Radfahrer und Wanderer können sich sonntags vom Göppinger Bahnhof aus auf den Reußenstein kutschieren lassen. Nach langer Diskussion segnet der Kreistagsausschuss für Umwelt und Verkehr das touristische Projekt fürs Erste ab.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Für den nur halbwegs austrainierten Freizeitradler ist ein sonntäglicher Ausflug vom Filstal auf die Schwäbische Alb ein ziemlicher Kraftakt. Gut und gerne 400 Höhenmeter gilt es zu überwinden, auf einer Strecke von vielleicht 25 Kilometern. Als der Landkreis Göppingen vor vier Jahren seine Radkonzeption verabschiedet hat, stand das Projekt Rad-Wanderbus deshalb auch schon auf der Agenda. Jetzt kommt der Modellversuch ins Rollen. Von Juli an wird der „Radlblitz“ bis Ende Oktober von Göppingen aus den Reußenstein ansteuern, an allen Sonntagen sowie am Tag der Deutschen Einheit.

 

Streit um den richtigen Startpunkt

Diesen Beschluss hat der Kreistagsausschuss für Umwelt und Verkehr in seiner jüngsten Sitzung gefasst. Der einstimmigen Entscheidung war allerdings eine lange und kontroverse Diskussion vorausgegangen – obwohl im Prinzip niemand etwas gegen den Modellversuch einzuwenden hatte. Neu erfunden werden musste die Idee ohnehin nicht. Im Nachbarlandkreis Esslingen verkehrt der Rad- und Wanderbus Schwäbische Alb schon seit sechs Jahren zwischen Oberlenningen und Römerstein, das bekanntermaßen bereits zum Kreis Reutlingen gehört. Dass es dennoch seine Zeit dauerte und dass es eine erregte Debatte gab, hatte mehrere Gründe. Bereits Anfang März sollte das Konzept verabschiedet werden. Dieses hatte die Göppinger Kreisverwaltung jedoch ohne formale Gespräche mit den Touristikern ausgearbeitet, was sicher nicht zu unrecht die Kritik der Kreisräte heraufbeschworen hatte. Zwischenzeitlich haben diese Absprachen stattgefunden, mit eben dem Ergebnis, in Göppingen zu starten.

Dies wiederum wollte die CDU nicht, die das obere Filstal gerne mitbedient hätte und deshalb Geislingen als Ausgangspunkt vorschlug. Ihr Sprecher Wolfgang Rapp forderte deshalb eine Verschiebung der Beratung, „die dann im Herbst stattfinden kann“. Sein Vorschlag lautete, jetzt einen Probelauf zu machen, im Herbst Zahlen vorzulegen, daraufhin ein neues Konzept auszutüfteln, gegebenenfalls die Streckenführung zu verändern und mit dem „Radlblitz“ 2016 so richtig loszulegen. Auch der Zielort Reußenstein missfiel den Christdemokraten, „weil wir da für den Kreis Esslingen mitbezahlen“, wie Rapp betonte.

Stundentakt auf den Reußenstein

Werner Stöckle (Freie Wähler) sah darin zwar kein Problem und machte sich auch für den Startpunkt Göppingen stark, er erklärte aber, dass es eine ergänzende Linie nicht brauche, die von Kirchheim/Teck über Gruibingen auf den Reußenstein führen soll. Hans-Jörg Wienecke, der oberste Verkehrsplaner im Göppinger Landratsamt, hält dies wiederum für eine „charmante Idee“. Und genau über diesen Punkt werden Esslinger Kreisräte im April befinden. „Kommt die zusätzliche Route, bekommen wir auf dem Reußenstein einen Stundentakt hin“, sagte er. Zudem sei der Parkplatz an der zurzeit gesperrten Ruine mitnichten der Zielpunkt, sondern ein Ausgangspunkt, um die Albhochfläche zu erwandern oder zu erradeln, entgegnete er der CDU.

Auch die Ausschussmitglieder der SPD, der Grünen und der FDP sprachen sich in der Debatte für das von der Verwaltung vorgeschlagene Vorgehen und für eine dreijährige Projektphase aus, stimmten am Ende aber doch für den von der CDU-Antrag. So wird der „Radlblitz“ bis Ende Oktober von Göppingen aus verkehren. Im November soll eine Evaluation vorgelegt werden, von der man sich Erkenntnisse verspricht, ob der Bus angenommen wird und ob die Investition von zunächst einmal gut 30 000 Euro Sinn ergibt. Zugleich wird eine Fortschreibung der Rad-Wanderbus-Konzeption erwartet, mit der Maßgabe: Änderungen nicht ausgeschlossen.

Kommentar

Wer so denkt, kommt nicht voran

Keine Frage: im Stauferkreis gibt es mindestens ein Dutzend Ziele, die ein Bus ansteuern könnte, der Fahrräder transportiert und zudem Wanderer von A nach B oder wieder zurück bringt. Doch irgendwann muss man mal irgendwo anfangen und da bietet es sich an, das dort zu tun, wo ein Netzwerk entstehen kann oder bereits vorhanden ist. Deshalb ist der Reußenstein eine gute Wahl, auch wenn er ein paar wenige Meter außerhalb der Göppinger Markungsgrenze liegt.

So wenig dieser Umstand einen Ausflügler kümmert, er im Zweifel davon nicht einmal etwas weiß, so sinnvoll ist es den „Radlblitz“ zunächst einmal von und nach Göppingen fahren zu lassen. Dort ist die Einwohnerdichte per se schon einmal größer als in Geislingen – und sollte es wirklich einen Ringschluss mit dem Esslinger Rad- und Wanderbus geben, dann steht einer gepflegten Tour über die Alb auch für weniger Geübte nix mehr im Weg. Dass die CDU auch die Pedalritter aus dem Ulmer Raum auf der Rechnung hat, ist gut gemeint. Doch wer fährt, wenn er von dort kommt, schon die Alb runter, um nachher mit dem Bus wieder den Berg hinauf zu fahren?

Im Kreis Göppingen ist das mit den Diskussionen über die Tourismusförderung eben immer so eine Sache. Es geht selten darum, wer wovon profitieren könnte, sondern es wird immer geklagt, dass alles einen Haufen Geld kostet oder irgendwelche negativen Auswirkungen haben könnte. Mit dieser Denke, gibt es kein Vorankommen.