Noch nie haben so viele Touristen in Esslingen übernachtet wie 2010. Und im ersten Halbjahr 2011 stieg die Zahl nochmal um 30 Prozent.

Esslingen - Es hat Zeiten gegeben, die noch gar nicht einmal so lange zurückliegen, da hat Esslingens Oberbürgermeister Jürgen Zieger voller Neid nach Ludwigsburg geblickt. Zwar betonte er in fast jeder Rede, dass er glücklich sei, Chef der schönsten Stadt in der Region zu sein, aber wenn er etwa im Jahr 2004 die Übernachtungszahlen der beiden Städte verglich, dann musste er einräumen, dass Schönheit offensichtlich nicht mit touristischem Erfolg einhergehen muss. Zählte Ludwigsburg damals rund 150.000 Übernachtungen in den 1600 Gästebetten, so waren es in Esslingen gerade einmal magere 85.000.

 

Doch dann kam das neue Kultur- und Kongresszentrum Neckar Forum, mit ihm das Best-Western-Viersternehotel - und damit das von Jürgen Zieger prognostizierte Ende des touristischen Dornröschenschlafs. Die von der örtlichen Hotellerie gefürchtete Konkurrenz erwies sich als kraftvoller Impulsgeber. Seither befindet sich Esslingen bei den Übernachtungszahlen fast ständig im Aufwind. Im vergangenen Jahr hat der Chef der Esslinger Stadtmarketing und Tourismus GmbH (EST), Michael Metzler, 173.000 Übernachtungen in den knapp 1400 Esslinger Gästebetten gezählt.

200.000er Marke

Das ist ein Rekord, der allerdings wohl nur ein Jahr lang Bestand haben wird. Denn im ersten Halbjahr 2011 stiegen die Belegungszahlen noch einmal um 30 Prozent. Ganz unrealistisch ist Michael Metzlers Hoffnung also nicht, dass Esslingen bereits in diesem Jahr die 200.000er-Marke knacken könnte. Zwar liegt die Stadt damit immer noch hinter Ludwigsburg zurück, wo man 2010 rund 222.000 Übernachtungen zählte. Angesichts der Tatsache, dass es dort aber rund 250 Betten mehr gibt als in Esslingen, könne man durchaus feststellen, dass Esslingen zur regionalen Konkurrenz aufgeschlossen habe, sagt Metzler. Das gelte auch für den Vergleich mit Tübingen. Dort bewegt sich die Übernachtungszahl im 200.000er-Bereich.

Aus Jürgen Ziegers Sicht ist das Erreichte aber nur ein Zwischenschritt. "Ich bin mir sicher, dass Esslingen sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat", sagt Zieger, der in Personalunion auch Aufsichtsratsvorsitzender der EST ist. Er verweist auf die hohe Zahl an Geschäftstouristen - mit rund 70 Prozent liegt dieser Anteil noch fast fünf Prozent über dem in der Region - und spricht sich für den Bau eines Dreisternehauses im Bereich des Bahnhofs oder der Neuen Weststadt aus. Dass er damit die Esslinger Hoteliers einmal mehr gegen sich aufbringen könnte, stört den Oberbürgermeister wenig. Perspektivisch sei ein weiteres Hotel unbedingt die richtige Entscheidung. Ganz so deutlich mag es EST-Chef Michael Metzler nicht formulieren: "Strategisch richtige Entscheidungen sollten auf konkreten Zahlen beruhen", sagt er und fügt hinzu: "Wenn man mit den Zahlen argumentiert, dann ist das plausibel."

44-seitige touristische Imagebroschüre

Liegen im Übernachtungstourismus konkrete Zahlen vor, so bewegt sich die EST bei ihren Schätzungen für den Tagestourismus in Esslingen noch auf vagem Terrain. "Wir sagen immer, es sind mehr als eine Millionen Besucher", sagt Metzler und verweist darauf, dass allein der Mittelalter- und Weihnachtsmarkt diese geschätzte Zahl an Menschen in die Stadt bringt. Hinzu kommen in jedem Fall die 43.000 Gäste, die an einer der jährlich 2200 Stadtführungen teilnehmen.

Genaue Aufschlüsse erwartet sich Metzler aber von einer Studie, die die EST zusammen mit dem Geografischen Institut der Universität Tübingen erstellen lässt. Diese soll nicht nur die genaue Zahl der Tagestouristen ermitteln, sondern auch klären, ob die Tagesgäste, wie allgemein angenommen, im Schnitt 40 Euro pro Tag in Esslingen ausgeben.

Auch Metzler will sich nicht mit dem Erreichten zufriedengeben. Derzeit arbeitet die EST mit Hochdruck an einer 44-seitigen touristischen Imagebroschüre, die Ende September erscheinen soll und auf Messen wie auch von Unternehmen in der Stadt verteilt werden soll. 2012 soll das Heft auf Englisch erscheinen.