Das Land will die Nachhaltigkeit im Tourismus und in Hotels und Gaststätten befördern. Deshalb sind jetzt auch Berater des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes unterwegs, die Wirte und Hoteliers in Fragen der Energieeinsparung oder Mitarbeiterzufriedenheit beraten können.

Stuttgart - Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg einen Nachhaltigkeitscheck für touristische Ziele eingeführt. Alle Anbieter, also Hotels, Kurbäder, Museen, aber auch die Verkehrskonzepte, werden dabei unter den Gesichtspunkten Ökonomie, Ökologie und Soziales überprüft. Die Ende 2012 angelaufene Testphase des Zertifzierungsprojektes für die beispielhaften Reiseziele Stuttgart (Städtetourismus), Bad Dürrheim (Kurort), der Schwäbisch-Fränkische Wald (naturnahes Reiseziel) sowie der Europapark Rust (Freizeit) ist noch nicht abgeschlossen. Jetzt legt die grün-rote Landesregierung bereits ein neues Pilotprojekt auf: den „Lotsen für nachhaltigen Tourismus“.

 

Damit sollen nun die einzelnen „Leistungsträger im Tourismus“ unterstützt und individuell über Nachhaltigkeitsaspekte, Energieeinsparung, Förderprogramme, Marketing- und Vertriebsmaßnahmen sowie über Weiterbildungsangebote beraten werden, erläutert der zuständige Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde (Grüne). An der Testphase nehmen zunächst 40 Betriebe jeder Kategorie und Größe teil – von der Pension zum Hotel, von der Gaststätte bis zum Restaurant. Und hier verzahnt sich nun das neue mit dem ersten Projekt: Die Betriebe stammen aus den Reisezielen Stuttgart, Bad Dürrheim und dem Schwäbisch-Fränkischen Wald.

Umweltminister Untersteller finanziert das Projekt zur Hälfte

Das Ziel sei, die „Betriebe bei ihrer nachhaltigen Ausrichtung zu unterstützen“, sagt der Umweltminister Franz Untersteller (Grüne), der federführend für die Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung zuständig ist und das Projekt seines Kollegen Bonde zur Hälfte finanziell mittragen wird. Der Finanzbedarf, heißt es aus Bondes Haus, werde erst nach Abschluss des Pilotprojekts ermittelt.

Die beiden Lotsen stammen aus dem Team der Dehoga Beratung GmbH, einem Dienstleistungsbetrieb des baden-württembergischen Hotel – und Gaststättenverbands. Mit mehr als 800 Klienten pro Jahr sei dies die größte branchenspezifische Beratung in Süddeutschland, sagt der Dehoga-Sprecher Daniel Ohl. Bei dem Projekt gehe es darum, den Gastronomiebetrieben systematisch und zugeschnitten auf ihre jeweiligen Bedürfnisse aufzuzeigen, welche Möglichkeiten sie zu Verbesserungen haben. Ein Nachdenken darüber gehe im betrieblichen Alltag oft unter.

Das Brauhaus Schönbuch in Stuttgart ist eines der ersten Unternehmen, das die rund dreistündige Lotsenberatung bereits absolviert hat. Er habe großes Interesse daran gehabt, sagt der Betriebsleiter Nunzio Chiumenti. „Nachhaltigkeit liegt im Trend“, sagt er. Zumal das Unternehmen das Thema bereits seit Längerem auf der Agenda habe und etliches bereits leiste. So stehe das Thema „Energie sparen“ im Mittelpunkt bei Technik- und anderen Einbauten, bei der Küchenabluft mit Wärmerückgewinnung ebenso wie bei Leuchtmitteln. Im Böblinger Brauhaus wurde ein Blockheizkraftwerk installiert, Strom mit Solarzellen selbst produziert, und das Bier würde zu hundert Prozent mit regionalen Rohstoffen gebraut. Insofern sei er neugierig gewesen, welche Vorschläge die Nachhaltigkeitslotsen hätten, sagt Chiumenti.

Betriebsleiter des Brauhauses Schönbuch freut sich über Ideen

Und er wurde nicht enttäuscht: Das Brauhaus werde der Marketingplattform „Schmeck den Süden“ beitreten, zumal deren Bedingungen, mindestens drei regionale Gerichte auf der Speisekarte zu haben, „locker erfüllt würden.“ Hilfreich sei auch der Hinweis, eine Person im Betrieb systematisch mit dem Thema Nachhaltigkeit zu betrauen – das sei aufgrund der Betriebsgröße mit 110 Mitarbeitern an zwei Standorten auch leistbar, sagt der Betriebsleiter. Neben Ökologie und Ökonomie spielt auch das Soziale eine Rolle. Auch hier arbeite man bereits am Thema Mitarbeiterzufriedenheit und hausinternen Schulungen. Dennoch habe er auch hier durch den Lotsen einen „interessanten Ansatz“ gefunden, wie neue Mitarbeiter in den Betrieb eingeführt werden könnten, sagt Chiumenti. Für die Dehoga jedenfalls sind alle Bemühungen der Gastronomie, sich als „attraktiver Arbeitgeber“ zu präsentieren, angesichts des Kampfes um Fachkräfte von besonderer Bedeutung.