Nach einer Anzeige von Peta gegen einen Betrieb aus dem Kreis Esslingen beteuern Vertreter der Landwirte Bereitschaft zum Wandel, aber sie sind nicht mit Verboten einverstanden.

„Dass man einzelne Familien an den Pranger stellt, finde ich nicht gut“, sagt Siegfried Nägele, angesprochen auf eine Anzeige der Tierschutzorganisation Peta gegen einen Bauern aus dem Raum Kirchheim. Dieser hält seine Rinder in sogenannter Anbindehaltung – also angekettet im Stall. Peta hält das für Tierquälerei und will mit der Kampagne erreichen, dass solche Haltungsformen verboten werden. Nägele kennt indes die Zwänge, denen besonders kleine, oft familiengeführte Betriebe unterliegen. Er ist Co-Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Esslingen und war selbst im Nebenerwerb Milchviehhalter. „Es ist nicht realistisch und auch nicht gerecht, dass man etwas von heute auf morgen verbietet.“

 

„Die Landwirtschaft ist erkennbar bereit, sich weiterzuentwickeln“, sagt Nägele. Neue Anbindeställe würden nicht mehr gebaut, bestehende so weiterentwickelt, dass es für die Tiere zeitweise Auslauf auf Weiden oder andere Flächen gebe. Diese Entwicklung bestätigt das Landwirtschaftsministerium: Gemäß einer Zählung 2020 in Baden-Württemberg seien etwa 13 Prozent der Haltungsplätze mit Anbindehaltung. Die Zahlen seien rückläufig. „Es lebt keiner im Glashaus“, sagt Nägele. Man orientiere sich an gesellschaftlichen Ansprüchen. Dennoch komme Anbindehaltung vor allem in kleineren Betrieben vor. Der Bau eines Laufstalls bedeute enormen Investitionsaufwand und im dicht besiedelten Kreis Esslingen gebe es teilweise keinen Platz für den Bau größerer Ställe sowie Probleme mit Nachbarn wegen der Immissionen. Der Landesbauernverband hat sich 2018 in einer gemeinsamen Erklärung mit seinen Pendants in Baden und Bayern sowie den zwei Landeslandwirtschaftsministerien gegen ein Verbot ausgesprochen. Stattdessen plädierten die Unterzeichner dafür, Betriebe bei der Entwicklung weg von der ganzjährigen Anbindehaltung zu unterstützen. Nägele hat an der Erklärung mitgearbeitet. „Wir möchten nicht, dass wir Betriebe verlieren, nur weil sie klein sind. Aber wir wollen auch nichts beschönigen.“

Peta ruft zu Boykott von Milchprodukten auf

Derweil fordert Peta ein sofortiges Verbot und hat Strafanzeige gegen den Betrieb im Kreis Esslingen eingereicht, wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigt. Zwar ist die Anbindehaltung nicht ausdrücklich verboten. Peta beruft sich aber auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Münster, das diese Haltungsform als einen Verstoß gegen die Anforderungen des Tierschutzgesetzes wertet. Demnach dürfe man Tieren keine lang anhaltenden, vermeidbaren Schmerzen zufügen, erklärt Peta. Das sei bei Anbindehaltung aber der Fall. Den Rindern würden arteigene Verhaltensweisen verwehrt. Zudem erlitten sie durch das Anbinden und das dauerhafte Stehen und Liegen auf hartem Untergrund Verletzungen. Da die Landesregierung den schnellen Ausstieg aus der Haltungsform blockiere, ruft Peta Verbraucher dazu auf, Milchprodukte aus Baden-Württemberg zu boykottieren.

Dagegen betont das Landwirtschaftsministerium, sein erklärtes Ziel sei es, die ganzjährige Anbindehaltung zu unterbinden. Ein schnelles Verbot im Südwesten ist aber offenbar nicht geplant, vielmehr werden Beratungs- und Förderprogramme für Landwirte erwähnt. Zudem verweist das Ministerium auf Pläne der Bundesregierung für ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung mit einer Ausstiegsfrist von zehn Jahren.