Die große Popsängerin Tina Turner wird an diesem Dienstag achtzig Jahre alt. Von der Bühne hat sie längst Abschied genommen – doch ihre Welthits bleiben präsent.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Wer vor achtzig Jahren als Afroamerikanerin in den Südstaaten groß geworden ist, der hat die Rassentrennung noch am eigenen Leib zu spüren bekommen. Wer wie Anna Mae Bullock – so heißt die am 26. November 1939 in Nutbush, Tennessee, geborene Tina Turner eigentlich – dort auch noch als Tochter einer Arbeiterin mit indianischer Herkunft eine zerbrechende Ehe der Eltern miterlebte und unter schwierigen Verhältnissen bei der Großmutter aufwuchs, war sogar mit mehr als nur der „falschen“ Hautfarbe gestraft. Und wer dann auch noch eine Ehe mit dem drogenkranken und prügelnden Ike Turner miterleben musste, bei dem ist es vielleicht nachvollziehbar, wenn das Fazit lautet: „Ich hatte ein schreckliches Leben.“

 

Gutes oder schlechtes Leben?

So sagte es Tina Turner vor wenigen Wochen in einem Interview mit der „New York Times“, aber damit meinte sie natürlich nicht das, was es in ihrem Leben eben auch noch gab. Das waren die erfolgreichen Jahre als Ike & Tina Turner unter anderem mit Tourneen im Vorprogramm der Rolling Stones, dem ersten Grammy und ihrem Debüt als Songwriterin mit „Nutbush City Limits“, einem ihrer bis heute populärsten Songs. Dazu zählen die ganz anderen Seiten ihrer Karriere, etwa ihre Filmrollen als Acid Queen in der The-Who-Rockoper „Tommy“, einem der „Mad Max“-Filme, zu dem sie dann auch den Titelsong und späteren Welthit „We don’t need another Hero“ beisteuerte oder das Titellied zum James-Bond-Film „Golden Eye“. Und da steht schließlich eine erratische Solokarriere mit weit über einhundert Millionen verkauften Schallplatten darunter der Durchbruch mit ihrem Album „Private Dancer“, auf dem neben dem Titelstück auch die Riesenerfolge „What’s Love got to do with it“ und „I can’t stand the Rain“ zu finden waren.

2009 ging sie zu ihrem fünfzigsten Bühnenjubiläum noch einmal auf eine große Welttournee, die kurz nach dem letzten Deutschlandkonzert in ihrer zeitweiligen Heimatstadt Köln am 5. Mai 2009 in Sheffield endete. Mit 69 Jahren hängte sie ihre Bühnenkarriere an den Nagel, und auch dafür fand sie in der Retrospektive ebenso ungewöhnliche wie deutliche Worte: „Ich war es einfach leid, zu singen und alle glücklich zu machen.“ Mittlerweile lebt sie mit ihrem Mann, dem früheren Musikmanager Erwin Bach, in einem Anwesen am Zürichsee nebst einem Zweitwohnsitz an der Côte d’Azur, hat die schweizerische Staatsbürgerschaft angenommen und verfügt laut einem Wirtschaftsmagazinranking über ein Vermögen von weit über zweihundert Millionen Franken. Alles traumhaft, könnte man meinen, wäre da nicht Tina Turners angeschlagene Gesundheit. 2013 erlitt sie einen Schlaganfall, 2016 erkrankte sie an Darmkrebs, 2017 musste ihr Mann ihr eine Niere spenden.

Von Köln in die Schweiz

In der Öffentlichkeit hat sie sich auch deshalb ziemlich rar gemacht, zur Premiere des Musicals „Tina“ in Hamburg im vergangenen Jahr, ihrem letzten größeren Publikumsauftritt, ließ sie sich einen Besuch in der Hansestadt dann aber doch nicht nehmen. Allein schon deshalb darf man herzlich gratulieren: denn wessen Biografie mit einem eigenen Musical gewürdigt wird, der muss sich über den Nachruhm schon zu Lebzeiten keine Gedanken mehr machen.