Schweinezüchter sind im Zwiespalt: Bauen sie Ställe mit Auslauf, gibt es Ärger wegen des Gestanks und der steigenden Emissionen. Auf einer Bauernversammlung in Laupheim herrscht gedrückte Stimmung.

Laupheim - Es geht einen Nachmittag lang um die Zukunft, nämlich das Bau- und Planungsrecht in der Tierhaltung. Aber die Stimmung unter den 50 auf Einladung des Landesbauernverband in Baden-Württemberg nach Laupheim (Kreis Biberach) gekommen Schweinezüchtern ist verhalten, um nicht zu sagen, gedrückt. Es ist der Tag, an dem Landwirtschaftsminister Julia Klöckner (CDU) in Berlin das staatliche Tierwohllabel vorgestellt hat.

 

Der Druck auf die Tierhalter wird zunehmen, und ein Züchter bringt es in der Diskussion auf den Punkt: „Das Tierwohl greift immer stärker um sich. Wir müssen was tun.“ Das mag sprachlich ungelenk klingen, aber es spiegelt die Lage der Tierhalter wider: Bei ihren früheren Investitionen hatten sie auf langfristige Standards vertraut. Die geraten nun ins Wanken. Was sollen sie heute tun? Investieren in Ställe mit Auslauf, viel Platz für die Tiere und Spielzeug für Ferkel? Drei Stunden lang haben die Experten Karsten Kühlbach und Ewald Grimm vom m Darmstädter Kuratorium für Technik und Bauen in der Landwirtschaft (KTBL) detailliert beschrieben, welche Ausbau- und Umbaumöglichkeiten Stallbesitzer haben, und auf welche umweltrechtlichen Grenzen sie bei ihren Investitionen stoßen.

Die Ausdünstungen von Ammoniak sind ein Problem

Ihr Fazit: Durch die anstehende Reform der Technischen Anleitung (TA) Luft werden die Vorschriften für die kritische Ammoniakausdünstungen landwirtschaftlicher Betriebe noch strenger. Einerseits wolle die Politik mehr Tierwohl, andererseits werde durch strengere Emissionsregeln „die Standortfrage verschärft“, sagt Ewald Grimm: „Das harmoniert nicht.“ Die Genehmigungsbehörden prüfen die Gesamtbelastung durch Gerüche sowie die Ausdünstungen von Ammoniak und Staub eines Mastbetriebes. Sollten die nach dem Um- oder Neubau eines Stalles höher ausfallen, würde das Projekt nicht genehmigt. Mit „Ausbreitungsberechnungen“ versuchen die Ämter die Neubelastungen vorherzusagen. Exakte Zahlen über die Belastung von Ställen mit Auslauf gibt es nicht, aber Grimm schätzt, dass sie bei gleichem Tierbestand um bis zu 30 Prozent mehr Emissionen erzeugen als konventionelle Ställe.

Zwei Beispiele aus einer Betriebsumstellung vom geschlossenen Stall hin zu einem mit freiem Auslauf für glückliche Schweine verdeutlichen das Problem. Der eine war in einem Mittelgebirge in Hessen, mit einem schwachen Luftaustausch – die Geruchsemissionen hatten sich früher auf wenige Hundert Meter beschränkt, mit dem Freilauf war der Gestank noch zwei Kilometer weit zu riechen. Beim zweiten Beispiel, einem neuen, genehmigten Schweinemastbetrieb in der Schweiz, führte ein offener Laufstall zu solch hohen Geruchsbelastungen, dass der Stall nachträglich mit Folien geschlossen werden musste.

Abluftfilter im Stall sind teuer

Um die Gesamtbelastung nicht zu erhöhen, müssten Landwirte bei Auslaufställen ihren Bestand vermindern – eine teure Alternative. Bei tierwohlfreundlichen geschlossenen Ställen kämen Abluftfilter in Frage, aber auch das ist mit erheblichen Mehrkosten – bis zu 20 Euro pro Jahr und Mastplatz – verbunden. Für Großbetriebe ab 2000 Schweinen – wie sie in Norddeutschland oft vorkommen – könnten die Filter mit der neuen TA Luft übrigens vorgeschrieben werden. Unzweifelhaft ist, dass die Landwirtschaft eines der Hauptverursacher von Ammoniak ist – einer Vorläufersubstanz von Feinstaub – und einer der wenigen Luftschadstoffe, die im letzten Jahrzehnt nicht reduziert wurden. Ihr bundesweiter Ausstoß soll von heute 550 000 Tonnen ab 2030 um 29 Prozent vermindert werden. Ein Bündel von Maßnahmen wird da vom Gesetzgeber erwogen: Die zeitnahe Ausdüngung von Gülle binnen weniger Stunden, die Absenkung und Abdeckung von Güllebehältern sowie eine Änderung des Futters hin zu weniger Stickstoff und Phosporgehalt, was für Landwirte wegen der geringeren Futterkosten noch am erträglichsten wäre.

In der Branche diskutiert werden auch der Bau von Güllekanälen wie in den Niederlanden, sogenannte Kotabscheider wie in der französischen Bretagne oder die nicht unumstrittene Ansäuerung der Gülle mit Schwefelsäure – alles mit dem Ziel, die Ammoniak-Abgabe an die Luft zu vermindern. All diese Maßnahmen sind mit Mehrkosten verbunden.

Dass Bauern angesichts der aktuellen Lage stark in neue Ställe investieren wollen, war in Laupheim nicht zu hören. „Es werden weitere Betriebe auf der Strecke bleiben“, sagte ein Landwirt. Laut Andreas Braig, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Ulm-Ehingen, sei die Lage der Schweinezüchter in der Region „jetzt schon katastrophal“ bei Erlösen um 1,36 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. Die Betriebsgrößen rangierten hierzulande von Bauern mit 100 bis 400 Tieren. Nur wenige hielten 800 bis 1000 Schweine.

Ohne eine zusätzliche Förderung durch das für Öko-Bauern gedachte FAKT-Landesprogramm in Baden-Württemberg – das war Konsens in Laupheim – wird eine Investition in mehr Tierwohl schwierig.