Katie Holmes verlässt Tom Cruise. Warum interessiert das, obwohl wir ja eigentlich gar nichts wissen? Warum provoziert das jeden Tag aufs Neue Schlagzeilen? Weil die Risse in der Inszenierung befriedigend sind.

Hollywood - Die Faktenlage zuerst: Kate Noelle Holmes, 33 Jahre alt, Schauspielerin, hat in New York die Scheidung von ihrem Mann Tom Cruise eingereicht. Begründung: „Unüberbrückbare Differenzen“. Die Ehe wurde im November 2006 auf einem italienischen Schloss nördlich von Rom geschlossen. Das Paar hatte sich im Jahr zuvor beim Casting für einen Film kennengelernt. Die gemeinsame Tochter Suri ist seit April 2006 auf der Welt.

 

Tom Cruise, 50 Jahre alt, ist der bestbezahlte Schauspieler Hollywoods. Cruise bekennt sich zu seinem Glauben an die Lehre der Scientology-Organisation und gehört zum engen Führungszirkel der Truppe. Der Scientology-Führer David Miscavige ist sein enger Freund. Cruise missioniert in Videos für die Organisation, die in Amerika als Kirche betrachtet wird, in Deutschland aber unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Für den Schauspieler ist es die dritte Ehe, die scheitert – nach Verbindungen mit Mimi Rogers und Nicole Kidman. Zusammen mit Kidman hat er zwei Kinder adoptiert, die bei ihm leben.

Der Fall Cruise vs. Holmes wird öffentlich verhandelt

Mehr weiß keiner genau, auch wenn jetzt alle schlussfolgern, das jeweils Neueste glauben und weitergeben, was gerade wieder irgendeine „Quelle“ aus dem angeblichen Umfeld der Beteiligten irgendeinem amerikanischen Medium gesteckt hat: Katie wolle Suri vor Scientology schützen, sie habe alles von langer Hand geplant, sie sehe auf diesem Foto gefährlich schmal, auf jenem wie unter Tranquilizer und auf dem nächsten wie eine befreite Frau aus – und so weiter und so fort. Die Quellenlage ist dürftig, was die Nachrichtenlage nicht zu stören scheint: der Fall Holmes vs. Cruise wird öffentlich verhandelt.

Ständig heiraten Schauspieler, gehen Ehen den Bach runter, wird vor Gericht um Millionen und Kinder gestritten. Was also ist es, das uns an der Trennung von „TomKat“ so elektrisiert? Der Motor, der die Geschichte von Katie und Tom zum Schnurren bringt, sitzt tief in unserem Bauch und bedient hässliche Instinkte. (Aber niemand hat gesagt, dass das Wesen des Klatsches ein angenehmes sei.) Es macht sich ein Hab-ich’s-doch-gleich-gewusst-Gefühl breit, das in mehrerlei Hinsicht befriedigend ist. Es stillt den Hunger nach Sensation. Vor allem aber ist es einfach schön zu sehen, dass nirgendwo alles glattgeht, auch wenn man das immer und fortwährend glauben soll.

Tom Cruise polarisiert, schon immer

Tom Cruise gehört zu den Figuren, die polarisieren. Das ist schon seit seinen Zeiten als angemessen attraktiver, wenn auch zu kleiner Top-Gun-Pilot mit eckigem Kinn und Fliegersonnenbrille so, als man nicht wusste, ob man nun lieber ins Kino gehen und schicke Flieger gucken oder doch draußen gegen Boden-Boden-Raketen demonstrieren soll.

Cruise ist einer, bei dem sich Erfolg, Geld, Berühmtheit und die Liebe anhäufen, als komme das alles direkt aus der amerikanischen Softeismaschine. Der Eismann ist dabei er selbst: der Schauspieler, Produzent und Kontrollfreak hat den Finger am Hebel und bestimmt, was herauskommt und wann. Es ist aber immer ein bisschen zu schaumig, zu schleimig, zu süß.

Der Aufschrei ist groß, als er Stauffenberg spielen will

Toms Küchenhelfer in Deutschland ist die „Bild“, die einen Autor hat, der mit „TC“ befreundet ist. Der berichtet dann, wie eine „Ikone“ durch die Tür kommt, die Sätze sagt wie: „Geld war nie mein Antrieb“ und dem Freund „Liebes-Schnappschüsse“ zeigt: „Tom und Katie küssen sich, er streichelt ihren Bauch, sie tanzen im Wind, sie lächeln in den Himmel.“

Da blickt man zur Abwechslung gern mal in einen Abgrund. In Deutschland tat sich so eine Möglichkeit zuletzt auf, als Cruise den NS-Widerstandskämpfer Stauffenberg spielen wollte. Ein amerikanischer Chef-Scientologe, der im Bendlerblock dreht und den Deutschen Geschichtsunterricht erteilen will, weil er sich – als echter Tom Cruise, nicht als Stauffenberg – angeblich schon seit Kindertagen gefragt hat, wieso eigentlich keiner diesem Hitler da mal eine Kugel in den Kopf gejagt hat? Als dann Verschwörungstheoretiker darauf hinwiesen, dass Scientology angeblich zeitgleich von Berlin aus nach Osteuropa vorstoßen wolle, lief die Debatte gar nicht gut für Cruise.

Toller Tom, brave Katie – eine schöne Inszenierung

Aber seltsamerweise: am Ende spielte Cruise den Stauffenberg, der Actiondarsteller avancierte plötzlich zum anspruchsvollen Schauspieler mit Zugang zu deutschen Feuilletons, bekam einen Bambi in der originellen Kategorie „Courage“ und wurde vom FAZ-Herausgeber belobigt. Die Eismaschine lief wie geschmiert.

Die Trennung der braven Katie vom tollen Tom ist nun aber gar nicht, wie es sein sollte. Sie ist der Riss in der Geschichte, man wartet, was nun aus dem dünnen Stoff hervorquillt, und erinnert sich an all die Verdachtsmomente: die Sprünge auf Oprahs Sofa, die Ankündigung Toms, die Plazenta der Gattin zu verspeisen. Und diese Fotos der beiden mit dem angeknipsten Super-Surround-Lächeln, bei denen einen immer die Ahnung davon beschlich, nur einer nachbearbeiteten Vorführung von Liebe beizuwohnen. Warum interessiert uns deren Ende? Es ist, als hätte ein Paparazzo nun geschickt in die Seele der scheinbar immer Glücklichen hineinfotografiert – und siehe da: schlimmste Cellulitis! Wie bei allen anderen auch!