Das Veterinäramt greift in drei Fällen ein, die durch Hinweise aus der Bevölkerung bekannt wurden. Das Tierheim steht nun vor einer Herausforderung.
Es wimmelt nur so vor lauter Neuzugängen im Stuttgarter Tierheim: In diesem Jahr hat das Veterinäramt schon 95 Katzen und Hunde aus schlechten Verhältnissen und aus der Qualzucht gerettet. Die Stuttgarter Tierschützer in Botnang kümmern sich nun um die Tiere – eine Mammutaufgabe, auch finanziell.
Die Tiere stammen aus drei Fällen, die von aufmerksamen Zeugen gemeldet worden waren. Einmal waren es neun Katzen, deren Halter überfordert wirkte. Im zweiten Fall handelt es sich um eine Katzenzucht, die unter nicht tiergerechten Bedingungen lief. In einem Fall wies ein Kater Anzeichen auf, wie sie in Qualzuchten zu sehen sind: Das Tier hat sogenannte Faltohren.
Der dritte Fall war der umfangreichste: 68 Hunde auf einen Streich mussten die Amtstierärztinnen und der städtische Tiernotdienst von einem Züchter abholen. Obwohl es sich um die kleinste Hunderasse der Welt handelte, um Chihuahuas, wurde es bei dem Betrieb zu eng. Die Tiere lebten unter unhygienischen Verhältnissen teilweise in gestapelten Transportboxen. Im Fall des Züchters ermittelt nun auch die Stuttgarter Polizei.
In Quarantänezimmer untergebracht
Damit hat sich mit einem Schlag die Zahl der Hunde verdoppelt, die nun in dem Tierheim untergekommen sind. Und der Pflegeaufwand dazu hat sich noch mehr als verdoppelt, so die Sprecherin Petra Veiel: „Viele benötigen ärztliche Hilfe, bekommen verschiedene Medikamente“. Auch deshalb bekommt jeder einen eigenen Napf. „Hunde sind sehr soziale Tiere“, erklärt Veiel, „daher bringen wir sie nicht in Boxen unter. Dafür haben wir Quarantänezimmer.“ Schlimmere Krankheiten sind bisher nicht entdeckt worden. Aber manches zeigt sich erst im Lauf der Zeit, Allergien etwa oder Probleme mit der Bauchspeicheldrüse. Den Humor hat Veiel trotz allem nicht ganz verloren: „Wenigstens sind keine Doggen dabei.“ Um zumindest etwas Platz zu schaffen, werden nun möglichst viele der bisher in Botnang lebenden Tiere an Pflegemenschen übergeben, die dem Tierheim bekannt sind. Die Verantwortlichen rechnen damit, dass die nun in Obhut genommenen Hunde und Katzen von Anfang Februar an vermittelt werden können. „Es gibt schon Anfragen. Da wir nun wirklich alle sehr viel mit der Pflege zu tun haben, bitten wir darum, per E-Mail nachzufragen“, sagt Petra Veiel. Denn es gehört zum guten Ruf dieses Tierheims, sehr darauf zu achten, dass die Tiere ein gutes Zuhause bekommen.
Dass es nun sehr viel Lob gibt von der Stadt, freut die vielen Pflegenden. Aber noch erfreulicher wäre für sie eine höhere finanzielle Unterstützung der Stadt. Denn die Kostensteigerung ist nun auch gewaltig. Und das Tierheim finanziert sich vor allem durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und die Kostenerstattung für Fund- und Verwahrtiere. Denn der normale Betrieb läuft wie gehabt weiter.
Und das bedeutet konkret: Nach wie vor werden mehr Haustiere abgegeben als vermittelt werden können. „Natürlich gibt es Menschen, die ein Haustier aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr halten können. Aber generell muss man sich ein Haustier leisten können“, sagt Petra Veiel. „Für einen Hund muss man etwa 2000 Euro im Jahr rechnen – ohne Arztbesuche“. Da wäre viel geholfen, wenn die städtische Hundesteuer dem Tierheim überwiesen würde.
Die ersten Tiere können wohl von Februar an vermittelt werden
Thomas Stegmanns, der Leiter der Veterinärbehörde, sieht trotz der schlechten Umstände, in denen die Tiere bislang leben mussten, auch eine gute Nachricht: „Für sie hat das Jahr gut begonnen, weil wir sie aus schlechten Lebensbedingungen gerettet haben“, sagt er. Und er appelliert: Wer sich ein Haustier zulegen will, sollte sich bevorzugt an ein Tierheim wenden und den dort lebenden Tieren ein neues Zuhause schenken. Wer lieber zu einem Zuchtbetrieb tendiere, solle diesen genau anschauen und sich ein Bild davon machen, wie die Elterntiere gehalten werden. Auf keinen Fall solle man Schnäppchenangeboten folgen, die man im Internet häufig findet.