Der Tognum-Betriebsrat will die Gründung eines Aufsichtsrates bei der Tochter Engine Holding vor Gericht erzwingen. Daimler habe sogar selbst auf die Klagemöglichkeit hingewiesen, sagt der Betriebsratschef des Friedrichshafener Motorenbauers.

Friedrichshafen - Der Tognum-Betriebsrat verliert die Geduld mit Daimler und will die Gründung eines Aufsichtsrates bei der Tochter Engine Holding vor Gericht erzwingen. Daimler hält über die gemeinsam mit Rolls-Royce gegründete Holding inzwischen 99 Prozent an dem Friedrichshafener Motorenhersteller. Nach Auffassung des Betriebsratschefs Karl-Heinz Wulle ist die Holding ein beherrschendes Unternehmen und wäre demnach verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu gründen. Er stützt sich unter anderem darauf, dass Daimler und Rolls-Royce einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag anstreben.

 

„Für uns liegt im Verhalten der Daimler AG sowie der Rolls-Royce plc. ein klarer Compliance-Verstoß vor. Es ist offensichtlich, dass ein Aufsichtsrat unverzüglich gebildet werden muss“, schrieb er in einer Mitarbeiterinformation, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegt. Deswegen wolle der Betriebsrat jetzt klagen, kündigte Wulle an.

„Die fordern uns ja geradezu auf, zu klagen“

Daimler habe ein Schreiben des Betriebsrates mit der Forderung nach einem Aufsichtsrat selbst mit dem Hinweis beantwortet, dem Betriebsrat stehe jederzeit der Klageweg frei. „Die fordern uns ja geradezu auf, zu klagen“, sagte Wulle der „Schwäbischen Zeitung“ (Onlineausgabe).

Er vermutet dahinter eine Strategie. Eine Gerichtsentscheidung könne sich leicht über mehrere Jahre hinziehen, heißt es in der Mitarbeiterinformation. „Daimler gewinnt dadurch die nötige Zeit, um alle unpopulären und für die Arbeitnehmer nachteiligen Unternehmensentscheidungen ohne einen lästigen Aufsichtsrat als Kontroll- und Entscheidungsgremium umzusetzen“.

Ein Daimler-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dapd, das Anliegen des Betriebsrates sei dem Unternehmen bekannt. Dazu gebe es seit einiger Zeit Gespräche. Zu laufenden Gesprächen äußere sich das Unternehmen jedoch nicht. Auch zu dem Gewinnabführungsvertrag seien die Gespräche noch nicht abgeschlossen.

Gewerkschafterin steht nicht hinter der Klage

Auch die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben, Lilo Rademacher, die im Tognum-Aufsichtsrat sitzt, hält ein solches Gremium für die Engine Holding für nötig. Das gelte allerdings nur für den Fall, dass Daimler und Rolls-Royce über einen längeren Zeitraum nicht die kompletten 100 Prozent der Tognum-Anteile erhalten. „Es bedarf meiner Ansicht nach nicht der rechtlichen Erzwingung“, sagte sie.

Sobald sich alle Aktien im Besitz der Holding befinden, werde diese ohnehin aufgelöst, sagte sie. Dann habe sich die Sache mit dem Aufsichtsrat automatisch erledigt.