Werbung in Verbindung mit Todesanzeigen gilt als Tabu


Umso irritierter reagierte er, als ihm Markwort eröffnete, dass er nun selber mit einer ähnlichen Website auf den Markt zu gehen gedenke. Es war im vergangenen Sommer, Kunz war einer von sechzig Focus-Mitarbeitern, die das Angebot einer Abfindung angenommen und sich von dem Blatt verabschiedet hatten. Der Journalist würde seinem ehemaligen Arbeitgeber zwar niemals "Ideenklau" unterstellen. Er sagt: "Emorial.de hat ihn vielleicht inspiriert, mehr nicht."

Doch zähneknirschend musste er sich immerhin eingestehen, dass sich das Konzept seines Konkurrenten nur in einem Punkt von seinem eigenen unterscheidet: Bei http://www.emorial.de » setzen die Hinterbliebenen dem Verstorbenen ein Denkmal, bei http://www.stayalive.de » regelt der Betroffene seinen Nachlass selber. Es ist eine Aufgabe, in der Markwort offenbar schon Übung hat. Im Burda-Verlag erzählt man sich, er habe regelmäßig mit den Einträgen zu seiner Person im Online-Lexikon Wikipedia gerungen.

Zu seinem neuen Projekt möchte sich Markwort erst auf einer Pressekonferenz am 9. November in München äußern. Vielleicht beantwortet er dann auch die Frage, wie er mit dem Internetportal Geld verdienen will. Zwar gilt das Geschäft mit den Online-Todesanzeigen in den USA als zukunftsträchtiger Markt. Eines der größten Trauerportale, http://www.tributes.com », finanziert sich durch Anzeigen von Floristen, Anwälten und gemeinnützigen Hilfsorganisationen. Doch hierzulande gilt Werbung in Verbindung mit Todesanzeigen als Tabu. Emorial knöpft seinen Kunden 19 Euro für die Freischaltung einer Homepage ab, auf der man Fotos und Filme hochladen kann. Ein Angebot, das nach Darstellung von Kunz erst wenige hundert von 230.000 Kunden genutzt haben. Der Rest begnügt sich mit einem kostenlosen Eintrag - ähnlich einem digitalen Grabstein.

Hierzulande läuft Geschäft über Bestatter und Zeitungen


Der Unternehmer verhandelt deshalb gerade mit Tageszeitungsverlagen. Er sagt: "Todesanzeigen im Internet zu verkaufen, das ist, als wollte man Särge auf der Leopoldstraße verscherbeln." Hierzulande laufe das Geschäft über Bestatter und Zeitungen. Tatsächlich: die Verlage Holtzbrinck, die WAZ- und die Ippen-Gruppe sind ihm schon eine Nasenlänge voraus. Seit 2008 stellen sie die Todesanzeigen ihrer Blätter auf das Portal http://www.trauer.de » - vorausgesetzt, die Kunden sind damit einverstanden. Über die Höhe des Aufpreises wollen sich die Betreiber nicht äußern.

Der Geschäftsführer des Portals, Kai Nikolaizig, wirbt lieber mit den siebenstelligen Zugriffszahlen im Monat, Tendenz steigend. "Trauer.de" sei eine schlankere und leichter zu bedienende Variante von "emorial.de", sagt Nikolaizig. Besucher können dort kondolieren und eine virtuelle Kerze anzünden. Hinterbliebene können den Raum nutzen, um sich in einem geschützten Bereich auszutauschen. Konkurrenz durch das neue Facebook für Tote fürchte er nicht, versichert Nikolaizig. Dass das Konzept nicht funktioniere, dafür sei emorial.de der lebende Beweis.