Die japanische Daimler-Tochter Fuso will ihre gesamte Produktpalette in den kommenden Jahren elektrifizieren. Auf der Tokyo Motor Show präsentierte der Nutzfahrzeughersteller einen schweren Lkw mit 350 Kilometern Reichweite, der in vier Jahren auf den Markt kommen soll.

Stuttgart/Tokio - Die japanische Daimler-Nutzfahrzeugtochter Fuso will in den kommenden Jahren alle Lkw- und Busreihen elektrifizieren. Nachdem Fuso im September bereits die ersten elektrisch betriebenen Kleinlaster namens E-Canter an Kunden übergeben hatte, präsentiert das Unternehmen im Rahmen der Tokyo Motor Show nun den ersten schweren E-Lastwagen namens Vision One.

 

Der Elektrolaster ist eine Fahrzeugstudie für einen vollelektrischen schweren Lastwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von rund 23 Tonnen und einer Nutzlast von etwa elf Tonnen – das seien nur zwei Tonnen weniger als die entsprechende Diesel-Variante, so Daimler. Bei einer Batteriekapazität von 300 kWh soll der Vision One nach Angaben des Konzerns eine Reichweite von bis zu 350 Kilometern haben. Ein mögliches Einsatzfeld für den elektrischen Schwer-Lkw sei der regionale Lieferverkehr. Eine Markteinführung auf Märkten wie Japan, Europa oder den USA sei in den nächsten vier Jahren möglich. Die Entwicklung eines wirtschaftlich tragfähigen Elektroantriebs für schwere Langstrecken-Lkw werde hingegen noch deutlich länger dauern, räumte das Unternehmen ein. Eine Entscheidung, wo der Vision One produziert werden könnte und ob dies – wie beim E-Canter – an mehreren Standorten weltweit der Fall sein könnte, sei noch nicht gefallen, so eine Sprecherin des Konzerns.

Neue Marke E-Fuso

„Mit dem E-Canter haben wir bereits unter Beweis gestellt, dass elektrische Lkw wirtschaftlich sein können“, sagte Fuso-Chef Marc Listosella in Tokio. „Unser E-Canter spart schon heute bis zu 1000 Euro Betriebskosten pro 10 000 Kilometer. Durch die sich rasant entwickelnde Batterietechnologie werden wir in Zukunft weitere elektrische Lkw und Busse entwickeln – zugunsten von Wirtschaftlichkeit, Umwelt und Gesellschaft.”

Mit der neuen Produktmarke E-Fuso sei die Daimler-Tochter der erste Hersteller mit einer eigenen E-Marke für Lkw und Busse, teilte Daimler mit. Die Entwicklung von schweren Lkw markiere dabei das obere Ende des Elektrifizierungsprozesses bei Fuso. In den kommenden Jahren würden alle Lkw- und Bus-Modelle der Marke eine zusätzliche Elektro-Variante erhalten. Die Markteinführung der Modelle hänge von der jeweiligen technischen Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit ab.

Unterstützung von Daimler

Bei der Elektrifizierung seiner Lkw und Busse profitiere Fuso stark von den umfassenden Erfahrungen und Entwicklungsfortschritten des Daimler-Konzerns. So beziehe E-Fuso seine Batterien von der konzerneigenen Tochter Deutsche Accumotive. Zudem entwickle Mercedes-Benz Energy – ein Spezialist für stationäre Speichersysteme – Anwendungen für einen zweiten Lebenszyklus der Batterien. Daimler hält darüber hinaus Anteile an Chargepoint, dem weltgrößten Anbieter von Ladestationen und dazugehöriger Infrastruktur sowie an Storedot – einem israelischen Start-Up Unternehmen, das neue Schnellade-Technologien für Batterien entwickelt. Diese Technologie ist nach Angaben des Stuttgarter Konzerns besonders interessant für die Anwendung in elektrischen Lkw, die über ein sehr hohes Ladevolumen verfügen. Daimler selbst hat im Sommer vergangenen Jahres den ersten elektrischen Mercedes-Lastwagen namens urban E-Truck mit 26 Tonnen Gewicht und einer Reichweite von 200 Kilometern gezeigt. Anfang der 2020er-Jahre soll der E-Laster in Serie gehen, so die Ankündigung bei der Premiere.

Ebenfalls auf der Autoschau in Tokio präsentiert der japanische Konkurrent Isuzu einen elektrisch angetriebenen Lastwagen, der mit einer Reichweite von 100 Kilometern aber nur für den innerstädtischen Lieferverkehr gedacht ist. Er soll laut der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei 2018 auf den Markt kommen. Zudem hat der US-Elektromobilitäts-Pionier Tesla einen Elektro-Lkw namens Semi angekündigt, über dessen Eigenschaften aber noch nichts bekannt ist. Nach mehrfachen Verschiebungen – begründet mit den Produktionsschwierigkeiten beim neuen Auto Model 3 – ist die Präsentation nun für den 13. November geplant. Meldungen über entsprechende Pläne beziehungsweise Testeinsätze im Werksverkehr gibt es auch vom kanadisch-österreichischen Automobilzulieferer Magna und der VW-Tochter MAN. Zudem soll es bald Tests mit Oberleitungs-Lkw auf deutschen Autobahnen geben.