Fachleute untersuchen zurzeit, wie es am Donnerstag am Gleis 1 in Feuerbach genau zu einem tödlichen Unfall kommen konnte, bei dem ein Mann getötet wurde. Die Polizei hofft auf Zeugenhinweise.

Stuttgart - Es ist wohl der Albtraum eines jeden Bahnkunden – mit einem Arm oder Bein in einer Tür eingeklemmt zu sein, wenn der Zug losfährt. Fachleute untersuchen zurzeit, wie es am Donnerstag am Gleis 1 in Feuerbach genau zu dieser Situation kommen konnte – und hoffen auf Zeugenhinweise. Bei dem tragischen Unfall starb ein 50 Jahre alter Mann, weil er seinen Arm nicht befreien konnte. Rund 50 Meter weit wurde er vom Zug mitgeschleift. Zeugen haben berichtet, dass er die Bahn gegen 14.15 Uhr in letzter Sekunde noch hatte erreichen wollen.

 

Die Ermittlungen dauern an

„Die Ermittlungen laufen“, sagte ein Bahnsprecher am Freitag. Experten von Landes- und Bundespolizei seien damit betraut. Wie lange es dauern wird, bis Ergebnisse vorliegen, konnte er nicht sagen. Zu den möglichen Ursachen wollte er keine Mutmaßungen anstellen. „Ich gehe im Moment von gar nichts aus.“ Erst nach Abschluss der Ermittlungen lasse sich mehr zum genauen Unfallhergang sagen.

Auf den Linien S 4 bis S 6 sowie S 60 fahren nach Auskunft der Bahn ausschließlich Züge der Baureihe 423. Diese hätten alle ein „sehr feines“ Lichtgitter – überkreuzende Lichtimpulse – über die gesamte Türhöhe. Dieses Gitter sorge normalerweise dafür, dass sich die Tür wieder öffnet, wenn etwas in den Wagen ragt. „Einen Arm müsste es eigentlich erfassen“, so der Sprecher. Züge der Baureihe, in denen es kein Lichtgitter auf voller Höhe gab, würden in Feuerbach seit 2013 gar nicht mehr eingesetzt, also seit mindestens zwei Jahren. Die Gleise im Bahnhof sind nicht gerade, sondern beschreiben in Richtung Stuttgart eine leichte Linkskurve. Am Bahnsteig entlang zu schauen, ist folglich schwierig. Zudem habe der Lokführer keine klassischen Rückspiegel, und die Bilder von den Kameras an den Türen könne er nicht in Echtzeit einsehen, hieß es am Donnerstag bereits.

Notknöpfe: Antrag der FDP-Fraktion abgelehnt

Auch am Bahnsteig gebe es Kameras, sagte der Bahnsprecher am Freitag. Einige seien zur Überwachung des Betriebs von der Leitzentrale aus. Welche Bereiche des Bahnsteigs sie abdecken würden, wisse er nicht. Zudem gebe es Monitore. Mit deren Hilfe könne der Lokführer Teile des Bahnsteigs einsehen. Im Grunde würden sich die Fahrer aber auf die Türtechnik verlassen. Und das dürften sie auch, so der Sprecher. Er bekomme normalerweise angezeigt, sobald alle Türen geschlossen sind und er losfahren kann.

Im April dieses Jahres war ein dreijähriger Junge am Hauptbahnhof in den Spalt zwischen S-Bahn und Bahnsteig gefallen; er wurde nur leicht verletzt, weil eine einfahrende S-Bahn rechtzeitig gestoppt werden konnte. Die FDP-Fraktion im Verband Region Stuttgart – dieser ist für die S-Bahn zuständig – hatte daraufhin beantragt, an Bahnsteigen Notknöpfe zu installieren, damit auch Reisende im Notfall eine S-Bahn stoppen können.

Der Antrag ist damals abgelehnt worden: Die bisherige Meldekette funktioniere gut und ermögliche eine „vernünftige, kontrollierte, missbrauchsreduzierte, zügige und sichere Beeinflussung des Zugverkehrs im Notfall.“ Diese Meldekette sieht vor, dass Fahrgäste eine Zentrale über bestehende Notrufsäulen alarmieren können; die Zentrale nimmt Kontakt zum Fahrdienstleiter auf, der dann über Zugfunk ein Nothaltesignal aktiviert. Dass jeder per Notknopf eine S-Bahn vom Bahnsteig aus anhalten könne, sei technisch schwierig umzusetzen und berge große Risiken durch missbräuchliche Nutzung, so die damalige Argumentation. Ein solches System gebe es auch anderswo nicht.

Herauszufinden, was bei dem Unfall in Feuerbach falsch gelaufen ist und letztlich zum Tod des 50-Jährigen geführt hat, ist nun Aufgabe der Experten. Die Polizei bittet Zeugen des Unfalls, sich unter der Telefonnummer 89 90-57 78 zu melden.