Die Suche nach kreativen Weihnachtsgeschenken kann zermürbend sein. Doch von Tieren unter dem Weihnachtsbaum raten Tierheime und Tierschutzvereine dringend ab. Die Aufnahme von Hund, Katze und Co. in einen Haushalt sollte gut überlegt sein.

Gaben mit Gähn-Faktor gibt es genug – langweilige Präsente, die weder Adrenalinschübe noch Freudentaumel auslösen. Geschenkideen mit Biss, Kick oder Abenteuerspirit sind daher begehrt. Geistesblitze schlagen aber meist nicht ein. Doch halt! Ein Einfall könnte durch angestrengt nachdenkende Gehirne donnern: „Wäre ein lebendiges Tier unterm Christbaum nicht eine Belebung des alljährlichen Bescherungstrotts?“ Besser nicht. Geschenke mit Pfoten oder Flügeln sind keine gute Idee, sagen Vertreter von Tierheimen und Tierschutzvereinen in der Region.

 

Ein knuffiges Aussehen, große Tierglupschaugen oder ein flauschiges Streichelfell lassen die Herzen besonders zu Weihnachten schmelzen. Doch der Knuddelfaktor vergeht. Die Verantwortung bleibt. „Grundsätzlich sollte man Tiere nicht wie eine Ware verschenken, egal zu welcher Zeit“, macht Marion Wünn vom Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung klar. Rechtzeitig vor den Feiertagen besteht im Tierheim Kirchheim ein Vermittlungsstopp, Tiere als Geschenke gibt es aus dem Tierheim Esslingen generell nicht, und auch der Tierschutzverein Filderstadt rät davon ab.

Unterschiedliche Gründe werden für das klare Nein zu atmenden Weihnachtsgeschenken genannt: Die Aufnahme eines tierischen Familienmitglieds sollte gut überlegt und mit allen Familienmitgliedern abgestimmt werden. Der künftige Halter und das Tier müssten sich erst gut kennenlernen, finanzielle Belastungen durch Futter oder Tierarztkosten würden meist nicht bedacht, der Aufwand für Pflege und Haltung gehe über die Feiertage hinaus. Die hektische turbulente Weihnachtszeit mit vielen Besuchen und Familientreffen, meinen die Tierschützer, könne für die Eingewöhnungsphase eines neuen tierischen Hausbewohners ungeeignet sein, und ausführliche Vorabinformationen über Haltungsbedingungen seien unerlässlich. Hamster zum Beispiel, warnt Josefine Bohn von den Tierfreunden Filderstadt, seien als Geschenk für Kinder denkbar ungeeignet: „Sie sind nachtaktiv und werden auch nicht gerne hochgehoben.“

Tierhaltung ist teuer

Der Zauber kann rasch verfliegen. Gassigehen, Füttern oder Ausmisten des Käfigs können nach einer spannenden Anfangszeit lästig und nervig werden. Das zu Weihnachten geschenkte Tier wird dann schnell zum unerwünschten Störenfried. Doch einen Rückgabe- oder Aussetzboom in den Wochen nach den Feiertagen haben die Vertreter der Tierheime in den letzten Jahren nicht erlebt: Vermehrte Belegungszahlen nach Weihnachten gebe es nicht, sagen sie. Vielmehr würden während des ganzen Jahres Tiere aus finanziellen Gründen in seiner Einrichtung abgegeben, hat Horst Theilinger als Leiter des Tierheims Esslingen beobachtet. Diese Entwicklung führt er auf die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die hohe Inflationsrate oder die steigenden Preise zurück. Mit Weihnachten habe diese Situation aber nichts zu tun. Wenn überhaupt, würden unüberlegt gekaufte lebendige Weihnachtsgeschenke erst nach einem längeren Zeitraum nach den Festtagen abgegeben. Meist seien es Kleintiere, die es überall zu kaufen gebe. Sandra Nebe vom Tierschutzverein Kirchheim macht eine Hochphase eher im Herbst aus: „Wenn es kalt und nass wird, will man sich die Katzen draußen nicht mehr anschauen.“ Im Sommer würde das noch Freude bereiten, doch in den kühleren Jahreszeiten werde das zum Ballast und unattraktiv: „Da sollen sich andere um das Elend kümmern.“ Die Nachweihnachtszeit versetzt auch Marion Wünn nicht in Unruhe. Ihr bereiten eher die „Animalhoarder“ Sorge: „Tiersammler gibt es immer mehr. Allein in diesem Jahr mussten wir Hunderte Tiere aus solchen Tiermessiwohnungen im Tierheim aufnehmen.“

Doch auch die Abgabe von Einzeltieren handeln die Tierheime der Region nach eigenen Angaben mit Sorgfalt und Umsicht. Hauruckaktionen gebe es bei der Vermittlung von Tieren nicht, versichern sie übereinstimmend. Vorabbesuche und Beratungen gehören vor der Abgabe zu den „Musts“ im Tierheim Esslingen, betont Horst Theilinger: „Dann gibt es keine bösen Überraschungen.“ In Filderstadt ist ein „Probewohnen“ üblich: Nach gemeinsamen Spaziergängen, Gesprächen und Beratung darf der neue Hausgenosse erst einmal vorübergehend bei seinem möglichen künftigen Herrchen oder Frauchen einziehen, sagt Josefine Bohn. Ein Hausbesuch kläre dann, ob alles in der menschlich-tierischen WG passe: „Bei Katzen, die später Freigang haben sollen, prüfen wir die Anschrift und schauen, dass keine größeren Straßen in der Nähe liegen.“ Bei Kaninchen lasse man sich Bilder von den zukünftigen Gehegen zeigen. Ruck, zuck geht die Abgabe von Tieren natürlich auch in Kirchheim nicht ab. Laut Sandra Nebe sind ein Vorgespräch am Telefon, ein Besuchstermin vor Ort im Tierheim und eine Vorkontrolle im neuen Zuhause die Regel.

Kritik am Verschenken lebendiger Tiere

Gründe
Für die Abgabe von Tieren in Tierheime geben die Mitarbeiter unterschiedliche Gründe an: Umzug, Allergien, unüberlegte Anschaffung, Überforderung, berufliche Veränderungen, Zeitmangel oder Haltungsverbote durch den Vermieter. Oft würden Besitzer auch in ein Pflegeheim umziehen oder versterben. Schuld sei manchmal zudem eine Veränderung der Lebensumstände wie Trennung und Scheidung oder eine Schwangerschaft. Bei Haushalten mit mehreren Katzen könnten Unsauberkeiten zur Trennung vom Tier führen.

Kritik
 Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk bejaht laut einer dpa-Meldung den Vermittlungsstopp vieler Tierheime vor Weihnachten. Ein Haustier sei kein kurzzeitiger Weihnachtsgast und nicht nur über die Feiertage zu Besuch. Auch im Böblinger Tierheim wird laut dpa bis Neujahr kein Tier mehr vermittelt. Ausnahmen würden nur bei Kaninchen gemacht. Da sei im Todesfall eines Tieres schneller Ersatz gefragt, denn Kaninchen bräuchten Gesellschaft.

Unterstützung
Jeder Tierhalter sollte sich vor der Aufnahme eines Tieres schlau machen. Viele Tierheime und Tierschutzvereine bieten Beratungen, Gespräche oder teilweise auch Seminare für künftige Halter an. Der Deutsche Tierschutzbund hält auf seiner Homepage Broschüren und Infomaterialien zu den Haltungsbedingungen sehr vieler Tierarten auch für junge Menschen bereit. Die Flyer sind unter www.tierschutzbund.de über den Suchweg Information, Service und Broschüren zu finden und können auch bestellt und angefordert werden.