Der „Traumschiff“-Erfinder Wolfgang Rademann hat das deutsche Fernsehen fünfzig Jahre lang geprägt wie kaum ein anderer. Die heutige Fernsehwelt wurde ihm allerdings zunehmend suspekt.

Stuttgart - Wolfgang Rademann gehörte zu den Menschen, die auch im hohen Alter noch unverwüstlich wirkten. Obwohl der Erfinder vom „Traumschiff“ und der „Schwarzwaldklinik“ das deutsche Fernsehen geprägt hat wie nur wenige andere, hat er sich nie wie ein Star aufgeführt; mit Rademann konnte man prima plaudern, über Gott, die Welt und natürlich das Fernsehen. Außerdem hatte er Humor, eine Eigenschaft, die hinter den Kulissen der TV-Unterhaltung angesichts des allgemeinen Sparzwangs immer seltener wird. Der volksnahe Produzent wirkte dank seiner kessen Sprüche wie der Prototyp des Klischee-Berliners, war aber gleichzeitig ein hochprofessioneller Meister seines Fachs. Nun ist Rademann im Alter von 81 Jahren an den Folgen eines mehrere Monate zurückliegenden Sturzes gestorben. Schon den „Bambi“ für sein Lebenswerk hatte im vergangenen November seine langjährige Lebensgefährtin, die Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek, an seiner Stelle entgegennehmen müssen.

 

Natürlich war Rademann zuletzt nicht mehr so rührig wie noch vor zehn, zwanzig Jahren. Trotzdem hat er dem ZDF mit gewohnter Zuverlässigkeit pro Jahr jeweils zwei Episoden der Filmreihen „Traumschiff“ und „Kreuzfahrt ins Glück“ geliefert. Insgesamt hat der Produzent im Verlauf seiner langen Karriere mehr als 500 TV-Sendungen hergestellt. Von einer derart erfolgreichen Laufbahn hätte er in seiner Jugend allerdings nicht mal zu träumen gewagt. Als junger Mann war er nach seiner Ausbildung zum Schriftsetzer zunächst Lokaljournalist in Ostberlin. Später flüchtete er in den Westen der Stadt und schrieb unter anderem für die Boulevardzeitung „B.Z.“ und den „Stern“. Dank seiner guten Kontakte wechselte er die Seiten und wurde Pressechef von Caterina Valente, Pierre Brice und Peter Alexander. Zu Rademanns ersten Erfolgen als Produzent großer TV-Shows gehörten unter anderem „Die Peter Alexander-Show“ (ab 1969) und „Anneliese Rothenberger gibt sich die Ehre“ (ab 1971). 1977 kombinierte er Harald Juhnke und Grit Böttcher zum „Verrückten Paar“. 1981 schickte er erstmals das „Traumschiff“ auf Reisen, 1985 erfand er die „Schwarzwaldklinik“. Die Achtziger hat er noch kurz vor seinem Tod als die „goldenen Jahre“ bezeichnet. Fast hätte er das Angebot, eine Serie über ein Krankenhaus im Schwarzwald zu machen, abgelehnt, weil er genug andere Projekte hatte; dabei hatte er selbst den Sendern jahrelang in den Ohren gelegen, dass im deutschen Fernsehen eine Arztserie fehlt. Schließlich sagte ihm Peter Gerlach, der damalige Unterhaltungschef des ZDF: „Du gehst mir auf die Nerven mit deiner Arztserie. Mach’ sie doch einfach selbst!“ – der Startschuss für eine der größten Erfolgsgeschichten im deutschen Fernsehen.

Ein Fernsehmann alter Schule

Seither hat sich das Medium grundlegend gewandelt. Dass die „Traumschiff“-Filme nicht nur wegen der betulichen Erzählweise wie aus der Zeit gefallen wirken, liegt auch am Credo des Produzenten. Rademann hat nie Krimis produziert, weil ihm wichtig war, dass es in seinen Filmen keinen Sex und keine Gewalt gab. Außerdem hat er stets darauf geachtet, dass sorgfältig mit der Sprache umgegangen wird und Modeerscheinungen aus seinen Filmen heraus gehalten werden.

Die heutige Fernsehwelt wurde ihm zunehmend suspekt. O-Ton Rademann: „Einerseits ist das Publikum viel schlauer und kompetenter als damals in den Achtzigern, man kann viel mehr voraussetzen und muss nicht immer alles erklären. Andererseits ist es aber auch verwöhnt und daher immer ungeduldiger und oberflächlicher. Heute hört und sieht kaum noch jemand richtig hin, die Leute machen alles Mögliche nebenher. Ich habe etwas Sorge davor, wie sich das noch entwickeln wird. Viele Menschen sind schon heute nur noch für Schlagzeilen empfänglich und haben gar kein Interesse mehr an Hintergrundberichten.“

Wie sehr Rademann ein Mann alter Schule war, zeigte auch sein „Gentleman’s Agreement“, das er vor knapp fünfzig Jahren mit dem Kollegen Gyula Trebitsch geschlossen hat. Rademann war ein „König ohne Land“, er hatte keine Produktionsfirma im klassischen Sinn, nur ein Büro und eine Sekretärin; für die Realisierung seiner Projekte nutzte er die Infrastruktur der Polyphon. Ähnlich war es bei seiner Vereinbarung mit dem ZDF. Die Programmdirektoren und Intendanten kamen und gingen, Rademann blieb: „Der Sender hat mir von Anfang die lange Leine gelassen, niemand hat sich in meine Arbeit eingemischt“, und daran hat sich bis zuletzt nichts geändert. Das ZDF hatte ihm schon längst angeboten, eine gemeinsame Firma zu gründen, aber Rademann „wollte immer die Freiheit haben, machen zu können, was ich wollte: Geschichten für den Tag, nicht für die Ewigkeit. Ich wollte nie große Fußstapfen fürs deutsche Fernsehmuseum hinterlassen.“