Ein halbes Jahr Lockdown hat dem Hochschwarzwald zugesetzt. Der Tourismuschef bringt nun die Idee ins Spiel, auch von Tagestouristen, die zum Wandern oder Langlaufen kommen, eine Kurtaxe aufzuerlegen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Titisee-Neustadt - Viele Strandbäder kosten Eintritt. In Tierparks ist es ebenso. Doch lässt sich auch beim Besuch einer ganzen Region, die viele Quadratkilometer groß ist, ein Eintrittsgeld erheben? Eine solche Idee hat der Chef der Hochschwarzwald Tourismus GmbH, Thorsten Rudolph, jetzt ins Spiel gebracht. Übernachtungsgäste müssten schon seit Jahren Kurtaxe bezahlen. Es stelle sich die Frage, ob nicht auch Tagesgäste einen Beitrag zur Finanzierung der touristischen Infrastruktur im Hochschwarzwald leisten könnten, sagt Rudolph. Zunächst berichtete der SWR über den Vorstoß.

 

Zwar gebe es auch „Tagestouristen, vor allem Amerikaner und Asiaten, die sehr viel Geld da lassen“, räumt Rudolph gegenüber unserer Zeitung ein. Der Beitrag vieler, die zum Beispiel mit dem Regioticket aus Freiburg anreisten, zur Wertschöpfung sei aber „gleich Null“. Die Menschen hätten ihr Vesper im Rucksack und nutzten öffentliche Toiletten. „Warum kann sich nicht auch der Tagesgast mit einer Art Umweltsteuer beteiligen?“, fragte Rudolph. In Venedig gebe es das auch.

Corona macht erfinderisch

Dass die schon früher hin und wieder erwogene Idee in Coronazeiten neu aufkommt, ist kein Zufall, wie Rudolph einräumte. Denn im Winter war es gezwungenermaßen genau so. Dank kräftiger Schneefälle wurde der Feldberg von Rodlern geradezu gestürmt. Doch die Tourismuswirtschaft musste zusehen. Außer ein paar Imbissständen hatte alles geschlossen. Unglaublich viele Leute seien da gewesen und hätten Spaß gehabt, erinnert sich Trixi Laber, die am höchsten Berg des Landes die älteste Skischule betreibt. Doch die Besucher hätten kein Geld dagelassen, sondern allenfalls ihren Müll.

Dass zumindest für die Benutzung der Loipen künftig ein Entgelt erhoben wird, kann sie sich deshalb schon vorstellen. Fürs Spuren werde „ein Mordsaufwand“ betrieben. Doch bei den Wanderwegen sei eine Grenze erreicht. „In der freien Natur kann man nicht auch noch abkassieren“, sagte Laber.

Auch Hotelier Thomas Banhardt ist skeptisch. „Ich weiß nicht, ob das gerade jetzt der richtige Weg ist“, sagt der Chef des Feldberger Hofs, eines großen Familienhotels an der Passhöhe. Viele Familien hätten im vergangenen Jahr Einbußen hinnehmen müssen. Nicht einmal Rudolphs Rat, für diese Saison die Übernachtungspreise zu erhöhen, habe er befolgt. Ein Aufschlag von 20 Prozent sei im Anbetracht starker Buchungen gewiss am Markt durchsetzbar. Allerdings könne sich so etwas in den Jahren danach rächen.

Jetzt ist die Politik am Zug

Man müsse jetzt die weitere Diskussion abwarten, sagte Rudolph. Den Gemeinden im Hochschwarzwald fehle es durch den halbjährigen Lockdown an Einnahmen. Jetzt müssten sich die Gemeinderäte positionieren. 500 Millionen Euro beträgt in normalen Jahren der Umsatz der örtlichen Tourismuswirtschaft.

Übrigens will Rudolph keineswegs Kassenhäuschen an den Zufahrtsstraßen aufstellen. Ihm gehe es um digitale Lösungen, mit denen auch Besucherströme gelenkt werden könnten. Auch dies sei ja eine Lehre aus Corona: Die Menschen mieden große Ansammlungen. Wer sich für seinen Start auf die Loipe einen bestimmten Zeitkorridor buchen könne, in dem er nicht von anderen überrannt werde, sei vielleicht auch bereit, dafür zu zahlen.