Beim Otto-Hahn-Gymnasium Ludwigsburg wird für den Sport das Unterrichtspensum gestreckt. Das trägt Früchte.
Diese Ludwigsburger Schüler haben eine 60-Stunden-Woche. Mindesten 60 Stunden lang seien sie verplant - mit trainieren, lernen und mit Wettkämpfen, erzählen Anna Hiesinger (17 Jahre), Lasse Bohr (15) und Simon Schilling (15). Die drei Teenager sind Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) Ludwigsburg und gehören zum sehr erfolgreichen Jugend-trainiert-für-Olympia-Team (JtfO) der Schule mit integriertem Sportinternat. Die Leichtathletin Anna hält im Stabhochsprung den deutschen U18-Rekord (4,20 Meter). Lasse spielt Tennis auf hohem Niveau, er hat kürzlich ein Turnier in Ulm gewonnen und stand im Halbfinale der deutschen U14-Meisterschaften. Simon spielt Hockey und hat eine Einladung zur Jugend-Nationalmannschaft bekommen.
Die Schüler holen drei Bundessiege
Alle drei waren jetzt mit den OHG-Teams beim JtfO-Herbstfinale in Berlin. „Für unsere Schule geht damit ein sehr erfolgreiches Jugend-trainiert-für-Olympia-Jahr zu Ende“, sagt die Sportlehrerin Maren Metelka. Das Otto-Hahn-Gymnasium, das zum Bildungszentrum West gehört, sei mit drei Bundessiegen in den Sportsparten Tennis (männlich und weiblich) sowie Hockey (männlich) die „mit Abstand erfolgreichste JtfO-Schule in Baden-Württemberg und eine der erfolgreichsten Schulen Deutschlands“. Auch viele Elite-Schulen aus der Ex-DDR konnten nicht mithalten.
Anna, Lasse und Simon stehen exemplarisch für ganz viele Nachwuchs-Leistungssportlerinnen und -sportler am OGH. Das Gymnasium lockt mit den sogenannten Sportbegabten-Klassen viele Top-Talente an. Anna und Simon besuchen das Ludwigsburger Sport-Gymnasium bereits seit der fünften Klasse. Lasse indes hat erst kürzlich die Schule gewechselt und erzählt an diesem Nachmittag zwischen Unterricht und Training, dass er zusammen mit seiner Mutter von Villingen in Richtung Ludwigsburg gezogen ist - auch, weil er gern am OHG sein Abitur machen will. An diesem Gymnasium in der Ludwigsburger Weststadt dürfen talentierte Sportlerinnen und Sportler ihre Schulzeit strecken, sie lernen den Stoff der Klassen acht, neun und zehn in vier Jahren statt in drei, haben also deutlich weniger Unterricht und mehr Zeit für ihr Training.
Anna gehört zum Bundeskader, deshalb darf sie sich in der Oberstufe noch mal ein Jahr mehr Zeit lassen. Das, sagt sie mit einem Strahlen im Gesicht, „ist perfekt für mich“. Sie könne sich „relativ frei“ einteilen, in welchem Jahr sie welche Kurse belegen möchte. Es ist möglich, den Schulunterricht mehr oder weniger gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen, erklärt die Lehrerin. Es sei indes auch eine Option, das mittlere der drei Jahre bis zum Abitur weitgehend unterrichtsfrei zu wählen, falls in dieser Zeit Europa- oder Weltmeisterschaften stattfinden. Schülerinnen und Schüler, die ihre Schulzeit strecken wollen, benötigten allerdings zig Genehmigungen, etwa vom Olympia-Stützpunkt und vom Kultusministerium.
Das Ziel ist die Hockey-Bundesliga
Anna, Lasse und Simon haben also noch ein bisschen Zeit bis zum Abitur. Lasse sagt, sein Ziel sei ein Platz unter den Top 100 der U18-Weltrangliste. Und auf Nachfrage erzählt er dann auch noch, sein großer Traum sei, eines Tages von seinem Sport leben zu können. Im Tennis eine durchaus realistische Option. Simon hingegen weiß, mit Hockey kann man in Deutschland kaum Geld verdienen, sein kurzfristiges Ziel sei ein Stammplatz in der U16-Nationalmannschaft. Später würde er gern in der Bundesliga spielen.
Anna macht 2027 Abi. Wie es für sie beruflich weitergeht? Noch keine zündende Idee, sagt sie. Was sportlich ansteht, ist klar: die bekannteste OHG-Athletin will 2025 bei der U20-EM unbedingt eine Medaille holen. Ihr großes Ziel sind die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Insofern gilt tatsächlich: Jugend trainiert für Olympia.