Eine Tischtennis-WM ohne Innenminister? Ja, das ist möglich – wie die am Montag zu Ende gegangene WM in Düsseldorf gezeigt hat. Baden-Württembergs Umweltminister und Tischtennisspieler Franz Untersteller findet das ein Unding – und hat Thomas de Maizière einen Brief geschrieben.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Hinter Franz Untersteller liegt ein Abstieg. Nicht in der Politik. Sondern an der Platte. Mit der zweiten Mannschaft der TTF Neckarhausen ist der baden-württembergische Umweltminister (Grüne) aus der Tischtennis-Kreisklasse B in Esslingen abgestiegen, auch er konnte mit einer Bilanz von 5:7 das nicht verhindern, hauchdünn war es. Passiert im Sport.

 

Etwas, das nicht passieren darf, das ist, dass in Deutschland eine Tischtennis-WM stattfindet, immerhin die größte Hallensportveranstaltung der Welt – und kein Mitglied der Bundesregierung kommt: Zumindest sieht das der Weltverbands-Präsident Thomas Weikert so, der sich am Montag am Ende der WM in Düsseldorf darüber schwer enttäuscht zeigte. Deutlicher wurde da der Ehrenpräsident und Ex-Opel-Chef Hans-Wilhelm Gäb: „Das ist eine Schande für Deutschland als Gastgeber.“

„Mangelnde Wertschätzung für Tischtennis“

So ähnlich sieht das auch Untersteller. Als „aktiver Spieler, aber auch als ein an Sportpolitik interessierter Landespolitiker“ hat er jetzt verärgert einen Brief an Bundesinnenminister Thomas de Maizière geschrieben. Darin heißt es unter anderem: „Die fehlende Präsenz der Bundesregierung ist für mich ein Zeichen mangelnder Wertschätzung für eine Sportart, die sich auch bei uns im Land großer Beliebtheit erfreut. (...) Welchen Eindruck macht es wohl auf andere Nationen – und mehr als 100 haben teilgenommen – wenn kein Vertreter der Bundesregierung Interesse an einem solchen Großereignis zeigt.“

Der hochrangigste Vertreter aus der Politik war laut Weikert Nordrhein-Westfalens Sportministerin Christina Kampmann. Prominentester Gast war der IOC-Präsident Thomas Bach. Nun gibt es vielleicht Schlimmeres, könnte man einwenden, aber zumindest in der Tischtennis-Szene hatte die Missachtung viele massiv verärgert, zumal die Politik ja sonst durchaus die Strahlkraft des Sports zu schätzen weiß und gerne für sich nutzt. Was wiederum Bände spricht für die Strahlkraft einer Tischtennis-WM aus Sicht der großen Politik. Eher nicht so strahlend.

Franz Untersteller kritisiert genau das: „Alle Sportarten leiden unter der enormen Präsenz des übermächtigen Fußballsports. Sie selbst waren zuletzt wie selbstverständlich zu Gast beim Finale des DFB-Pokals – einem Wettbewerb, der jedes Jahr statt findet. Es wäre nach meiner Auffassung umso wertvoller, wenn die Sportpolitik ganz bewusst auch immer wieder den Fokus auf andere Sportarten richtet. Die Tischtennis-WM im eigenen Land wäre dazu eine hervorragende Gelegenheit gewesen.“

Das BMI erklärt die Abwesenheit

Nun ist es ja fraglos so, dass ein Innenminister in diesen turbulenten Zeiten recht viel zu tun hat, von daher gibt es vielleicht auch Wichtigeres, als einer Sportveranstaltung die Aufwartung zu machen. Andererseits klagen alle Sportarten jenseits des Fußballs über mangelnde Wertschätzung jenseits der beliebten Sonntagsreden der Politik über die gesellschaftliche Bedeutung des Sports: „Wenn sich aber der Fokus der Öffentlichkeit und der Sportpolitik vornehmlich auf den Fußball richtet, warum soll dann ein Kind ausgerechnet einen scheinbaren Nischensport ergreifen, sei es Tischtennis, Kugelstoßen oder Rudern?“, schreibt Untersteller.

Und was sagt das Innenministerium zu der Geschichte? Das ist die Antwort aus Berlin im Polit-Ping-Pong: „Die Tischtennis-WM war ein herausragendes sportliches Ereignis für den Tischtennissport und den Sportstandort Deutschland. Einmal mehr konnte der Sport in Deutschland dokumentieren, dass er große internationale Sportveranstaltungen in herausragender Art und Weise organisieren und durchführen kann“, teilte das BMI auf Anfrage unserer Zeitung mit. „Eine persönliche Teilnahme war dem Bundesinnenminister aus terminlichen Gründen leider nicht möglich.“ Eine entsprechende Absage sei schriftlich an den Präsidenten des DTTB erfolgt. Für das BMI habe stattdessen der Leiter der Abteilung Sport im Bundesministerium des Innern, Ministerialdirektor Gerhard Böhm, die WM am 2. Juni besucht. Zudem habe sich das BMI auch an den WM-Kosten beteiligt.