Sie haben grandiose Spuren hinterlassen, aber so richtig ins Rampenlicht schaffen es die Kelten in der Region selten. Das Land will das jetzt ändern – unter anderem mit viel Geld. Wie werden die Keltenstätten im Kreis davon profitieren?

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Kreis Ludwigsburg - In Irland, Schottland oder der Bretagne sind die Kelten Kult. Touristen pilgern zu ihren Stätten, Festivals ziehen Massen an. Und hierzulande? „Wenn in der Bevölkerung dafür ein stärkeres Bewusstsein wachsen würde, dass es auch vor den Römern hier schon eine Kultur gab, die nicht ohne war: Das wäre klasse“, sagt Christian Eiberger. Beim Gedanken an die Kelten gerät der Asperger Bürgermeister geradezu ins Schwärmen – der Hohenasperg war einst ein bedeutender keltischer Fürstensitz. „Wenn man überlegt, wie hochwertig die Besiedlung in unserer Region damals schon war, wie gut die Kelten vernetzt waren, dass sie Schätze von Griechenland nach Asperg gekarrt haben: Das ist absolut faszinierend“, findet er.

 

Die Initiative

Das Land will die Kelten, die zwischen dem achten Jahrhundert vor Christus und der Ankunft der Römer weite Teile Mittel- und Westeuropas besiedelten und auch in Baden-Württemberg Spuren hinterließen, mit einer Keltenkonzeption aus dem Schattendasein holen und publikumswirksam inszenieren. Fünf Millionen Euro sollen in Investitionen an Keltenstätten fließen, 700 000 Euro pro Jahr in den laufenden Betrieb von Kelten-Ausstellungen und -Projekten. Das Hauptziel: „Die signifikante Steigerung der Wahrnehmung der Kelten und ihrer historischen Bedeutung in Baden-Württemberg in der breiten Bevölkerung“. Das Land habe „mit der archäologischen Hinterlassenschaft der Kelten einen Schatz zu bieten wie nur wenige andere Gebiete in Deutschland“, heißt es in der Konzeption.

Die Kelten im Kreis

Keltische Spuren gibt es im Kreis Ludwigsburg reichlich: Grabstätten, Siedlungsreste, Viereckschanzen, Schmuck, Geschirr. Aufsehenerregendster Fund ist das späthallstattzeitliche Fürstengrab von Eberdingen-Hochdorf, das vor 40 Jahren unversehrt entdeckt wurde: Der Tote ruhte auf einer Bronze-Liege, zu den Grabbeigaben zählte ein vierrädriger eisenbeschlagener Wagen mit geschmücktem Zaumzeug sowie ein bronzener, mit Löwenfiguren verzierter Kessel für 400 Liter Honigmet.

Die Crux

Vom reichen Kelten-Erbe profitieren die meisten Kommunen touristisch kaum. „Einen Limes, an dem man entlanglaufen kann, haben wir bei den Kelten eben nicht“, beschreibt Simone Stork, die Leiterin des Hochdorfer Keltenmuseums, das Dilemma. Und die Funde sind meist nicht vor Ort: Das Hochdorfer Museum arbeitet in seiner sehenswerten Rekonstruktion des frühkeltischen Fürsten-Prunkgrabes aus der Zeit um 540 vor Christus mit Repliken: Die Originale sind im Landesmuseum Stuttgart oder im Archäologischen Landesmuseum Konstanz. Ebenso wie die 1962 in Ditzingen-Hirschlanden entdeckte, nördlich der Alpen einzigartige Sandsteinstele des „Kriegers von Hirschlanden“ oder die Funde aus dem Fürstengrab Kleinaspergle.

Der Keltenweg

Gemeinsam touristisch vermarktet werden die Kelten im Kreis bisher nicht, und oft sind es Ehrenamtliche, die sich für die Kelten ins Zeug legen. 2003 eröffnete allerdings die Arbeitsgemeinschaft Grünes Strohgäu den Keltenweg, einen Wander- und Radweg, der neun Denkmale verbindet. Er führt von Asperg über Möglingen, Schwieberdingen, Markgröningen, Hochdorf, Hemmingen, Schöckingen und Hirschlanden nach Ditzingen. Teils sind nur noch Erhebungen übrig – oder nichts mehr außer einer Info-Tafel, wie in Schöckingen: Die Stelle, an der einst eine junge Keltin mit wertvollem Schmuck bestattet wurde, ist heute überbaut.

Das Erbe

Dass die Gemeinde Eberdingen ihr professionell aufgezogenes, von einer Fachfrau geleitetes Keltenmuseum in kommunaler Trägerschaft betreibt, zeigt, welche Rolle das Fürstengrab für das Selbstverständnis des Ortes spielt. Auch andere Keltenweg-Kommunen schätzen das Erbe: „Der Hirschlander Krieger ist inzwischen eine Symbolfigur für die Gesamtstadt“, berichtet Martina Bährle von der Stadt Ditzingen.

Er schmückt Fahnen und Broschüren, wird ins 1250-Jahr-Jubiläum eingebunden, und just dieses Wochenende führte der Liederkranz Hirschlanden „Die wahre Geschichte des Hirschlander Kriegers“ auf. Eine Nachbildung des Kriegers steht nahe des Fundorts, bezahlt von einem spendablen Bürger. Auch in Schwieberdingen versucht man punktuell, die Erinnerung wach zu halten: Im Mai zeigt das Ortsmuseum eine Ausstellung mit Repliken originaler Funde.

Die Hoffnungen

Was wird die Keltenkonzeption den Kelten-Gemeinden im Kreis bringen? Konkrete Unterstützungszusagen gibt es noch keine. In Eberdingen hofft man aber auf eine strukturelle finanzielle Unterstützung für das Hochdorfer Museum, in dem von Kostendeckung nicht die Rede sein kann – „dann müsste ich 12,50 Euro Eintritt pro Person verlangen“, sagt Museumsleiterin Stork. Stattdessen zahlen Erwachsene fünf und Kinder zwei Euro – und die Kommune zahlt sechsstellige Beträge drauf. „Wir erfüllen mit dem Museum aber eigentlich eine Landesaufgabe“, sagt der Bürgermeister Peter Schäfer.

In Hemmingen wünscht sich der Rathauschef Thomas Schäfer, „dass neben der Sichtbarmachung von bereits Erforschtem auch der Ansatz gewählt würde, die Grabungen an den beiden Grabhügeln Im Bürkle vornehmen zu lassen“. Dort könnte eine ähnlich spektakuläre Grabkammer geborgen werden wie in Hochdorf – davon ist Tiberius Bader überzeugt. Der in Hemmingen lebende Archäologe und frühere Leiter des Keltenmuseums will das Interesse auf die noch nicht erforschten Hügel lenken.

Die Werbetrommel

„Wenn wir als Keltenstätten gemeinsam und bundeslandübergreifend wahrnehmbar würden, wäre das schon einmal hilfreich“, sagt Simone Stork. Von einer gemeinsamen Tourismus-Initiative über bessere ÖPNV-Anbindungen an Wochenenden, Spezial-Angebote für Bus- und für Individualtourismus, die mehrere Kelten-Stätten verknüpfen, bis hin zum Schulterschluss für Auftritte bei Messen wie der CMT: Ihr fällt einiges ein, was sich mit den Landesmitteln anstellen ließe.