Eine Frau, die der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags gerne als Zeugin vernommen hätte, ist tot. Obwohl bisher nichts auf einen unnatürlichen Tod hinweist, gibt es viele Fragen.

Stuttgart - Fieberhaft versuchen die Abgeordneten des zweiten Untersuchungsausschusses in diesen Tagen zu ergründen, welche Kontakte die späteren Rechtsterroristen Mitte der 1990er Jahre im Südwesten knüpften. Eine 46-jährige Ludwigsburgerin, die die NSU-Mitglieder Beate Zschäpe und Uwe Mundlos damals kennenlernte, ist jetzt gestorben. Ob Corinna B. sich noch an das Treffen an Ostern 1996 erinnerte, bei dem die Thüringer Neonazis auftauchten, ist unklar. „Sie war die letzten 15 Jahre ihres Lebens mit ihrer Krankheit beschäftigt“, heißt es aus dem engsten Familienkreis der Verstorbenen. Bilder zeigen, dass die Frau, die zuletzt in einem Pflegeheim lebte, schon seit Jahren das Haus nur mit einem Rollator verlassen konnte.

 

Trotzdem hätten die Landtagsabgeordneten Corinna B. gerne als Zeugin gehört. Dem Justizministerium teilte der Ausschuss-Vorsitzende Wolfgang Drexler mit, sein Gremium habe „großes Interesse“ daran, ob „Fremdeinwirkung oder Fremdverschulden“ beim Tod der Frau ausgeschlossen werden könne. Bislang spricht laut einer Pressemitteilung des Landtags nichts für einen unnatürlichen Tod.

Rechtsextreme Szene im Raum Ludwigsburg

Doch auch wenn geklärt werden kann, dass Corinna B. den Folgen ihrer schweren Erkrankung erlag, wird der Ausschuss die Personalie unter die Lupe nehmen müssen. 1996 durchsuchte der Staatsschutz des LKA die Wohnungen mehrerer Rechtsextremisten im Raum Ludwigsburg auf der Suche nach Waffen. Auch Corinna B. war davon betroffen. Ebenso ihr damaliger Lebensgefährte Hans-Joachim S., dessen Telefonnummer auf einer Kontaktliste des NSU-Terroristen Mundlos stand und der mehrfach mit den Jenaer Kameraden feierte. Während die Ermittler bei S. nur erlaubnisfreie Schießeisen mitnahmen, ist nicht klar, ob sie bei B. fündig wurden.

Die hatte auch noch später einen kurzen Draht zum innersten Kreis der Neonazis im Stuttgarter Raum. Nach Recherchen dieser Zeitung war B. zeitweise die Freundin des Skinheads Rico H. aus Winnenden. Der Maschinenbediener fiel den Behörden immer wieder auf, weil er Neonazikonzerte organisierte und als „Geburtstagsfeiern“ tarnte. „Laut Quelle war so ziemlich alles vertreten, was in der Skinszene und der Blood-&-Honour-Szene Rang und Namen hatte“, heißt es in einem Bericht des Verfassungsschutzes über eine solche Feier in Rheinmünster-Söllingen im Januar 2011. H. pflegt seit Jahren intensive Kontakte zu Gleichgesinnten in Chemnitz.

Verbindungen nach Sachsen

Schon 2002 beantragte er eine Besuchserlaubnis für den damals inhaftierten Skinhead Jan Werner. Gegen den Sachsen wird im NSU-Verfahren ermittelt, weil er Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe im Untergrund geholfen und sich um Waffen für sie bemüht haben soll. Auch mit dem Chemnitzer Mundlos-Freund Hendrik L. scheint Rico H. vertraut zu sein. „Ich kann ja für dich bürgen“, antwortete L. seinem Winnender Kameraden Rico H., als der sich 2008 für eine Mitgliedschaft im Rockerclub Motorradstaffel Kreuzeiche interessierte.

Um einen weiteren Freund aus der „alten Chemnitzer Szene“ zu treffen, muss sich Rico H. nur kurz ins Auto setzen. Andreas G. lebt seit 2001 bei Backnang. 2000 soll der heute 42-Jährige am Rande einer NPD-Schulungsveranstaltung in Thüringen gesagt haben: „Den dreien geht es gut.“ Das behauptete zumindest ein V-Mann des Verfassungsschutzes. Im Münchner NSU-Prozess stritt G. ab, an einem solchen Gespräch teilgenommen zu haben.