Martin ist der Weltmeister im Kampf gegen die Uhr, die erste Etappe der Tour praktischerweise ein Zeitfahren. Weshalb der Plan für diesen Samstag ein einfacher ist: Martin siegt – und an der längsten Theke der Welt bricht das Gelbfieber aus.

 

Anzeichen einer Infektion gibt es in Düseldorf schon länger. Zumindest muss das glauben, wer sich leichtsinnigerweise für den Newsletter der städtischen Pressestelle angemeldet hat. Ein Virus hätte den Redaktionsrechner kaum mehr beschäftigen können. Eine Mail nach der anderen wurde verschickt, meist ging es um Aktionen vor dem Tour-Start. Es gab Ausstellungen („Die Welt hat Pedale“), Vorlesungen in der Stadtbücherei („Velomanie?!“), einen Radwettbewerb für Kinder („Petit Départ“), ein Buchprojekt („Radtour durch Zeit und Raum“), einen Weltrekord im Aquacycling und und und. Auch die städtische Gärtnerei hatte viel zu tun. Allein im Nordpark wurden mehr als 100 000 Blumen gepflanzt, sämtliche Beete zeigen Motive der Tour de France, darunter 13 stilisierte Rennfahrer, die französische Nationalflagge sowie die unterschiedlichen Trikots, die es zu gewinnen gibt. Und auch die Altstadt hat sich geschmückt.

Kultband Kraftwerk gibt ein Konzert

Die Fassaden sind bemalt und beklebt, die Balkone dekoriert. In vielen Pflanzkübeln stecken gelbe Räder. An jeder Ecke sind Feste geplant – und auch ein paar außergewöhnliche Aktionen. Auf dem Rhein eskortieren Düsseldorfer Ruderclubs in ihren Achtern die Radprofis beim Zeitfahren. Die Düsseldorfer Kultband Kraftwerk gibt ein Open-Air-Konzert und wird ihr komplettes Album „Tour de France“ spielen, in der Melanchthonkirche ist klassische Musik zu hören unter dem Motto „Tour de Bach“. Mehr geht nicht. Kritiker gibt es trotzdem oder gerade deswegen.

Sebastian Reh ist Fahrradkurier in Düsseldorf. 18 000 Kilometer legt er pro Jahr auf den Straßen der Stadt zurück. Er interessiert sich für Radsport, weshalb er sich über das Gastspiel der Tour freut. Er hofft aber auch, dass etwas zurückbleibt, wenn die Profis wieder weg sind – zum Beispiel die Erkenntnis, dass es mehr braucht, um eine radfreundliche Stadt zu sein. „Viele schöne Radwege gibt es bei uns nicht“, meint Reh, „und ein paar mehr könnten es auch sein.“ Das sieht Carsten Wien ganz ähnlich. Er ist Geschäftsführer des Düsseldorfer Radlertreffs „Schicke Mütze“ und erklärt: „Die Tour muss Spuren hinterlassen, es muss eine breitere Akzeptanz für das Radfahren her. Seit Jahrzehnten gibt es in der Stadtverwaltung nur die Direktive: Auto, Auto, Auto.“ Wirklich zu rechnen ist mit einem Umdenken aber nicht, zumindest nicht schnell, denn erst mal wird es um die Kosten gehen.

Kostengünstige Werbung

Rund 13 Millionen Euro gibt Düsseldorf für den Tour-Auftakt aus. Allein die Lizenzgebühr an den Veranstalter ASO macht 4,5 Millionen Euro aus, daneben schlägt vor allem die Organisation zu Buche. Während mehrere Tausend, teils schwer bewaffnete Polizisten die Sicherheit in Düsseldorf gewährleisten sollen, muss die Stadt rund 2000 Helfer stellen, die verantwortlich sind, dass an der Strecke nichts passiert. Benötigt werden dafür zum Beispiel Container als Barrieren, die Lastwagen aufhalten können, 110 Kilometer Absperrgitter und elf Stahlrohrbrücken. Die Verwaltung rechnet zwar mit Einnahmen von acht Millionen Euro, weil aber ein Großteil der Sponsoren Unternehmen sind, die der Stadt gehören oder an der sie beteiligt ist, sagt die Düsseldorfer FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Der Grand Départ ist überflüssig, eine Verschwendung von Steuergeldern.“

Doch Martin, Kittel und Degenkolb ist es gelungen, dem klinisch toten Radsport neues Leben einzuhauchen. „Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass wir irgendwann mal wieder einen Tour-Start in Deutschland haben werden“, sagt Tony Martin, „ich bin stolz, dass ich meinen kleinen Teil dazu beigetragen habe.“ Dabei soll es allerdings nicht bleiben.

Beete zeigen Motive der Tour de France

Martin ist der Weltmeister im Kampf gegen die Uhr, die erste Etappe der Tour praktischerweise ein Zeitfahren. Weshalb der Plan für diesen Samstag ein einfacher ist: Martin siegt – und an der längsten Theke der Welt bricht das Gelbfieber aus.

Anzeichen einer Infektion gibt es in Düseldorf schon länger. Zumindest muss das glauben, wer sich leichtsinnigerweise für den Newsletter der städtischen Pressestelle angemeldet hat. Ein Virus hätte den Redaktionsrechner kaum mehr beschäftigen können. Eine Mail nach der anderen wurde verschickt, meist ging es um Aktionen vor dem Tour-Start. Es gab Ausstellungen („Die Welt hat Pedale“), Vorlesungen in der Stadtbücherei („Velomanie?!“), einen Radwettbewerb für Kinder („Petit Départ“), ein Buchprojekt („Radtour durch Zeit und Raum“), einen Weltrekord im Aquacycling und und und. Auch die städtische Gärtnerei hatte viel zu tun. Allein im Nordpark wurden mehr als 100 000 Blumen gepflanzt, sämtliche Beete zeigen Motive der Tour de France, darunter 13 stilisierte Rennfahrer, die französische Nationalflagge sowie die unterschiedlichen Trikots, die es zu gewinnen gibt. Und auch die Altstadt hat sich geschmückt.

Kultband Kraftwerk gibt ein Konzert

Die Fassaden sind bemalt und beklebt, die Balkone dekoriert. In vielen Pflanzkübeln stecken gelbe Räder. An jeder Ecke sind Feste geplant – und auch ein paar außergewöhnliche Aktionen. Auf dem Rhein eskortieren Düsseldorfer Ruderclubs in ihren Achtern die Radprofis beim Zeitfahren. Die Düsseldorfer Kultband Kraftwerk gibt ein Open-Air-Konzert und wird ihr komplettes Album „Tour de France“ spielen, in der Melanchthonkirche ist klassische Musik zu hören unter dem Motto „Tour de Bach“. Mehr geht nicht. Kritiker gibt es trotzdem oder gerade deswegen.

Sebastian Reh ist Fahrradkurier in Düsseldorf. 18 000 Kilometer legt er pro Jahr auf den Straßen der Stadt zurück. Er interessiert sich für Radsport, weshalb er sich über das Gastspiel der Tour freut. Er hofft aber auch, dass etwas zurückbleibt, wenn die Profis wieder weg sind – zum Beispiel die Erkenntnis, dass es mehr braucht, um eine radfreundliche Stadt zu sein. „Viele schöne Radwege gibt es bei uns nicht“, meint Reh, „und ein paar mehr könnten es auch sein.“ Das sieht Carsten Wien ganz ähnlich. Er ist Geschäftsführer des Düsseldorfer Radlertreffs „Schicke Mütze“ und erklärt: „Die Tour muss Spuren hinterlassen, es muss eine breitere Akzeptanz für das Radfahren her. Seit Jahrzehnten gibt es in der Stadtverwaltung nur die Direktive: Auto, Auto, Auto.“ Wirklich zu rechnen ist mit einem Umdenken aber nicht, zumindest nicht schnell, denn erst mal wird es um die Kosten gehen.

Kostengünstige Werbung

Rund 13 Millionen Euro gibt Düsseldorf für den Tour-Auftakt aus. Allein die Lizenzgebühr an den Veranstalter ASO macht 4,5 Millionen Euro aus, daneben schlägt vor allem die Organisation zu Buche. Während mehrere Tausend, teils schwer bewaffnete Polizisten die Sicherheit in Düsseldorf gewährleisten sollen, muss die Stadt rund 2000 Helfer stellen, die verantwortlich sind, dass an der Strecke nichts passiert. Benötigt werden dafür zum Beispiel Container als Barrieren, die Lastwagen aufhalten können, 110 Kilometer Absperrgitter und elf Stahlrohrbrücken. Die Verwaltung rechnet zwar mit Einnahmen von acht Millionen Euro, weil aber ein Großteil der Sponsoren Unternehmen sind, die der Stadt gehören oder an der sie beteiligt ist, sagt die Düsseldorfer FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Der Grand Départ ist überflüssig, eine Verschwendung von Steuergeldern.“

Thomas Geisel sieht das natürlich anders, ganz anders. Er rechnet den Umsatz dagegen, den Hotels und Gaststätten machen. Er sieht die vielen Stunden im TV als kostengünstige Werbung für seine Stadt. Und er denkt ohnehin ein bisschen größer, ungefähr so wie Emmanuel Macron. Der französische Staatspräsident sprach dem OB und den 15 000 Düsseldorfern bei der Teampräsentation auf dem Burgplatz seinen Dank aus: „Sie werden heute ein wenig Franzosen sein, und die Franzosen werden dank Ihrer so dynamischen und strahlenden Stadt ein wenig Deutsche sein. Es ist eine Botschaft der Freundschaft an ganz Europa.“ Da kann man vor lauter Begeisterung schon mal ein Rad schlagen und danach gleich noch eines.