Tönnies, Vion und Westfleisch Wenige Schlachter dominieren den Markt

Ein Fleischer zerlegt ein Schwein. Foto: dpa/Sven Hoppe

Unternehmen wie Tönnies, Vion und Westfleisch führen einen Großteil der Schlachtungen im Land aus. Die kleine Betriebe fürchten um ihr Geschäft und stellen daher Forderungen an die Politik.

Stuttgart - Von Marktwirtschaft keine Spur: Mehr als 82 Prozent der Schweineschlachtungen entfielen im vergangenen Jahr auf nur zehn Betriebe. Die drei größten unter ihnen (Tönnies, Vion und Westfleisch) teilten bundesweit knapp 60 Prozent des Markts unter sich auf, wie die Interessenvertretung der Schweinehalter mitteilt. In Baden-Württemberg gibt es zwar nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums noch 870 Betriebe. Allerdings sei diese Struktur in Gefahr, sagt Rüdiger Pyck, der stellvertretende Landesinnungsmeister für das Fleischerhandwerk in Baden-Württemberg.

 

Der Tierarzt ist billiger für große Unternehmen

„Gerade für kleine und mittlere Betriebe ist es schwer mitzuhalten“, betont Pyck, der in Sinsheim eine Metzgerei hat. Ihre Kosten seien weit höher als bei den Großbetrieben. Vor jeder Schlachtung muss ein Amtsveterinär die so genannte Lebend- und Fleischbeschau machen. Dafür müsse ein Kleinbetrieb mit etwa 18 Euro durchaus das Zehnfache dessen bezahlen, was ein großer Schlachthof dafür ausgebe: „Im Großbetrieb steht der Tierarzt am Band und prüft in kurzer Zeit viel mehr Tiere, als das in einem kleinen Schlachthof möglich ist.“

Die Betriebsstruktur mit landesweit 870 Schlachthöfen ist nicht so vielfältig, wie es die Zahl vermuten lässt. Das macht ein Szenario deutlich, das die Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und ländlichen Raum angestellt hat. Was würde passieren, wenn die drei größten Schlachtstätten im Südwesten ausfielen? Die Schlachtmenge fiele von zuletzt 534 000 Tonnen im Jahr auf 144 000 Tonnen. Das zeigt, wie wenig die handwerklichen Metzgereien und landwirtschaftlichen Vermarkter heute schon zur Gesamtmenge an Rind- und Schweinefleisch beitragen.

Landesregierung fördert regionale Schlachtbetriebe

„Beim Strukturerhalt ist es fünf vor 12“, meint Pyck. Die vielen kleinen Betriebe müssten bestehen bleiben – und sei es nur, damit die Transportwege vom Bauernhof zum Schlachtbetrieb nicht länger werden. Leider falle es den Landkreisen schwer, den kleinen und mittleren Firmen bei den Kosten für die so genannte Lebend- und Fleischbeschau entgegen zu kommen: „Die Kreise betonen, dass es eine kostendeckende Gebühr sein muss. Aber die ist für die Kleinen eben sehr hoch. Und dazu kommen ja noch die Ausgaben für die Entsorgung der Schlachtabfälle.“

Zwar fördert die Landesregierung Investitionen von regionalen Schlachtbetrieben, Metzgern, die selber schlachten sowie Erzeuger-Gemeinschaften. Das gilt für Neubauten, Modernisierungen oder den Kauf mobiler Schlachtanlagen. „Unser erklärtes Ziel ist es, die Transportwege für die Schlachttiere so kurz wie möglich zu halten. Dazu brauchen wir aber regionale Schlachthöfe“, sagt der baden-württembergische Agrarminister Peter Hauk (CDU).

Geld allein schafft aber keinen Neubau. Denn dafür sind viele Auflagen im Baurecht und für den Umweltschutz zu beachten. Mit großem Interesse verfolgt Pyck somit das Engagement der „Schlachthofgenossenschaft Ermstal“, die nach der Schließung des Betriebs in Metzingen einen kleinen Schlachthof errichten will. Der soll eine regionale Erzeugung möglich machen und das traditionelle Handwerk erhalten. „Ich drücke denen auf jeden Fall die Daumen“, sagt Pyck.

Kleinen Metzgereien bleibt nur eine Nische

Auch bleibt – Förderung hin oder her – der enorme Preisvorteil der Mega-Schlachthöfe von Tönnies & Co. bestehen. Vor der Corona-Pandemie schlachtete allein das Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück bis zu 25 000 Schweine am Tag. Nachdem das Werk im Frühsommer 2020 wegen eines massiven Corona-Ausbruchs dicht war, erreicht die Schlachtmenge inzwischen wieder das Vor-Corona-Niveau, wie Unternehmenssprecher André Vielstädte sagt. Zum Vergleich: In allen Schlachtbetrieben im Südwesten gab es im vergangenen Jahr täglich 12 100 Schweineschlachtungen.

Den Metzgereien und kleinen Schlachtbetrieben bleibt also nur eine Nische, wie Pyck sie besetzt. „Ich weiß, wo die Tiere herkommen und wie sie gehalten worden sind“, sagt er. Sein Rinder-Lieferant bekomme von ihm das ganze Jahr über den gleichen Preis. Mit Regionalität könne er punkten, so Pyck: „Das kommt bei den Kunden gut an und schafft Vertrauen – auch wenn meine Ware etwa ein Drittel teurer ist als im Lebensmittel-Handel.“

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