Ludwigsburg: Marius Venturini (mv)

Heavy Metal ist wie eine Religion, die sich den 1970er Jahren verbreitet. Die Anhänger dieser Musikrichtung treffen sich alljährlich im norddeutschen Wacken, im holländischen Eindhoven, im norwegischen Bergen, im englischen Manchester oder im französischen Clisson. Und eben seit 2011 auch auf der Majesty of the Seas, die unter der Flagge der Bahamas über die Meere schippert.

 

Tag drei. Mittlerweile hat Krull auch die erste Show mit Leaves’ Eyes hinter sich. Auf dem Pooldeck sitzt er mit einem Cocktail in der Hand im Whirlpool. Nebenan wummern mächtige Gitarrenriffs aus riesigen Lautsprecherboxen. Vor der Bühne schütteln die Fans ihre mehr oder weniger behaarten Köpfe, im Jargon wird dieser Tanzstil Headbangen genannt. Ab und an spreizen die Headbanger den kleinen Finger und den Zeigefinger zum Gruß. Auch das gehört zu den Heavy-Metal-Ritualen.

Im Schnitt zahlt ein Passagier gut 1000 US-Dollar für die Fahrt. Getränke kosten extra, das Budweiser gibt es für fünf Dollar. Die Kabinen sind weitestgehend ausverkauft, der Umsatz ist üppig. Viele Passagiere haben das vierte oder fünfte Lebensjahrzehnt erreicht, der demografische Wandel erfasst auch die Hardrockszene. An Bord fahren Männer mit Totenkopftätowierungen in schicken Glasaufzügen, beim Captain’s Dinner schützen Frauen ihre schwarzen Lederminiröcke mit Stoffservietten vor Fettflecken. Ist dieser musikalische Traumschiff-Pauschalurlaub womöglich spießig? „Ignoranz und Neid haben hier nichts verloren“, antwortet Krull bloß.

Mit Kettenhemd ins warme Nass

Die Majesty of the Seas legt an der mexikanischen Costa Maya an. Wieder ergießt sich eine Flut dunkel gekleideter Menschen über den Strand. Sieht man von Äußerlichkeiten ab, unterscheiden sich die Metal-Fans kaum von den normalen Kreuzfahrttouristen an der Küste der Halbinsel Yucatán: Man genießt den Landaufenthalt. Auch Alex Krull ist bei dem Erkundungstrip dabei, Frau und Sohn bleiben derweil an Bord. Leon hat bereits einen leichten Sonnenbrand abbekommen, und es ist heute saumäßig heiß.

Krulls Musikerkollege Chris Bay liegt derweil entspannt auf dem Promenadendeck und nippt an einem Bier. „Der gegenseitige Respekt zwischen den Musikern und den Fans ist vielleicht ein bisschen größer als gewöhnlich“, sagt der Sänger und Gitarrist der fränkischen Metal-Band Freedom Call. Es sei schön, mit den 2000 Leuten abzuhängen und dennoch nicht ständig angequatscht zu werden. „So kann jeder Spaß haben.“ Bays Haare sind strohblond, seine Haut ist nach einem halben Tag im Liegestuhl krebsrot. „Der Sonnenbrand ist morgen wieder weg, ich kenn mich.“ Spricht’s und greift zur innerlichen Kühlung wieder zum Amstel Bier.

Zurück zum Schwermetaller aus dem Schwabenland. Alex Krull steht am Abend mit seiner Band Atrocity zum ersten Mal auf der Bühne. In der sogenannten Spectrum Lounge, zwischen Plüschsesseln und einer überdimensionierten „Bingo“-Tafel, grölt er Songs wie „Blut“, „March of the Undying“ und „Necropolis“. Karibikfeeling und musikalische Düsternis schließen sich offenbar nicht aus. Als die Band nach der schweißtreibenden Show die Spectrum Lounge verlässt, lautet das knappe Fazit ihres Frontmanns: „Das war echt geil!“

Es ist die vierte „70 000 Tons of Metal“-Kreuzfahrt und die erste für Krull. Mit dem Veranstalter, dem nach Kanada ausgewanderten Schweizer Andy Piller, verbindet ihn eine Vorgeschichte: Anfang bis Mitte der 90er Jahre veranstaltete Piller Atrocity-Konzerte in seiner alten eidgenössischen Heimat. Später sind sich die beiden Männer nochmals bei einem Gig in Vancouver begegnet.

Gitarrenriffs auf dem Pooldeck

Heavy Metal ist wie eine Religion, die sich den 1970er Jahren verbreitet. Die Anhänger dieser Musikrichtung treffen sich alljährlich im norddeutschen Wacken, im holländischen Eindhoven, im norwegischen Bergen, im englischen Manchester oder im französischen Clisson. Und eben seit 2011 auch auf der Majesty of the Seas, die unter der Flagge der Bahamas über die Meere schippert.

Tag drei. Mittlerweile hat Krull auch die erste Show mit Leaves’ Eyes hinter sich. Auf dem Pooldeck sitzt er mit einem Cocktail in der Hand im Whirlpool. Nebenan wummern mächtige Gitarrenriffs aus riesigen Lautsprecherboxen. Vor der Bühne schütteln die Fans ihre mehr oder weniger behaarten Köpfe, im Jargon wird dieser Tanzstil Headbangen genannt. Ab und an spreizen die Headbanger den kleinen Finger und den Zeigefinger zum Gruß. Auch das gehört zu den Heavy-Metal-Ritualen.

Im Schnitt zahlt ein Passagier gut 1000 US-Dollar für die Fahrt. Getränke kosten extra, das Budweiser gibt es für fünf Dollar. Die Kabinen sind weitestgehend ausverkauft, der Umsatz ist üppig. Viele Passagiere haben das vierte oder fünfte Lebensjahrzehnt erreicht, der demografische Wandel erfasst auch die Hardrockszene. An Bord fahren Männer mit Totenkopftätowierungen in schicken Glasaufzügen, beim Captain’s Dinner schützen Frauen ihre schwarzen Lederminiröcke mit Stoffservietten vor Fettflecken. Ist dieser musikalische Traumschiff-Pauschalurlaub womöglich spießig? „Ignoranz und Neid haben hier nichts verloren“, antwortet Krull bloß.

Mit Kettenhemd ins warme Nass

Die Majesty of the Seas legt an der mexikanischen Costa Maya an. Wieder ergießt sich eine Flut dunkel gekleideter Menschen über den Strand. Sieht man von Äußerlichkeiten ab, unterscheiden sich die Metal-Fans kaum von den normalen Kreuzfahrttouristen an der Küste der Halbinsel Yucatán: Man genießt den Landaufenthalt. Auch Alex Krull ist bei dem Erkundungstrip dabei, Frau und Sohn bleiben derweil an Bord. Leon hat bereits einen leichten Sonnenbrand abbekommen, und es ist heute saumäßig heiß.

Tags darauf ist das Karibikfeeling vorbei. Es schüttet. Ein paar Unentwegte besetzen trotzdem das Schwimmbecken und die Whirlpools an Deck, einer steigt im Kettenhemd ins warme Nass: Ob das Kleidungsstück wohl rostfrei ist? Auch Alex Krull trotzt dem Sauwetter, lässt sich mit einer Württemberg-Flagge und dem Kettenhemdträger mitten im Regen ablichten. Die Bühne auf Deck bleibt geschlossen, der letzte Atrocity-Auftritt wird ins Innere des Schiffs verlegt, ins „Chorus Line-Theatre“. Dark Metal in einem Theatersaal.

Der nächste Morgen. Die Kreuzfahrt geht zu Ende, Miami ist bereits wieder in Sicht. In den Lounges und Bars an Bord sind noch Spuren der diversen Abschiedspartys erkennbar: Zigarettenkippen, Whiskyflaschen und Bierdosen liegen herum. Große Verwüstungen sind ausgeblieben. Während auf Festivals an Land auch schon mal ein Dixi-Klo umgeschubst wird, benehmen sich die Metal-Fans auf hoher See recht gesittet. Der Karaoke-DJ baut seine Gerätschaften ab, Lautsprecherdurchsagen strapazieren die Ohren der zum Teil ordentlich verkaterten Metal-Fans: „Alle Passagiere von Deck drei bis sechs bitte zum Ausgang!“

Als Atrocity und Leaves’ Eyes von Bord gehen, macht sich bei den Musikern ein wehmütiges Gefühl breit. „Ich denke, dass ich einige Zeit brauchen werde, um die Eindrücke der vergangenen fünf Tage zu verarbeiten“, sagt Krull. Zeit zum Runterkommen bleibt dem Heavy-Metal-Mann aus Steinheim nicht: Noch am selben Abend steht er mit Atrocity im nahen Fort Lauderdale erneut auf der Bühne. Dann geht die USA-Konzertreise im Tourbus weiter: Denver, Chicago, New York . . . Zurück in der Alten Welt stehen unter anderem Stuttgart, München und Straßburg auf dem Programm. Und Anfang des nächsten Jahres würde Axel Krull dann auch gerne wieder in der Karibik von Blut und Unsterblichen singen.