In den S-Bahn-Zügen in Stuttgart und Region gibt es keine Toiletten, und nur an jeder zweiten Haltestelle existiert eine WC-Anlage. Daran werde sich in nächster Zeit wenig ändern, sagt die Regionalpolitik. Der Seniorenrat sieht aber einen großen Nachholbedarf.

Stuttgart - Für den Landes- und Stadtseniorenrat ist es ein „nicht tragbarer Zustand“, dass es in den S-Bahn-Zügen und an gut der Hälfte der Haltestellen keine Toiletten gibt. „Da muss etwas passieren“, fordert Werner Schüle, Vorstandsmitglied in den Seniorenräten auf Stadt- und Landesebene sowie Mitglied im VVS-Fahrgastbeirat. Doch dafür besteht wenig Hoffnung. Bordtoiletten in S-Bahn-Zügen seien nicht geplant, und ein „sprunghafter Anstieg der WC-Anlagen an S-Bahn-Stationen ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten“, antwortet der Verband Region Stuttgart auf einen Antrag der FDP-Fraktion, mit dem sich am Mittwochnachmittag der Verkehrsausschuss der Regionalversammlung beschäftigt hat. Ergebnis: In zwei Jahren soll der Verband, der Aufgabenträger der S-Bahn ist, erneut einen Bericht vorlegen.

 

Nach einer aktuellen Erhebung des Regionalverbands gibt es an 47 von 83 Haltepunkten der S-Bahn die Möglichkeit, auf die Toilette zu gehen. Das seien deutlich mehr als die 39, die 2007 festgestellt wurden, zumal an den Linien S 60 (Böblingen–Renningen) und S 4 (Marbach–Backnang) mit vielen kleinen Stationen zumeist Fehlanzeige sei. Eigene WC-Anlagen betreibt die Bahntochter DB Station & Service in den Bahnhöfen Stuttgart, Bad Cannstatt, Bietigheim und Plochingen. In einigen Fällen könnten die Toiletten von Bahnhofsgaststätten oder -kiosken mitbenutzt werden. Überwiegend würden die WC-Anlagen aber von den Kommunen bereitgestellt – selbst an kleinen Stationen mit weniger als 2000 Fahrgästen pro Tag wie in Backnang-Maubach, Ehningen, Nellmersbach, Oberaichen und Nufringen. Diese „freiwillige kommunale Leistung“ verdiene „ausdrückliche Anerkennung“, meint Jürgen Wurmthaler, Verkehrsdirektor der Region, der von einer „erfreulichen“ und „positiven Entwicklung“ spricht und nur „schrittweise Verbesserungen im Einzelfall“ für nötig erachtet.

Viele Toiletten sind kaputt oder verschmutzt

Das sieht Werner Schüle ganz anders. „Die Situation, dass es in den S-Bahn-Zügen keine Toilette gibt, ist für ältere Menschen, aber auch für Schwangere und Kranke ein Riesenproblem“, sagt er. Dass es zu Beginn der S-Bahn vor mehr als 36 Jahren keine Bordtoiletten gab, sei vielleicht noch verständlich gewesen, doch heute sei es bei den langen Strecken „nicht mehr zeitgemäß“. Doch auch bei den modernen Baureihen verzichtete die Region zuletzt auf ein WC im Zug. „Die Nutzung der S-Bahn ist geprägt durch eine kurze Reisezeit bei meist dichtem Takt“, heißt es zur Begründung. Der Tarif ermögliche es jederzeit, die Fahrt zu unterbrechen. Deshalb setze man auch auf öffentliche WC-Anlagen in der Nähe der Stationen als „freiwilliges Angebot der Städte und Gemeinden“ und als „unverzichtbaren Service“ für Fahrgäste.

Doch der hält oft nicht, was versprochen wird. „Längst nicht alle dargestellten WCs sind auch geöffnet“, sagt CDU-Regionalrat Rainer Ganske mit Bezug auf die Grafik. Schüle berichtet davon, wie sich Fahrgäste über verschlossene, zerstörte und verunreinigte Toiletten beschweren. „Vandalismus und Verschmutzung sind oft nicht tragbar, die WCs schlichtweg nicht zu benützen“, weiß Schüle. Auch der FDP-Regionalrat Armin Serwani spricht in dem Antrag von einem „unhaltbaren Zustand, der manchmal zu entwürdigenden Situationen führt“. Der FDP-Vorstoß, die Region solle ein Konzept erstellen, damit an allen Stationen Toilettenanlagen eingerichtet werden können, findet aber keine Zustimmung, wenngleich dies alle Fraktionen als „wünschenswertes Ziel“ bezeichnen. Statt dessen soll die Region sich bei Kommunen und Bahn für eine Verbesserung einsetzen und in zwei Jahren erneut berichten.

Bei der Förderung der neuen Mobilitätsschwerpunkte unterstützt der Regionalverband bereits die Schaffung von WC-Anlagen mit bis zu 50 000 Euro. Allerdings griff nur eine von sechs Kommunen zu. Eine automatische WC-Anlage kostet je nach Größe zwischen 75 000 und 105 000 Euro, hinzu kommen 15 000 bis 20 000 Euro jährlich für Wartung und Reinigung.