Wer sich Kurort nennt, muss auch etwas bieten. Das Land will die Qualität seiner Bäder und Erholungsorte steigern und schaut genauer hin. Auch Aberkennungen der Prädikate sind möglich.

Stuttgart - Wellness und Gesundheitsvorsorge locken die Gäste nach Baden-Württemberg und besonders in die Bäder. Kein Bundesland verfügt über so viele Kur- und Erholungsorte wie Baden-Württemberg. 298 Orte tragen eines der begehrten Prädikate. „Wir sind Bäderland Nummer eins in Deutschland“, verkündet der Tourismusminister Guido Wolf (CDU) stolz, „und das ist ein wichtiger Bestandteil des Erfolgs des baden-württembergischen Tourismus in den vergangenen Jahren.“

 

„Die Gäste legen viel Wert auf die Prädikate der Gemeinden“, weiß man im Ministerium. Dem Trend wolle das Land nachkommen. Damit die Gemeinden den mit den Titeln verbundenen Ansprüchen auch gerecht werden, will die Landesregierung das Kurortegesetz novellieren. An diesem Dienstag steht die Freigabe des Gesetzentwurfs zur Anhörung auf der Tagesordnung des Kabinetts. Zentrales Ziel ist die weitere Qualitätssicherung. „Das Gesetz geht davon aus, dass die Prädikate den Gemeinden einiges wert sind und ihnen daran gelegen ist, sie zu behalten“, sagt ein Sprecher Wolfs.

Prüfungen werden erweitert

Vieles ist bereits Praxis, doch jetzt wird das Prozedere in ein Gesetz gegossen. Alle Prädikate werden im Zehn-Jahre-Rhythmus überprüft, in Zukunft gilt das auch für Erholungsorte. Der Gesetzentwurf sieht auch eine Erweiterung der Prüfungsgegenstände vor. Bisher mussten die Orte je nach Prädikat etwa Gutachten zur Luftqualität oder zum Bioklima vorlegen. In Zukunft sollen die Regierungspräsidien auch andere für die Gäste relevante Aspekte, wie Infrastruktur, Hotellerie- und Gastronomieangebote regelmäßig unter die Lupe nehmen.

Bisher ist es dem Tourismusministerium zufolge noch nie vorgekommen, aber auch die Aberkennung des Prädikats ist möglich und im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Es muss ja nicht gleich der Verlust des Titels sein, aber genauer hinschauen müsse man schon, meint etwa Patrick Rapp, der Tourismusexperte der CDU-Landtagsfraktion. „Wir wollen das Tourismusland Baden-Württemberg voranbringen“, sagte er unserer Zeitung. „Qualitätsverbesserungen sind notwendig, um nachhaltig funktionierenden Tourismus mit hohen Qualitätsansprüchen für die Zukunft halten zu können.“

Auflagen, wenn sich das Umfeld ändert

Man könne schon an Auflagen denken, wenn etwa am Schluchsee der Wasserstand zur Stromproduktion abgesenkt werde und dann im Frühjahr auf zehn bis 20 Meter Breite der verschlammte Uferbereich freigelegt werde, der stinkt und keine Augenweide sei. „Das schreckt Gäste ab“, konstatiert Rapp. Er meint, „es könnte eine Auflage sein, dass große Seespiegelschwankungen nicht stattfinden dürfen, um das Prädikat nicht zu verlieren“. Schluchsee ist beispielsweise ein heilklimatischer Kurort. Auch die Ansiedlung von Biogasanlagen könnte, so Rapp, Anlass sein „zu überprüfen, ob die Versprechen der Kurorte eingehalten werden“. Das Gesetz jedenfalls begrüßt er. „Es hilft allen, die mit Tourismus direkt oder indirekt verbunden sind.“

Die Koalition präsentiert sich bei dieser Gesetzesnovelle einmütig. Auch die Grünen unterstützen die Qualitätssicherung. „Wir sind stolz auf unseren boomenden Tourismus, und unser Kurorte und Heilbäder sind ein starker Teil davon“, lobt der tourismuspolitische Sprecher Reinhold Pix. Um den Erfolg im nationalen und internationalen Wettbewerb dauerhaft zu sichern, seien hohe und vergleichbare Standards nötig. „Um diese Qualität zu garantieren, bedarf es der regelmäßigen Überprüfung“, findet auch Pix.

Tourismusminister Guido Wolf verweist darauf, dass jeder vierte Gast in Baden-Württemberg in einem Kur- oder Erholungsort übernachtet. Mit dem Gesetz sichere das Land „die Qualität, auf die die Gäste hohen Wert legen“.