Laut dem Ankläger hat ein 35-Jähriger am 26. Februar dieses Jahres seine Frau in Reichenbach „mit bewusstem Tötungswillen“ erwürgt. Der Verteidiger des Mannes plädiert auf Totschlag in einem minderschweren Fall.

Reichenbach - In der Verhandlung über ein Tötungsdelikt in Reichenbach hat der Staatsanwalt am Mittwoch vor der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart eine lebenslange Gefängnisstrafe für den Angeklagten gefordert. Er sieht es als erwiesen an, dass der 35-Jährige am frühen Morgen des 26. Februar dieses Jahres seine Ehefrau aus Eifersucht ermordet hat. Der Ankläger erkennt „besonders niedrige Beweggründe“, die der Tat zugrunde lägen. Der Verteidiger hingegen plädierte auf „Totschlag in einem minderschweren Fall“. Der damals betrunkene Mann habe seine Frau aus purer Verzweiflung im Affekt getötet. Einen Antrag auf ein bestimmtes Strafmaß stellte der Anwalt nicht.

 

Eskalierende Eheprobleme

Sowohl der Staatsanwalt als auch der Verteidiger sind sich darin einig, dass der Auslöser für die Tat in den eskalierenden Eheproblemen des 35-Jährigen und seiner zum Todeszeitpunkt 32 Jahre alten Frau zu finden ist. Sie hatte ein Verhältnis mit einem Arbeitskollegen begonnen, von dem er im Herbst des vergangenen Jahres zufällig erfahren hatte. Alle Versuche, wieder zueinanderzufinden, – unter anderem unternahmen die Eheleute mit ihren beiden Kindern einen Urlaub in ihrer Heimat in Sibirien – scheiterten letztlich. Die Frau traf sich weiterhin mit ihrem Liebhaber.

Am 26. Februar kehrte sie gegen 3.20 Uhr von einem Schäferstündchen mit diesem nach Hause zurück, wo die Situation im Eigenheim in Reichenbach schließlich eskalierte. Für den Staatsanwalt steht fest, dass der Mann seine Frau zunächst geschlagen und gewürgt hat, ehe sie schließlich auf das Nachbargrundstück fliehen konnte, wo sie an der Haustür klingelte und um Hilfe schrie. Er habe ihr nachgesetzt und ihr nochmals die Kehle zugedrückt. Danach habe er die bewusstlose Frau zurück ins Haus getragen, wo im Wohnzimmer „ein weiterer Würgevorgang mit bewusstem Tötungswillen“ stattgefunden habe. Das belege ein rechtsmedizinisches Gutachten, das eine erneute Gewalteinwirkung im Wohnzimmer für sehr wahrscheinlich hält. Dem Mann sei es darum gegangen, seine Ehefrau für das zu bestrafen, was sie ihm angetan habe. Die Tat sei „sittlich besonders verachtenswert“.

Der Verteidiger hingegen erachtet die Tat seines Mandanten als spontan: „Dass bei ihm die Emotionen durchgebrochen sind, ist nachvollziehbar.“ Mordmerkmale im Handeln des 35-Jährigen könne er nicht erkennen. Die Tötung sei zudem nicht geplant oder vorbereitet gewesen.

In den Plädoyers spielt auch ein Nachbar eine Rolle

Eine Rolle in den Plädoyers spielte auch das Verhalten des Nachbarn und dessen Frau. Denn der Mann, ein Polizeibeamter, hatte auf das Klingeln und Klopfen der Frau in Not nicht die Haustür geöffnet. Der Verteidiger empfindet dieses Verhalten für einen Vertreter dieses Berufsstands als „erbärmlich“. Es zeuge von „mangelnder Zivilcourage“, dass dieser erst in den Keller gerannt sei, um Pfefferspray zu holen, letztlich aber nicht eingegriffen, sondern hinter der Haustür abgewartet habe. Das nehme zwar nicht die Schuld von seinem Mandanten, „aber die Frau könnte noch leben“. Für den Staatsanwalt spielt das Verhalten des Nachbarn „keine Rolle für die Verantwortlichkeit des Angeklagten“. Natürlich könne man sagen, „es hätte anders enden können, hätten sie sich anders verhalten“. Aber man müsse nachts um 3 Uhr die Tür nicht öffnen. Das Urteil wird am 9. Januar verkündet.