Nach dem Tod eines Radfahrers am Königsplatz in Bad Cannstatt gerät der dortige Gleisüberweg in den Brennpunkt. Die warnenden Springlichter sind seit drei Wochen defekt. Für die Polizei ist der Unfallhergang trotzdem ein Rätsel.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Ein Radfahrer stirbt auf einem Gleisüberweg vor dem Kursaal in Bad Cannstatt, als er gegen eine Stadtbahn prallt – diesen Unfall am Donnerstag haben viele vorausgeahnt. Immer wieder kommt es zu heiklen Situationen. Gegen 17 Uhr wollte ein 70-Jähriger mit seinem Elektrofahrrad über den Zickzack-Überweg radeln – und übersah eine Stadtbahn der Linie U 2, die aus seiner Sicht von links kam. Der Mann wurde erfasst und mitgeschleift. Er starb noch an der Unfallstelle.

 

Viele haben das kommen sehen. „Man erlebt oft Fußgänger, die im letzten Moment vom Klingeln der Stadtbahn am Überqueren der Gleise gehindert werden“, sagt ein Anwohner. „Besonders problematisch ist, dass an dieser Stelle viele Kinder unterwegs sind, die im Park spielen. Zudem kommt die Bahn in Richtung Neugereut aus der Kurve, ist erst im letzten Moment zu sehen.“

Das Warnblinklicht ist seit drei Wochen defekt

Dabei ist der Gleisüberweg standardmäßig gesichert: Der Überweg ist z-förmig abgeschrankt – um Passanten zu zwingen, stets in Blickrichtung der herannahenden Stadtbahn zu laufen. Dazu ist ein Gelblicht installiert – das immer dann blinkt, wenn sich eine Stadtbahn nähert. Allerdings: Seit über drei Wochen blinkt am Kursaal gar nichts mehr. Das Springlicht ist seit Anfang Juni außer Betrieb.

„Da ist ein technisches Bauteil defekt“, sagt Reinhard Unkhoff vom städtischen Tiefbauamt. Für die Wartung der Anlage sei die Netze BW zuständig, die das Problem aber nicht habe lösen können. Nach vergeblichen Reparaturversuchen wurde der Fall an die Signalbaufirma weitergegeben, die bisher aber kein Ersatzteil beigebracht hat.

Stelle galt für Bezirksbeirat nicht als kritisch

Für den Cannstatter Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler ist der Unfall „furchtbar tragisch“, aber kein Grund für ein politische Debatte. Die Verkehrswegesituation am Königsplatz sei bisher kein Thema gewesen und sei auch von ihm, der den Überweg fast täglich benutze, „nicht als kritisch empfunden“ worden. Zwar erfordere die Überquerung in Richtung Kursaal erhöhte Aufmerksamkeit, weil die Bahn Richtung Neugereut dann von rechts aus einer Kurve komme. „Doch es ist jedem Verkehrsteilnehmer zuzumuten, nach links und rechts zu schauen“, so Löffler. Allerdings kommt es in der Stadt immer wieder zu Kollisionen mit Radlern und Fußgängern, die offenbar unaufmerksam waren.

Polizei rätselt über das Verhalten des Radlers

Letztlich bleibt es ein Rätsel, warum der Radfahrer die Bahn übersehen konnte, als er den Weg vom Kursaal in Richtung Wildbader Straße nahm. Der Mann war laut Polizei nicht abgestiegen, sondern wollte über den Überweg radeln – und muss die sich nähernde Bahn im Blick gehabt haben. „Die Stelle ist übersichtlich, und inzwischen steht auch fest, dass der Stadtbahnfahrer mehrfach zur Warnung geklingelt hat“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski. Der 39-jährige Fahrer habe das Tempo reduziert und dann eine Gefahrenbremsung eingeleitet, als der Radler dann doch das Gleis ansteuerte.

Der 70-Jährige, der in der Nähe wohnt und die Verhältnisse gekannt haben dürfte, prallte offenbar mit dem Kopf gegen den Stadtbahnzug. „Der Betroffene erlitt tödliche Kopfverletzungen“, sagt Polizeisprecher Tomaszewski. Einen Helm hatte der Pedelec-Fahrer nicht getragen. Der 70-Jährige ist der vierte Unfalltote in diesem Jahr in Stuttgart. Den letzten tödlichen Stadtbahnunfall beim Überqueren der Gleise gab es am 13. Dezember 2016 in Hedelfingen.