dieser Tiere das der ebenfalls sehr verständigen Papageien, Affen, Delfine und Seelöwen. Verbale Kommunikation aber ist typisch für den Menschen.

Bei Tieren entscheiden Gestik und Mimik


Bei Tieren entscheiden Gestik und Mimik. Gerüche und Laute wirken nur unterstützend. "Inzwischen gibt es gute Literatur über das Ausdrucksverhalten der einzelnen Tierarten", erzählt Kristina Goslar. Sie ist Tierärztin und untersucht an der Tierärztlichen Hochschule Hannover das Verhalten von Tieren.

Die nonverbale Kommunikation fällt dem Mensch anfangs meist schwer. Er muss das artspezifische Verhaltensmuster kennenlernen, mit dem soziale Tiere wie Hund und Pferd reagieren. Wer das schafft, merkt schnell, wie Tieren Angst, Neugier oder Spielbereitschaft ins Gesicht und auf den Körper geschrieben sind. "Ein Halter sagt gerne mal, sein Hund wolle nur spielen. Wenn das Tier meinen eigenen Hund anstarrt und den Nasenrücken runzelt, ist das trotzdem eine klare Drohgebärde", erklärt Goslar.

Zeigt der Hund seine Zähne, wird es ernst


Folgt das Hochziehen der Lefzen und zeigt der Hund seine Zähne, kann es ernst werden. "Der eigene Hund erkennt diese Zeichen. Wendet er seinen Blick ab, beschwichtigt er damit den anderen", sagt die Tierexpertin. Unbewusst kennen auch Menschen das Starren als Drohgeste noch: Wer angestarrt wird, fühlt sich unwohl.

Bei Hunden entstehen unzählige Ausdrücke aus der Bewegung und der Haltung von Kopf, Hals, Rumpf, Gliedmaßen und Rute, verbunden mit dem Ausdruck von Ohren, Stirn, Nasenrücken, Lippen, Maulspalte und Augen. Die Körpersprache folgt Mustern, die zu verstehen sich lernen lässt. Besonders wichtig ist die Körpersprache für Tierärzte. Bleibt ein Hund schon an der Tür verängstigt zurück, hilft es oft, sich klein zu machen und den Blick abzuwenden. Auch Leckerli vor Beginn der Untersuchung helfen: "Das Kauen kann das Tier beruhigen", sagt Goslar. Trotzdem lässt sich ein Trauma nach einer schmerzhaften Behandlung nie ganz ausschließen.

Der Tierarzt achtet auf die Haltung des Tieres


Bei der Untersuchung achtet der Tierarzt auf die Haltung des Tiers. Vermeidet es, ein Körperglied zu belasten, ist das ein Zeichen für Schmerz. "Subtiler ist beispielsweise ein leicht aufgekrümmter Rücken", sagt Goslar. Er deutet auf Schmerzen in Rücken oder Bauch hin. Wird die Angst zu groß oder schlägt sie um in Aggression, ist eine Pause angebracht.

"Bei ängstlichen Tieren sollte man in Absprache mit dem Besitzer die Behandlung schnell durchführen und erst hinterher in Ruhe erklären, was man warum gemacht hat", rät Goslar. Dem Tier ähnlich einem Kind beruhigend zu erklären, dass ihm die Behandlung hilft, funktioniere leider nicht. Auch Pferde haben eine Körpersprache, die vor allem aus der Stellung zum Menschen, der Haltung von Hals, Kopf, Schweif und Beinen sowie dem Anspannungsgrad der Muskeln entsteht. Die Gesichtsmuskulatur mit Ohren, Nüstern, Lippen, Wangen und Maulspalt sendet zusätzlich subtile Zeichen.