Kaum ein Tier ist in Berlin so unbeliebt wie die Taube. Jetzt soll der Vogel rehabilitiert werden. Diana Plange hat es zu ihrem Beruf gemacht.

Berlin - Tauben sind überall da, wo Menschen sind. Denn wo Menschen sind, da wird auch gefuttert. Tauben mögen eigentlich lieber Körner. Aber in einer Großstadt wie Berlin können sie nicht wählerisch zu sein. Sie müssen fressen, was vom Tisch der Stadt herunterfällt. Das könnte den Berlinern eigentlich egal sein. Wenn nicht die Sache mit dem Kot wäre. Zehn Kilo, das hat der Bundesverband der Tierversuchsgegner ausgerechnet, hinterlässt ein Tier pro Jahr. Tauben hinterlassen ihren Kot überall. Was vielleicht erklärt, warum 99 Prozent der Berliner nicht gut auf Tauben zu sprechen sind. Es gibt kaum ein Tier, das so unbeliebt ist. Viele sagen: Tauben sind die Ratten der Lüfte.

 

10 000 leben in Berlin, vielleicht 15 000. So genau kann das Diana Plange nicht sagen. Dabei trägt sie seit einem Jahr die Verantwortung dafür, dass das Zusammenleben zwischen Mensch und Taube reibungslos funktioniert. Plange ist Berlins Taubenbeauftragte. Es ist ein Wort, das sie nicht gern hört. Schließlich, sagt die 63-Jährige, sei sie ja nicht nur für Tauben zuständig, sondern als Beauftragte für Tierschutz auch für alle anderen Tiere. Für Hunde und Katzen, für Eichhörnchen, und Igel, für Wildschweine und Ratten, für Reptilien oder Zirkustiere. In ihrem Büro in der dritten Etage des Senats für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung hängen Schwarz-Weiß-Fotos von Affen, Elefanten und Löwen.

Als Amtstierärztin in Spandau hatte sich Plange den Ruf erworben, sie sei Berlins streitbarste Veterinärin. Sie kämpfte für ein Verbot der Zucht von Nacktkatzen und gegen den Einsatz von Wildtieren im Zirkus. Sogar radikale Tierschutz-Organisationen wie Peta lobten sie.

Dass sie in ihrem Amt als Beraterin des Senats an den Stellschrauben der Politik drehen kann,erfüllt sie mit Freunde. Sie habe sich einiges vorgenommen, verkündet sie. Besonders für die Tauben. „Die“, sagt Plange, „sind ja nicht vom Himmel gefallen.“ Es seien Brief- oder Hochzeitstauben, die irgendwann mal ausgesetzt worden seien oder den Weg nicht mehr zu ihren Besitzern zurückgefunden hätten. Verwilderte Haustiere, wenn man so will.

Von der Politik seien Tauben bislang aber vernachlässigt worden. Bürger hätten versucht, die Tiere auf eigene Faust zu vergrämen - mit Methoden, die mitunter an Tierquälerei grenzten. Mit Taubenspikes zum Beispiel. Die sollen verhindern, dass Tauben an Häuserfassaden landen, um ihre Nester zu bauen. Oft ermöglichten sie es den Tauben aber erst, dort zu nisten – mit tödlichen Konsequenzen. Wenn Jungvögel aus dem Nest fallen, werde sie werden sie regelrecht aufgespießt.

Damit soll jetzt Schluss sein. Betreute Taubenschläge sollen das Problem lösen. Bauwagen, in denen die Tiere fressen, nisten und auch ihren Kot hinterlassen können. In der Politik kann sie auf Unterstützung für ihren Plan hoffen. Der rot-rot-grüne Senat will den Tierschutz stärken, so steht es im Koalitionsvertrag. Bleibt nur noch die Frage: Was kostet das – und wer soll das bezahlen?

Plange lächelt. Sie sagt, als erstes müssten Juristen klären, wer überhaupt zuständig sei? Der Senat? Die Bezirke? Oder Bürger, die die Tauben irgendwann mal ausgesetzt hätten? Vermutlich laufe es auf einen Topf hinaus, in den mehrere Stellen einzahlen, vielleicht auch die Berliner Verkehrsgesellschaft als Betreiberin der S- und U-Bahnhöfe. Aber wer soll die Taubenschläge reinigen?

Man muss Tauben schon sehr lieben, um diesen Job gern zu machen. Und selbst dann ist der Job gefährlich. Augsburg hat schon ein Taubenmanagement installiert. Seither seien die Tauben in der Stadt weniger geworden, heißt es. Die Taubenschläge würden von ehrenamtlichen Mitarbeitern betreut. Reden wollen sie nicht über ihre Arbeit. Es heißt, sie hätten Angst vor Racheakten von Taubengegnern.