Die Welthandelsorganisation hat das Importverbot der EU für Produkte aus der umstrittenen Seehundjagd in Kanada bestätigt – aus moralischen Erwägungen.

Stuttgart - Ein Expertengremium der Welthandelsorganisation WTO hat entschieden, dass der Importbann für Robbenfelle und -fleisch zulässig sei, weil die EU auf die moralischen Vorbehalte ihrer Bürger gegen die Robbenjagd reagiert. Allerdings sieht die WTO auch einzelne Verstöße der EU gegen internationale Handelsverpflichtungen. Kanada kündigte Berufung gegen den WTO-Bericht an.

 

Zwar ist die wirtschaftliche Bedeutung der Robbenjagd im Vergleich zu anderen Industrien gering, die Entscheidung kann aber über die Robbenindustrie hinaus Bedeutung haben. Gegner und Befürworter der Jagd sprachen von einem „bahnbrechenden Urteil“, da erstmals moralische Einstellungen der Bevölkerung zur Rechtfertigung von Handelsbeschränkungen abgesegnet worden seien, was weitreichende Folgen für den Handel mit Tierprodukten haben könnte. Der Bericht des WTO-Panels sei „ein wichtiger Präzedenzfall für den Tierschutz“ im Welthandel, meinte Rebecca Aldworth von der Human Society.

Kanada steht zur Robbenjagd

Kanada und Norwegen waren gegen den EU-Importbann vorgegangen. Kanada ist der Überzeugung, dass die EU ihre WTO-Verpflichtungen verletzt. „Wir stehen hinter Tausenden von Kanadiern in Gemeinden an der Küste und im Norden, die von der Robbenjagd abhängig sind, um ihre Familien zu ernähren und ihre Kulturen und Traditionen zu bewahren“, erklärten die kanadischen Minister Ed Fast (Handel), Gail Shea (Fischerei) und Leona Aglukkaq (Umwelt und Entwicklung des Nordens).

Laut EU hat das WTO-Panel die Beschwerde Kanadas und Norwegens zurückgewiesen und bestätigt, „dass der EU-Bann aus moralischen Gründen gerechtfertigt ist“. Der EU-Bann war ausdrücklich mit dem Hinweis auf die Entrüstung der „auf Tierschutzfragen empfindlich reagierenden Bürger und Regierungen“ begründet worden. Der WTO-Bericht sieht zwar in dem Importverbot diskriminierende Aspekte, bestätigt aber den Bann.

Tierschützer kämpfen gegen die „grausame“ Jagd

Das Importverbot der EU für Robbenfelle, Medikamente aus Robbenöl und Robbenfleisch war im August 2010 in Kraft getreten. An der Atlantikküste vor Neufundland findet im Frühjahr die Jagd auf Sattelrobben statt. Die meisten Robben werden erschossen, ein Teil aber auch mit Hakapiks erschlagen. Tierschützer kämpfen gegen die Jagd, die sie „blutig, grausam und unnötig“ nennen. Kanadas Regierung hält die Robbenjagd für umfassend reguliert und in Übereinstimmung mit Vorschriften des Tierschutzes.

Für Produkte aus der Robbenjagd durch die Inuit gelten Ausnahmen. Die Arktis-Ureinwohner sind aber vom Niedergang des Marktes betroffen. Das WTO-Panel befand, dass die Ausnahmeregelungen für die Inuit so formuliert seien und angewendet würden, dass die kanadischen Inuit davon gegenwärtig nicht profitierten. Die EU wird zu Änderungen aufgefordert.