Weil sich der Landkreis Esslingen aufgrund seiner vielfältigen Reize gegen eine einheitliche Tourismus-Vermarktung sperrt, machen die Werber aus der Not eine Tugend. Sie setzen erfolgreich auf das Motto „Vorsprung durch Vielfalt“.

Esslingen - Blühende Obstgärten im Albvorland und im Neckartal, farbsatte Hangwälder, schattige Wanderwege im Schönbuch und auf dem Schurwald, attraktive Skiloipen auf der Schwäbischen Alb, mittelalterliche Stadtzentren und letztlich die Landesmesse auf den Fildern – der Landkreis Esslingen hat viele Gesichter. Der Spagat zwischen Natur, Kultur und florierender Wirtschaft ist den Tourismuswerbern im vergangenen Jahr besser denn je gelungen. Das vergangene Jahr reiht sich, gemessen an der Zahl der Übernachtungen, nahtlos ein in die Reihe der vergangenen sechs Jahre. Seit 2009 kennt die Entwicklung nur eine Richtung – nach oben.

 

Mehr Zuwachs als das Land

Das belegt der Jahresbericht der Tourismusförderung im Landkreis Esslingen, den der Kreistagsausschuss für Technik und Umwelt in seiner jüngsten Sitzung wohlwollend zur Kenntnis genommen hat. Die von Tanja Gems, der Tourismusförderin des Landkreises, vorgestellten Zahlen machen deutlich, dass die Schwäbische Alb und die Region Stuttgart, die beiden Reisegebiete, die sich auf Landkreismarkung überlappen, bei den Übernachtungsgästen im vergangenen Jahr einen noch größeren Zuwachs erzielt haben, als das ohnehin schon stark nachgefragte Baden-Württemberg.

Von Januar bis Dezember 2014 ist die Zahl der Übernachtungen im Landkreis Esslingen im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent auf 1,45 Millionen gestiegen. Dabei haben die heimischen Beherbergungsbetriebe knapp drei Prozent mehr Zuwachs verzeichnet als die landesweite Konkurrenz. Der seit dem Jahr 2009 anhaltende Höhenflug hat sich auch im laufenden Jahr fortgesetzt. Zwischen Januar und Juni 2015 ist die Zahl der Übernachtungen im Landkreis Esslingen Vergleich zu den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres noch einmal um knapp sieben Prozent angestiegen.

Drei Schwerpunkte gesetzt

Die Vielfalt der landschaftlichen, historischen und kulturellen Schätze im Landkreis ist für die Tourismusmanagerin Fluch und Segen zugleich. „Eine Vermarktung als einheitliche touristische Destination macht für den Landkreis Esslingen aufgrund seiner Heterogenität keinen Sinn“, hält Tanja Gems in ihrem Jahresbericht fest. Die Tourismusförderung habe deshalb drei Schwerpunkte gesetzt.

So wirbt die Wanderkonzeption Mittlere Alb, Albtrauf und Biosphärengebiet Schwäbische Alb dafür, die Aktivitäten der Kommunen zu bündeln, Wegeverläufe neu zu planen, zu zertifizieren und mit einer einheitlichen Beschilderung zu versehen. Bei einer Machbarkeitsstudie werden derzeit zwischen 15 und 20 attraktive Wander- und Spazierwege herausgefiltert und geprüft. Ein als vermarktungstauglicher Weg soll dann „thematisch und erlebnistechnisch“ aufgewertet werden, etwa durch die Einbindung von Regionalvermarktungsbetrieben. „Die ersten zertifizierten Wege werden im Oktober 2017 eröffnet“, sagt Tanja Gems.

Das Schwäbische Streuobstparadies wird unter dem Dach eines gleichnamigen Vereins weiterentwickelt. Hier steht unter anderem die Erarbeitung von Streuobstrouten für Wanderer, Bustouristen und Radfahrer auf dem Programm. Letztere erfreuen sich ohnehin besonderer Zuwendung. Die Radkonzeption des Landkreises zielt darauf ab, ein flächendeckendes Radwegenetz nicht nur für Freizeit-, sondern auch für Alltagsradler zu entwickeln.

Derzeit wertet ein Planungsbüro im Auftrag des Landkreises die Beiträge aus, die auf einer Online-Beteiligungsplattform eingegangen sind. Die Ergebnisse, die Anfang des kommenden Jahres vorgestellt werden, sollen in ein Zielnetz Radverkehr 2025 eingepflegt werden.