Eigentlich sollte die betäubungslose Kastration von Ferkeln in wenigen Wochen ein Ende haben. Jetzt wird die Erlaubnis für die umstrittene Praxis noch einmal verlängert. Die Schweinebauern sind erleichtert, doch Tierschützer laufen Sturm.

Berlin - Ferkel dürfen in Deutschland vorerst weiter ohne Betäubung kastriert werden. Der Bundestag verschob am späten Donnerstagabend das geplante Verbot der Methode noch einmal um zwei Jahre. Eigentlich sollte das traditionelle Verfahren bereits mit Beginn des kommenden Jahres untersagt sein. Doch weil viele Schweinehalter das Fehlen von Alternativen beklagen, verlängerte das Parlament die Übergangsfrist bis Ende 2020.

 

In Deutschland werden Millionen Ferkel wenige Tage nach der Geburt betäubungslos kastriert. Das soll verhindern, dass das Fleisch von Ebern einen strengen Geruch und Beigeschmack bekommt.

Greenpeace über Entscheidung empört

Der Bauernverband zeigte sich erleichtert über den Parlamentsbeschluss, Union und SPD sprachen von einer letztmaligen, aber momentan unvermeidlichen Fristverlängerung. Grüne, Linke und Tierschützer äußerten sich jedoch empört. Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) warf der großen Koalition vor, sie sei „der parlamentarische Arm von Bauernverband und Schlachtindustrie“ und trete den Tierschutz mit Füßen.

Martin Hofstetter von Greenpeace kritisierte: „Diese Entscheidung verstößt gegen das grundgesetzlich festgelegte Ziel, Tiere zu schützen.“ Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, ergänzte, es gebe bereits drei tierschutzgerechte, praktikable Alternativmethoden.

Genau an dieser Stelle widersprach die Koalition allerdings. Die Tierschutzbeauftragte der SPD-Fraktion, Susanne Mittag, sagte, die vorhandenen Alternativmethoden seien „noch nicht vollkommen gangbar“. So seien etwa die Geräte für eine Betäubung mit Isofluran auf dem Markt noch nicht ausreichend vorhanden.

Mit der Reform des Tierschutzgesetzes war 2013 das Kastrationsverbot ab dem Jahr 2019 festgelegt worden. Die CDU-Abgeordnete Silvia Breher zeigte sich verärgert, dass die Zeit seit damals nicht ausreichend für die Entwicklung von Alternativen genutzt worden sei. Deshalb müsse die Frist nun ein letztes Mal um zwei Jahre verlängert werden.

Bauernpräsident Joachim Rukwied mahnte einen „geregelten Ausstieg“ aus der betäubungslosen Ferkelkastration an. „Deshalb müssen die zwei Jahre jetzt unbedingt genutzt werden, um pragmatische Lösungen für alle Betriebe und Betriebsgrößen zu finden.“