Der Künstler Tim Bengel war zu Gast in der Redaktion in Esslingen. Der Senkrechtstarter im internationalen Kunstmarkt hat gezeigt, dass er die Bodenhaftung nicht verloren hat. Dem Prinzen Albert von Monaco hat er trotzdem einen Korb gegeben.

Esslingen - Auch wenn die Karriere von Tim Bengel (bisher) auf Sand gebaut ist – er selbst steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Davon haben sich die Leserinnen und Leser der Stuttgarter Zeitung im Verlauf eines kurzweiligen Abends im Rahmen der Reihe „StZ im Gespräch in Esslingen“ überzeugt.

 

Im launigen Frage-Antwort-Spiel mit dem Redaktionsleiter Kai Holoch und im anschließenden Gespräch mit dem Publikum hat sich die vielschichtige Persönlichkeit des jungen Esslinger Künstlers zu einem schlüssigen Ganzen gefügt – Stück für Stück oder besser noch: Sandkorn für Sandkorn, so wie es Tim Bengel in seinen inzwischen weltweit begehrten Kunstwerken praktiziert. Am Ende haben die Besucher das Bild eines sympathischen jungen Mannes mit nach Hause genommen, dem der Erfolg nicht zu Kopf gestiegen ist und der eine spielerisch-kritische Distanz zu dem auch von den sozialen Netzwerken befeuerten Trubel um seine Person und sein Werk bewahrt hat.

Gala-Gast von Rihanna

Was ist das für ein junger Mann, gerade mal 27 Jahre alt und in Esslingen groß geworden? Was ist das für ein Künstler, dessen Werke in New Yorker Galerien hoch gehandelt werden und der dort als gern gesehener Partygast, wie zuletzt auf einer Gala der Sängerin Rihanna, auf Augenhöhe mit den Schönen und Reichen unterwegs ist. Was ist das für ein Selbst- bewusstsein, mit dem Tim Bengel dem regierenden Fürsten von Monaco, Prinz Albert II., einen Korb gegeben hat, als der sich einen echten Bengel in den Palast hängen wollte? Was ist das für eine Karriere, die mit fünf Kilogramm Schokolade als Gage für das allererste selbst gemalte Bild in Schwung gekommen ist?

All diese Fragen sollten an dem Abend in den Redaktionsräumen im Palmschen Bau beantwortet werden. Als passender Türöffner zu der Persönlichkeit Tim Bengel hat sich die von Kai Holoch zu Beginn als einfachste aller Fragen bezeichnete Frage erwiesen: „Wir wird man ein berühmter Künstler?“

Zur richtigen Zeit auf der richtigen Plattform

„Indem man sich fragt, was kann ich, was kein anderer kann“, hat Tim Bengel geantwortet. Dass Nachmachen nicht der richtige Weg sei, habe er schon als kleiner Junge herausbekommen. „Ein Wassily Kandinsky in der Staatsgalerie hatte mir so gefallen, dass ich ihn nachgemalt und an das Ritter Sport Museum in Waldenbuch geschickt habe“, sagt er. Besagte Schokoladensendung als Dank sei die einzige Reaktion damals gewesen. Daraus habe er, Bengel, zweierlei gelernt. Er musste neue Wege gehen, wie Kandinsky zu seiner Zeit auch, und er musste den Mut aufbringen, mit seiner Kunst aus dem geschützten Raum des Esslinger Ateliers herauszukommen. „Der Kunstmarkt ist auch nichts anderes als ein Markt“, sagt Bengel. Man müsse mit dem richtigen Produkt im richtigen Moment am richtigen Ort sein. Mit seinen ersten Bildern sei er noch bei Hotels vorstellig geworden mit der Bitte, sie doch in der Lobby aufhängen zu dürfen. Vor drei Jahren hat dann alles gepasst: Nachdem er Videos seiner Sandkunst ins Netz gestellt hatte, war ein New Yorker Online-Magazin darauf aufmerksam geworden. In der Folge sind die Clips, in denen Bengel den Sand von seinen Collagen rieseln lässt, weltweit 500 Millionen Mal aufgerufen worden. „Das ist voll durch die Decke gegangen“, sagt er. Irgendwann habe er dann, verkürzt dargestellt, vor der Entscheidung gestanden, die Hausarbeit für sein begonnenes Studium der Kunstgeschichte abzugeben oder die Einladung zur Ausstellung in New York anzunehmen. Dort ist er nach eigener Einschätzung zwar noch nicht in der Champions League, aber doch in der zweiten Liga der angesagtesten Galerien und Museen angekommen – „so wie Stuttgart im Fußball“, sagt der bekennende VfB-Fan.

Eine Frage bleibt offen

Und Prinz Albert? „Da ist seine Kunstagentin auf mich zugekommen und hat gesagt, das Bild von Monte Carlo würde sich der Prinz gerne in seinen Palast hängen“, erzählt Bengel. Auf die Frage, zu welchem Preis denn, habe die Agentin geantwortet, dass der Prinz eigentlich ein Geschenk erwarte. Das Bild einem Milliardär schenken, das kam für Bengel, der sich für die vom Nationaltorhüters Manuel Neuer ins Leben gerufene Stiftung Kids Foundation engagiert, nicht in Frage. „Nö, des kriegt der nicht“, habe er sich gedacht. Und so habe das Meisterwerk aus weißem und schwarzen Sand, veredelt mit Goldakzenten, ein „gutes Zuhause“ bei einem Kunstfreund gefunden.

Eine Frage sollte auch an diesem informativen Abend offen bleiben. Wie macht er das? Das Mysterium sei Teil der Faszination, antwortet Bengel. Es sei amüsant mitzuhören, wie die Leute vor den Bildern darüber spekulierten und zu wissen: „Alles ist falsch!“