Einst galt die Serie GT Masters als Tummelplatz für finanziell potente Freizeit-Fahrer in noch potenteren Rennautos. Das ist Vergangenheit. In der zehnten Saison ist die Qualität des Fahrerfeldes hoch, auch deshalb, weil die Hersteller damit viel Geld verdienen.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart - Ganz glücklich war Sebastian Asch nach dem Auftakt des ADAC GT Masters nicht. Zwar hatte der Titelverteidiger den ersten Lauf in Oschersleben mit Teampartner Luca Ludwig gewonnen, in Lauf zwei fuhr er im Mercedes als Erster über die Linie – doch wegen eines zu großen Abstands auf das Safety-Car vor dem Restart bekam der Ammerbucher eine Zeitstrafe und landete auf Platz 22. „Regeln sind eben Regeln“, sagte der 29-Jährige, „jetzt sind wir Dritte in der Meisterschaft – es ist mir ohnehin wichtiger, am Saisonende Erster zu sein.“ Die Serie der Supersportwagen ist in die zehnte Saison gestartet, Veranstalter ADAC hat den Wettbewerb zum Jubiläum aufpoliert – insgesamt werden 500 000 Euro Preisgeld ausgeschüttet; 19 Teams und mehr als 30 ebenso bunte wie schnittige Autos streiten sich in 14 Saisonläufen um Prämien und Punkte.

 

Anfänglich wurde die Serie nicht immer ernst genommen – es haftete ihr das Attribut einer Feierabend-Rennserie an, in der finanziell potente Amateur-Fahrer (Gentleman-Driver) in noch potenteren Autos Rennerle spielen konnten. Jeder hatte einen Routinier im Team, um dem Ganzen einen sportlichen Aufkleber verpassen zu können. Für die mediale Anziehungskraft waren Promis zuständig. Sven Hannawald, Skisprung-Star im Ruhestand, startete 2008 im Masters und blieb bis 2011 dabei. „Das Masters war mal eine Gentleman-Geschichte“, sagt der langjährige Motorsport-Manager Axel Watter, der Hannawald damals betreute, „aber es hat einen Wandel durchgemacht – heute darf man es als zweite Liga des Tourenwagen-Sports bezeichnen.“ Das unterstreicht auch der Serienveranstalter. „Das Niveau der Starterfelder ist kontinuierlich gestiegen“, betont Oliver Runschke vom ADAC, „die Zahl der Gentleman-Fahrer ist rückläufig.“

Statt fahrfröhliche Oldies in die bis zu 600 PS starken Fahrzeuge zu setzen, haben Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes und Porsche die Serie als Talentschmiede erkannt. „Wir sehen eine perfekte Plattform, um begabte Nachwuchsfahrer ans höchste Niveau des GT-Sports heranzuführen“, sagt BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt. Die Münchner haben den Finnen Jesse Krohn und den Schweizer Louis Delétraz als Fahrschüler installiert. Mercedes hat Formel-3-Europameister Felix Rosenqvist bei AMG Zakspeed untergebracht, der Schwede soll für die erste Liga DTM ausgebildet werden. Maximilian Götz ist dieser Aufstieg gelungen, Masters-Titelverteidiger Asch hat diese Hoffnung noch nicht aufgegeben. Um den Jugendstil zu betonen, gibt es erstmals eine Junior-Wertung für unter 25-Jährige.

Der Mercedes-AMG kostet netto 372 000 Euro

Allerdings stellt das GT Masters im Gegensatz zur DTM kein Einsatzgebiet für Werke dar, es bleibt eine Bühne für Privatteams. Dabei profitieren die Rennställe von der Präsenz der namhaften Hersteller. Wer einen ihrer Nachwuchsfahrer ausbildet, erhält finanzielle Zuwendungen oder einen Sonderpreis für Ersatzteile – das kann sich rechnen, denn um eine Saison bestreiten zu können, sind lässig 500 000 Euro nötig. Da ist das Einsatzfahrzeug nicht eingerechnet. Der Mercedes-AMG GT3 kostet 372 000 Euro netto. Der Audi R8, der BMW M6, der Porsche 911, der Lamborghini Huracan, die Corvette C7 , sie liegen zwischen 400 000 und 550 000 Euro Anschaffungswert. Das Geschäft für die Hersteller brummt. Mercedes hat sämtliche 100 produzierten SLS, die bis 2015 eingesetzt wurden, an den Mann gebracht. Für den neuen AMG GT3 liegen 40 Bestellungen in Affalterbach. BMW hat von den bis 2015 eingesetzten Z4 insgesamt 52 verkauft, bereits 20 Exemplare des neuen M6 wurden für 2016 ausgeliefert. „Die Nachfrage ist groß“, sagt Jochen Übler von Mercedes-AMG, „diese Autos können bei Rennserien auf der ganzen Welt eingesetzt werden.“

Das Geschäft floriert. Verbände schaffen ein internationales GT3-Regelwerk, es entsteht ein globaler Markt für Leute mit Benzin im Blut, die Nachfrage schaffen. „Es geht ja nicht nur um den Verkauf von Autos“, betont der Filderstädter Watter, „es geht auch um Ersatzteile.“ Irgendwas geht immer mal kaputt. Zudem entstehen Arbeitsplätze. In Affalterbach bei AMG sind mehr als 100 Arbeitnehmer in verschiedenen Bereichen beschäftigt, die am GT3-Projekt beteiligt sind. Ein weiterer Aspekt macht das GT Masters für die Marken attraktiv: Sport 1 überträgt alle 14 Rennen live, seit dieser Saison gibt es einen englischsprachigen Kommentator fürs internationale TV-Signal; schließlich kommt etwa die Hälfte der Fahrer nicht aus Deutschland. So wird ein wichtiges Kriterium der Marketingstrategen der Werke erfüllt. „Bentley möchte ein jüngeres Publikum gewinnen und der Marke ein sportlicheres Image verpassen“, sagt Watter. Nicht zuletzt freut sich der ADAC über die Strahlkraft der Marken in seiner Tourenwagen-Serie. „Die Starterfelder sind voll, wir haben 19 Teams, davon sind sieben Neueinsteiger“, sagt ADAC-Mann Runschke.

Wenig Zuschauer an den Rennstrecken

Die Zuschauerzahlen liegen auf einer überschaubaren Höhe. Wenn bei den mehrtägigen Veranstaltungen über 10 000 Fans den Pistenrand bevölkern, atmen die Veranstalter auf; beim Finale 2014 waren es in Hockenheim 18 000. „Mit der Entwicklung sind wir zufrieden. Wir haben Strecken, wo wir große Zuwächse haben, aber wir haben auch Strecken, wo es zäh ist“, sagte ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk Ende 2014. Mit noch mehr Fanfreundlichkeit, mit Autogrammstunden und Blicken in die Teamboxen sowie günstigen Tickets (20 Euro) will der ADAC mehr Motorsport-Freunde anlocken. 2015 kamen im Schnitt 12 500 Menschen zu den Rennen, knapp über 20 000 waren es in Oschersleben. „Wir sind zufrieden“, sagt Runschke. Ein Highlight steht vom 3. bis zum 6. Juni bevor: Dann finden auf dem Lausitzring die Rennen des GT Masters und der DTM statt. Sebastian Asch freut sich drauf.